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29.06.2015 14:04

Schlank aber satt: Molekularer Schalter für gesunden Stoffwechsel entdeckt

Dr. Kerstin Wagner Kommunikation
Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)

    Der Eiweißkomplex mTORC1 reguliert den Stoffwechsel in Zellen. Ist er aktiviert, wird der Stoffwechsel stimuliert und die Neubildung und Speicherung von Eiweißen und Fett angekurbelt. Forscher vom Leibniz-Institut für Altersforschung (FLI) in Jena und ERIBA in Groningen, Niederlande, entdeckten einen Mechanismus, wie mTORC1 den Stoffwechsel steuert: Er regelt den Genschalter C/EBPβ, der in einer kurzen und langen Variante auftreten kann. Wird die Bildung der kurzen Variante unterdrückt, ist ein gesünderer Stoffwechsel mit reduziertem Körpergewicht und verbesserter Insulinsensitivität die Folge; ein möglicher Ansatzpunkt für Therapien gegen Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes

    Der Eiweißkomplex mTORC1 (engl.: mammalian target of rapamycin 1) ist eine zentrale Schaltstelle für die Regulation des Stoffwechsels in der Zelle. Seine Aktivität wird durch das Angebot an Nährstoffen sowie durch Wachstumssignale kontrolliert. Wenn der Eiweißkomplex aktiviert ist, wird der körperaufbauende (anabole) Stoffwechsel, d.h. die Neubildung von Zellmaterialien wie Eiweiß und Fett, stimuliert. Die Aktivierung und Weiterleitung des mTORC1-Signals sind damit für die Körperfunktion wichtige und daher streng kontrollierte Prozesse.

    Die Hyperaktivierung von mTORC1, beispielsweise ausgelöst durch eine übermäßige Nahrungsaufnahme, spielt deshalb eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Fettleibigkeit und den damit verbundenen Krankheiten wie Typ-2-Diabetes. Die mTORC1-Hemmung wird dagegen als wichtiger Faktor für die gesundheitsfördernden Effekte einer kalorischen Restriktion angesehen, was bei vielen Tierarten (sogar bei Säugetieren) die Lebensspanne verlängert. Aufgrund dieser zentralen Funktion für den Stoffwechsel steht der mTORC1-Signalweg seit einigen Jahren im Fokus der Wissenschaft. Forscher des Jenaer Leibniz-Instituts für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) und des European Research Institute for the Biology of Ageing (ERIBA) in Groningen, Niederlande, haben herausgefunden, wie mTORC1 den Stoffwechsel steuert und ihre Ergebnisse jetzt in der renommierten Fachzeitschrift EMBO Reports publiziert.

    Veränderter Genschalter

    „Während die Abläufe der mTORC1-Aktivierung durch Nährstoffe bereits relativ gut verstanden sind, ist bisher nur wenig bekannt, wie mTORC1 den Stoffwechsel steuert“, berichtet Prof. Cornelis Calkhoven, ehemaliger Forschungsgruppenleiter am FLI, der vor zwei Jahren ans ERIBA wechselte. Eine wichtige Funktion von mTORC1 ist die Stimulierung der mRNA-Translation, einem zentralen Schritt bei der Genexpression, der zur Eiweiß-Synthese führt. „Wir haben nun einen Faktor identifiziert, der auf dieser Regulationsebene durch mTORC1 kontrolliert wird“, berichtet Calkhoven weiter. Dieser Faktor, C/EBPβ genannt, fungiert selbst als Genregulator, d.h. er steuert die Expression zahlreicher Gene, die für die Funktion des Stoffwechsels wichtig sind. Dabei kommt C/EBPβ in der Zelle in zwei Varianten vor: Die lange Variante wirkt als Genaktivator, die kurze Variante hemmt dagegen die Genexpression.

