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Jenaer Humangenetiker entschlüsselten zusammen mit Biochemikern der Universität Frankfurt die Rolle des Proteins FAM134B: Es steuert den ständigen bedarfsgerechten Umbau- und Erneuerungsprozess, dem das endoplasmatische Retikulum als wichtiges Zellorgan unterliegt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler jetzt im Fachjournal Nature.
Forschung als Fortsetzungsroman: Vor sechs Jahren zeigten Humangenetiker des Universitätsklinikums Jena, dass die Mutation eines bis dahin nicht charakterisierten Gens zur Degeneration langer Ausläufer von Nervenzellen führt, die wichtig für das Temperatur- und Schmerzempfinden sind. Patienten mit einem Funktionsverlust des Gens FAM134B leiden aufgrund der fehlenden Schmerzwahrnehmung an schweren Verletzungen und Verbrennungen.
Die genaue Funktion des vom Gen verschlüsselten Proteins FAM134B in der Nervenzelle war bislang jedoch unklar. „Dieser Fragestellung sind wir nachgegangen und haben zunächst nach Zellproteinen gesucht, die mit FAM134B interagieren“, beschreibt Privatdozent Ingo Kurth vom Institut für Humangenetik am Uniklinikum Jena den Ansatz der aktuellen Studie. „Hierbei sind wir schließlich auf Proteine der Autophagie-Maschinerie gestoßen.“ Bei der Autophagie baut die Zelle eigene Strukturen ab, um die so freiwerdenden Bestandteile für aktuell wichtigere Prozesse einsetzen zu können - quasi eine Art Recycling.
Mit dem Biochemiker Professor Ivan Dikic von der Universität Frankfurt gewannen die Jenaer Wissenschaftler einen wichtigen Partner, dessen Arbeitsgruppe auf die Autophagie spezialisiert ist. Als Partner von Autophagieproteinen war FAM134B nämlich zeitgleich in das Visier der Frankfurter Biochemiker geraten. Gemeinsam mit weiteren Kollegen des Instituts für Biochemie und des elektronenmikroskopischen Zentrums in Jena sowie Arbeitsgruppen aus Aachen und Utrecht konnten die Forscher FAM134B u.a. in der Membran des endoplasmatischen Retikulums lokalisieren und die Funktion des Proteins dort aufklären.
Das endoplasmatische Retikulum reguliert als ein zentrales Zellorgan den Kalziumhaushalt, die Fettsynthese und die Qualitätskontrolle und Faltung neu synthetisierter Proteine. Um diese vielfältigen Zellaufgaben je nach Bedarf erfüllen zu können, ist es einem ständigen Umbau- und Erneuerungsprozess unterworfen. „Und genau diesen steuert FAM134B durch die Kommunikation mit den Autophagieproteinen“, nennt Theresa Heinrich das zentrale Ergebnis. Die Doktorandin forscht im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Graduiertenkolleg RTG1715 an den molekularen Mechanismen der Anpassung an Stressreize und hat wesentlich zur Studie beigetragen.
Ihr Betreuer Professor Christian Hübner: „Das endoplasmatische Retikulum scheint auf diese Weise das Langzeitüberleben der Zelle zu sichern: Schaltet man das FAM134B-Gen im Mausorganismus gezielt ab, kommt es in sensorischen Nervenzellen der Mäuse auf lange Sicht zu einem gestörten Umbau des Zellorgans und des benachbarten Golgi-Apparates. In der Folge sterben diese Nervenzellen ab.“ Umgekehrt führt die Überproduktion von FAM134B zu einem gesteigerten Umbau des endoplasmatischen Retikulums. „Es kommt dann zu einer veränderten Architektur des endoplasmatischen Retikulums mit einer Akkumulation von Fragmenten dieses Zellorgans in den Autophagosomen, einer Art zelleigenem Mülleimer“, so der Direktor des Jenaer Instituts für Humangenetik.
Mit ihren Daten konnten die Wissenschaftler belegen, dass das Protein FAM134B als neuartiger Rezeptor fungiert, der in Verbindung mit der Autophagie-Maschinerie bei der Anpassung der Zelle an sich ändernde Bedingungen mitwirkt. „Es muss sich zukünftig zeigen, ob FAM134B weitere Mitspieler hat und ob das Protein auch bei physiologischen Alterungsprozessen der Zelle eine aktive Rolle spielt“, gibt Ingo Kurth einen Ausblick auf weitere Fragestellungen. Soll heißen: Fortsetzung folgt.
Originalliteratur:
Khaminets A, Heinrich T, et. al. Regulation of endoplasmic reticulum turnover by selective autophagy, Nature, DOI: 10.1038/nature14498 http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature14498.html
Kontakt:
Prof. Dr. Christian Hübner, Christian.Hübner[at]med.uni-jena.de
PD Dr. Ingo Kurth, Ingo.Kurth[at]med.uni-jena.de
Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/935501
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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