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München – Fast ein Viertel aller Säuglinge und etwa ein Drittel der Kleinkinder werden hierzulande von Erwachsenenchirurgen operiert. Doch Kinder dieser Altersgruppen sollten nur von Kinderchirurgen, Kindermedizinern und speziell für diese Altersgruppe geschultem Fachpersonal behandelt werden, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Denn durch die Zusammenarbeit von Kinderanästhesisten, Kinderintensivmedizinern und Kinderkrankenpflegekräften ließen sich die besten Behandlungsergebnisse und höchstmögliche Patientensicherheit erzielen.
Welche Eingriffe in welchem Alter besonders kritisch sind und wie kindgerechte fachübergreifende Konzepte aussehen, ist Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH im Rahmen ihrer 53. Herbsttagung am 4. September in München.
Im Jahr 2013 fanden hierzulande knapp 50 000 vollstationäre Operationen an Kinder bis zu ihrem fünften Lebensjahr statt. Etwa 20 000 der kleinen Patienten wurden dabei nicht von Kinderchirurgen, sondern von Erwachsenenmedizinern behandelt. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Herz- und neurochirurgische Eingriffe, sowie Operationen durch Augen- und Hals-Nasen-Ohrenärzte sind dabei nicht erfasst, da sie nicht generell ins Spektrum der Kinderchirurgie fallen.
Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH, kritisiert die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern in der Erwachsenenchirurgie: „Die meisten Krankheitsbilder unterscheiden sich deutlich von denen Erwachsener“, sagt er. So stünden im ersten Lebensjahr die Behandlung von angeborenen Erkrankungen – wie etwa Fehlbildungen, Magenpförtnerkrampf, Störung der Blasen- und Darmentleerung – im Vordergrund. Diese zögen in den Folgejahren eine intensive Betreuung und oft weitere Operationen nach sich. „Es liegt deshalb auf der Hand, dass für die fachgerechte Behandlung eine Spezialisierung auf Kinder erforderlich ist“, betont Tillig, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes in Berlin ist. Dies gelte ganz besonders für angeborene Fehlbildungen. „Sie sind zum einen zu selten, als dass jeder Chirurg ausreichend Übung darin erlangen könnte. Zum anderen sind diese Eingriffe aufgrund der filigranen und teilweise noch unreifen Gewebestrukturen eine operative Herausforderung – und setzen viel Spezialwissen, Erfahrung und Fingerfertigkeit voraus.“
Unverzichtbar für eine optimale chirurgische Versorgung sei auch die Kooperation mit erfahrenen, gesondert ausgebildeten Teams, etwa Kinderanästhesisten, Kinderintensivmedizinern, Kinderradiologen, Kinderkardiologen. Hier komme es nicht nur auf den Einsatz miniaturisierter Instrumente an. Es gehe auch um schonende kindgerechte Narkosetechniken sowie eine altersentsprechende Risikobeurteilung und intensive Überwachung und Betreuung nach der Operation. „Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen andere und oftmals erhöhte Risiken“, führt Professor Dr. med. Stuart Hosie, Kongresspräsident der DGKCH 2016 aus München aus. „So besteht bei Kleinkindern etwa bis zu sechs Wochen nach einem Atemwegsinfekt ein erhöhtes Risiko, bei einer Operation einen Herzstillstand zu erleiden.“ Angesichts der sechs bis acht Infekte der Luftwege, an denen kleine Kinder jährlich erkranken, sei das durchaus ein Thema.
„Insgesamt ist die Kinderchirurgie in den vergangenen Jahren immer sicherer und besser geworden“, sagt Hosie. Sie müsse bei Kindern jedoch auch flächendeckend zum Einsatz kommen, fordert Tillig. „Aus Kostengründen ist das leider nicht gegeben – hier ist die Politik gefordert“, mahnt er.
Welche neuen Konzepte zur Verfügung stehen und wie alle Kinder bestmöglich versorgt werden können, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH im Rahmen ihrer 53. Herbsttagung am 4. September in München.
Quellen:
[1] Van der Griend BF. Postoperative mortality in children after 101885 anesthetics at a tertiary pediatric hospital. Anesthesia-Analgesia. June 2011 • Volume 112 • Number 6
[2] Becke K. Das Kind mit einem Atemwegsinfekt – Wann und wie führe ich die Narkose? Anästhesiol Intensivmed Schmerzther 2014; 49:162-167
Ärzte und weitere Berufsgruppen aus verschiedenen Bereichen der Kindermedizin tagen vom 2. bis 5. September im CCD-Congress Center in München. Die DGKCH veranstaltet ihren Kongress im Rahmen der 111. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) sowie des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege Deutschland (BeKD). Das gesamte Kongressprogramm finden Sie unter http://www.dgkj2015.de.
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Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) im Rahmen der 53. Herbsttagung der DGKCH
Termin: Freitag, 4. September 2015, 12.30 bis 13.30 Uhr
Ort: ICM - Internationales Congress Center München, Raum 22a
Anschrift: Messe München GmbH, Messegelände, 81823 München
Vorläufige Themen und Referenten:
++Neugeborene, Notfälle, Narkosen – wie sicher ist Kinderchirurgie heute? Was neue fachübergreifende Konzepte bewirken.
Prof. Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie, Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin
++Benachteiligt durch Narkosen im Kindesalter? Neues aus der Forschung und wie Ärzte Risiken reduzieren können.
Dr. med. Karin Becke, 1. Sprecherin des wissenschaftlichen Arbeitskreises „Kinderanästhesie“ der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), Chefärztin der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin
Klinik Hallerwiese/Cnopf´sche Kinderklinik, Nürnberg
++Offener Bauch, fehlender Darmausgang, Zwerchfelldefekt: Fortschritte in der kinderchirurgischen Versorgung von angeborenen Fehlbildungen – Zahlen, Fakten, Perspektiven.
Prof. Dr. med. Lucas Wessel, Vorstandsmitglied der DGKCH, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Mannheim GmbH, Universitätsklinikum Medizinische Fakultät Mannheim
++Schonender, schneller, genauer: Neue Techniken in der Bildgebung – wie helfen Ultraschall & Co Kindern mit chronischen und akuten Krankheiten?
Dr. med. Marc-Matthias Steinborn, Leitender Oberarzt, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Kinderradiologie, Städtisches Klinikum München (angefragt)
++Wie lange müssen, sollten und dürfen Kinder nach einer Operation in der Klinik bleiben? Warum Krankenhäuser bei kindgerechter Medizin oft finanzielle Verluste machen.
Prof. Dr. med. Stuart Hosie, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie, Städtisches Klinikum München
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Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Dr. Adelheid Liebendörfer, Anna Julia Voormann und Lisa Ströhlein
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-173
Fax: 0711 8931-167
stroehlein@medizinkommunikation.org
liebendoerfer@medizinkommunikation.org
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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