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Wissenschaft
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Köln haben Veränderungen in zwei Untergruppen von Tumoren der Lunge entdeckt. Im Rahmen der weltweit ersten Studie ihrer Art wurde das komplette Erbgut von 110 kleinzelligen Lungentumoren entschlüsselt und neue Kandidaten als therapeutische Ziele identifiziert. Die Ergebnisse werden heute (13.07.2015) in dem renommierten britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ publiziert. Die Deutsche Krebshilfe förderte die Forschung seit 2012 mit über zwei Millionen Euro.
Neuroendokrine Tumore (NET) kommen zusätzlich zum Magen-Darm-Bereich vor allem in der Lunge vor. Forscherteams der Kölner Universität und Uniklinik Köln untersuchten gemeinsam mit Krebszentren aus der ganzen Welt zwei Untergruppen der Lunge: den „kleinzelligen Lungenkrebs“ (small cell lung cancer), die aggressivste Variante von Lungenkrebs, der circa 15 Prozent aller Lungenkrebsdiagnosen ausmacht und ausschließlich bei langjährigen, starken Rauchern beobachtet wird. Hier wachsen die bösartig veränderten Zellen sehr schnell und reagieren zwar zunächst sehr gut auf eine Chemotherapie. Trotzdem ist diese Erkrankung in den allermeisten Fällen unheilbar und führt schnell zum Tod. Die zweite untersuchte NET-Untergruppe ist das sogenannte Karzinoid der Lunge, das nur bei rund zwei Prozent der Betroffenen vorkommt, eher langsam wächst und auch fast nie Metastasen ausbildet.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Roman Thomas, Abteilung Translationale Genomik, wurden erstmalig die DNA-Sequenzen des kompletten Erbgutes von 110 kleinzelligen Lungentumoren untersucht. Durch die vollständige genomische Analyse gelang es den Wissenschaftlern, biologische Schlüsselprozesse aufzuklären und gemeinsame Muster in den Veränderungen des Erbgutes aufzuzeigen. So konnten in allen Fällen eine Inaktivierung der Gene RB1 und TP53 nachgewiesen werden, die für die Kontrolle des Zellwachstums verantwortlich sind. Darüber hinaus wurden zahlreiche neue Gene entdeckt, deren biologische Funktionen noch weitgehend unklar sind.
Im Vergleich dazu zeigte die genomische Analyse der Lungenkarzinoide zahlreiche Unterschiede, sowohl in ihrem feingeweblichen Aufbau als auch in ihrem biologischen Verhalten. Mutationen in den Kontrollgenen RB1 und TP53 traten bei den Karzinoiden nur sehr selten auf. „Jedoch haben wir häufig Mutationen in einer anderen Gruppe von Genen gefunden, die eine Rolle bei der Zugänglichkeit der DNA für nachgeschaltete molekulare Prozesse spielen“, erläutert Prof. Dr. Reinhard Büttner, Leiter der Pathologie an der Uniklinik Köln und Co-Autor bei beiden Studien.
Die unterschiedlichen Studienergebnisse machen deutlich, dass Lungenkarzinoide keine frühen Vorläufer anderer neuroendokriner Tumore wie dem kleinzelligen Lungenkrebs sind, sondern durch unabhängige zelluläre Mechanismen entstehen. „Daher ist unser weiteres wissenschaftliches Interesse ganz klar auf die Entstehung und Evolution der verschiedenen Untergruppen des Lungenkrebses ausgerichtet“, erläutert Dr. Martin Peifer, Leiter der Arbeitsgruppe Computational Biology in der Abteilung Translationale Genomik und ebenfalls Co-Autor der beiden Studien.
„Unsere nächsten Schritte zum Verständnis der biologischen Rolle der genetischen Muster sind weitere Untersuchungen, um die Funktion auch der bisher weniger bekannten Gene in der Krebsentwicklung zu verstehen. Hierbei haben wir immer das Ziel, schnell eine individuelle Behandlung für die Patienten zu ermöglichen – auch im Sinne einer maßgeschneiderten Tumortherapie“, sagt Prof. Thomas. Erwartungen hinsichtlich baldiger Durchbrüche dämpfte er jedoch: „Wir stehen erst am Anfang und müssen noch viel grundlegende Arbeit leisten, bis wir die Funktion dieser Gene in dem Tumor wirklich verstehen.“
Die Studien zum kleinzelligen Lungenkrebs und zu den Karzinoiden der Lunge konnten nur durch die finanzielle Unterstützung der Deutschen Krebshilfe durchgeführt werden. Neben den Arbeitsgruppen von Prof. Thomas haben auch die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Peter Nürnberg an der Universität zu Köln und Dr. Peifer sowie Prof. Büttner an der Uniklinik Köln sowie die Arbeitsgruppe Prof. Martin Vingron am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin an der Entschlüsselung der genetischen Grundlagen der Tumorarten gearbeitet. Die hohe Zahl an Gewebeproben kam nur dank der guten Kooperation mit mehr als 20 Zentren weltweit zustande.
Originalveröffentlichungen:
Comprehensive genomic profiles of small cell lung cancer, George et al., Nature, 2015.
Frequent mutations in chromatin-remodelling genes in pulmonary carcinoids, Fernandez-Cuesta et al., Nature Communications, 2014.
Für Rückfragen:
Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: presse@uk-koeln.de
Dr. Graziella Bosco
Abteilung Translationale Genomik
Universität zu Köln
Telefon: 0221 478-96861
E-Mail: gbosco@uni-koeln.de
Gwydion Brennan
Pressereferent
Deutsche Krebshilfe
Telefon: 0228 72990-274
E-Mail: brennan@krebshilfe.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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