    „Unsere Forschungsergebnisse belegen, dass mTORC1 gezielt die Entstehung der kurzen C/EBPβ-Variante fördert“, berichtet Dr. Christine Müller, die ebenfalls am FLI tätig war und mit der Calkhoven-Gruppe ans ERIBA wechselte. Die Forscher konnten im Mausmodell nachweisen, dass durch eine Mutation im C/EBPβ-Gen die Entstehung der kurzen C/EBPβ-Variante verhindert werden kann, selbst wenn mTORC1 aktiviert ist. „Interessanterweise haben diese Mäuse im Vergleich zur Kontrollgruppe einen viel gesünderen Stoffwechsel. Ihr Körpergewicht sowie die Menge an gespeichertem Fett im Fettgewebe sind bei ihnen reduziert“, unterstreicht Dr. Laura Zidek, Postdoc am FLI, die Ergebnisse. Auch die als gesundheitsschädlich angesehene Fetteinlagerung in anderen Organen, wie z.B. Leber, Herz und Muskel, ist bei diesen Mäusen stark vermindert. Darüber hinaus haben sie eine deutlich erhöhte Insulinsensitivität, was auf einen sehr gesunden Zuckerstoffwechsel hindeutet.

    Gesunder Stoffwechsel

    „Diese beobachteten Veränderungen im Stoffwechsel weisen große Ähnlichkeit mit denen auf, die für Mäuse nach kalorischer Restriktion typisch sind“, erklärt Calkhoven. „In den Mäusen mit verändertem C/EBPβ-Gen wird dieser positive Effekt auf den Stoffwechsel jedoch ohne Einschränkung der Nährstoffaufnahme erzielt“, betonen die Wissenschaftler. „Sie sind schlank, aber satt."

    „Unsere Studie belegt, dass der Mechanismus, der zur Entstehung der unterschiedlichen C/EBPβ-Varianten führt, ein wichtiger Schalter für die Weiterleitung des mTORC1-Signals ist. Dies bietet eine Grundlage für die Entwicklung neuer Therapieansätze gegen Fettleibigkeit und damit in Zusammenhang stehender Krankheiten“. Eine pharmakologische Unterdrückung der Ausbildung der kurzen C/EBPβ-Variante könnte einen gesünderen Stoffwechsel herbeiführen und somit der Entstehung von Stoffwechselerkrankungen, wie z.B. Typ-2-Diabetes, entgegenwirken.

    Publikation.
    Zidek LM, Ackermann T, Hartleben G, Eichwald S, Kortman G, Kiehntopf M, Leutz A, Sonenberg N, Wang ZQ, von Maltzahn J, Müller C, Calkhoven CF. Deficiency in mTORC1-controlled 1 C/EBPβ -mRNA translation improves metabolic health in mice. EMBO Rep. 2015. pii: e201439837. DOI 10.15252/embr.201439837.

    Kontakt
    Dr. Kerstin Wagner
    Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
    Beutenbergstr. 11, 07745 Jena
    Tel.: 03641-656378, Fax: 03641-656351, E-Mail: presse@fli-leibniz.de

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    Hintergrundinfo

    Das Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena widmet sich seit 2004 der biomedizinischen Alternsforschung. Über 330 Mitarbeiter aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter http://www.fli-leibniz.de.

    Das niederländische European Research Institute for the Biology of Ageing (ERIBA) ist 2013 vom University Medical Center Groningen (UMCG) in Zusammenarbeit mit der Universität von Groningen gegründet worden. Das international orientierte ERIBA widmet sich der Grundlagenforschung im Bereich der molekularbiologischen Mechanismen des Alternsprozesses und alternsbedingter Krankheiten. Näheres unter http://www.umcg.nl/EN/Research/ERIBA.

    Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen ‑ u.a. in Form der WissenschaftsCampi ‑, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.


    Weitere Informationen:

    http://www.fli-leibniz.de - Homepage Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) Jena


    Bilder

    mTORC1 steuert die Expression verschiedener Varianten des Genschalters C/EBPβ. Die Unterdrückung der kurzen Variante führt zu einem gesünderen Stoffwechsel mit reduziertem Körpergewicht.
    mTORC1 steuert die Expression verschiedener Varianten des Genschalters C/EBPβ. Die Unterdrückung der ...
    [Quelle: Lazare / www.pixabay.com]
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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