idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Darmstadt, 22. September 2015. Das genaue Verständnis der biologischen Wirkung von Ionenstrahlen ist von großer Bedeutung sowohl für Anwendungen in der Strahlentherapie als auch zur Risikoabschätzung im Strahlenschutz, etwa für Astronauten bei Langzeitmissionen im Weltall. Arbeitsgruppen der Strahlenbiologie um Professor Markus Löbrich (TU Darmstadt) und der Biophysik um Professor Marco Durante (GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung) haben erstmals experimentell mit hoher Auflösung die räumliche Schadensverteilung hochenergetischer Ionenstrahlen an biologischem Gewebe untersucht und diese mit theoretischen Modellvorhersagen verglichen.
Die biologische Wirkung von Strahlung beruht auf der Schädigung der Erbinformation (DNA), die im Zellkern jeder Zelle enthalten ist. Zellen besitzen allerdings leistungsstarke Reparaturmechanismen, mit denen ein großer Teil der strahleninduzierten Schädigungen wieder korrigiert werden kann. Die höhere Wirkung von Ionenstrahlen im Vergleich zu konventionellen Photonenstrahlen (wie zum Beispiel Röntgenstrahlung) beruht darauf, dass sie ihre extrem hohe Energie auf sehr kleinem Raum rund um die Flugbahn der Ionen abgeben. Dadurch können Ionenstrahlen lokal sehr komplexe Schäden erzeugen, die sehr viel schlechter als Schäden nach Photonenbestrahlung repariert werden können.
Die bisherigen Vorstellungen über das von Ionenstrahlen erzeugte räumliche Schadensmuster beruhen vor allem auf theoretischen Überlegungen, denen physikalische Messungen an Gasen zugrunde liegen. Daten an biologischen Systemen lagen bisher nicht vor.
In einer gemeinsamen Forschungsarbeit haben Wissenschaftler der TU Darmstadt und des GSI Helmholtzzentrums in Darmstadt erstmals mit Submikrometer-Auflösung die räumliche Schadensverteilung an biologischem Gewebe untersucht und mit theoriegeleiteten Prognosen verglichen. Für die Bestrahlungsexperimente an den GSI-Beschleunigeranlagen wurden hochenergetische Ionenstrahlen verwendet, die charakteristisch für die kosmische Strahlung im Weltraum sind.
Nachweis mit Marker
Für die Analyse wurde ein Gewebe verwendet, das sich durch eine besonders hohe Zellkerndichte auszeichnet, die eine nahezu lückenlose Detektion von DNA-Schäden ermöglicht. Zum Nachweis der Schäden wurde ein Marker für den biologisch schwerwiegendsten Schaden, den DNA-Doppelstrangbruch verwendet, bei dem beide Stränge der DNA durchtrennt werden und so wichtige Erbinformation unwiderruflich verloren geht. Mit diesem experimentellen Ansatz können die Spuren der von den Ionen erzeugten DNA-Schäden über viele Zellen hinweg sichtbar gemacht werden. Die Messungen zeigen deutlich die Konzentration der Schäden im Zentrum der Ionenspur sowie eine nach außen rapide abnehmende Schadenshäufigkeit.
Genauere Wirkungsprognosen
Zum einen bestätigen diese biologischen Befunde die auf physikalischen Messungen beruhenden Annahmen über die räumliche Schadensverteilung; zum anderen dienen sie dazu, unterschiedliche Berechnungsmodelle kritisch zu überprüfen und gewissermaßen zu eichen. Diese Informationen bilden einen wesentlichen Bestandteil eines Modells zur Vorhersage der Strahlenwirksamkeit, das von Physikern des GSI Helmholtzzentrums entwickelt wurde und für die Bestrahlungsplanung der Tumortherapie an den Ionenstrahl-Therapiezentren in Heidelberg, Marburg, Pavia und Shanghai eingesetzt wird.
Weitere Informationen
Alle Details sind in der entsprechenden Veröffentlichung mit dem Titel “Direct Measurement of the 3-Dimensional DNA Lesion Distribution Induced by Energetic Charged Particles in a Mouse Model Tissue” von Johanna Mirsch, Francesco Tommasino, Antonia Frohns, Sandro Conrad, Marco Durante, Michael Scholz, Thomas Friedrich und Markus Löbrich im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) nachzulesen:
http://www.pnas.org/content/early/2015/09/17/1508702112.abstract
MI-Nr. 62/2015, ml/feu
http://www.pnas.org/content/early/2015/09/17/1508702112.abstract Publikation online
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).