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Jährlich sterben in der südamerikanischen Metropole Rio etwa 3.000 Menschen durch den Einsatz von Schusswaffen. Der Bundesstaat Rio de Janeiro hat nun die deutsche Regierung gebeten, die Herkunft illegaler Schusswaffen deutschen Typs, die in der brasilianischen Metropole gefunden worden sind, zu untersuchen. Das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC) hat mit Unterstützung von Viva Rio diese Zusammenarbeit von deutschen und brasilianischen Behörden vermittelt.
Brasilien ist berüchtigt für seine hohe Rate an Gewaltverbrechen. Von den rund acht Millionen Kleinwaffen im Land sind lediglich zwei Millionen registriert und legal. In Rio de Janeiro sterben verhältnismäßig mehr Menschen an Waffengewalt als in Kriegsgebieten wie Kolumbien, Kosovo, Uganda oder Sierra Leone. In der südamerikanischen Metropole mit 5,8 Millionen Einwohnern werden ca. 3.000 Menschen pro Jahr durch Schusswaffen getötet. In den Armenvierteln kontrollieren Teenager den Drogenmarkt mit Hilfe von Kleinwaffen.
Die Polizei in Rio de Janeiro hat in den vergangenen Jahren etwa 2.000 illegal gehaltene Waffen deutschen Typs beschlagnahmt oder bei Einsammlungsaktionen entgegengenommen. Die in Rio de Janeiro ansässige und aktive Nichtregierungsorganisation Viva Rio setzt sich nicht nur für sozialpolitische Projekte sondern auch für die Eindämmung der Kleinwaffenplage im Land ein. Viva Rio versucht die Herkunft der illegal importierten Waffen zu eruieren, Schmuggelwege aufzudecken und die Problematik des ungesetzlichen Waffenhandels weltweit zu verdeutlichen. Viele der in Rio eingesammelten Waffen wurden in deutschen Konstruktionsbüros entworfen sowie auf deutschem Boden, bei Heckler und Koch in Oberndorf oder unter deutscher Lizenz in anderen Ländern, produziert. Auf Anstoß von Viva Rio und Vermittlung des BICC hin beschäftigen sich nun deutsche Behörden mit der Herkunftsfrage dieser Waffen.
Ermittlungen zur Aufdeckung der Schmuggelwege eingeleitet
Teile der bei der Behörde für öffentliche Sicherheit in Rio de Janeiro registrierten Waffen wurden bereits am 24. Juni 2001 und am 14. Juli 2002 in publikumswirksamen Zeremonien öffentlich zerstört. In der vergangenen Woche nun übermittelte die Behörde die Kennungen und Signaturen der Waffen deutschen Typs an das deutsche Innenministerium, das diese mit Unterstützung von Heckler & Koch auf ihren Produktionsort und Abnehmer überprüfen wird. Damit können die ursprünglichen Käufer der Waffen ermittelt und die erste Etappe ihrer Reise nach Brasilien rekonstruiert werden.
Das BICC führt ein Forschungsprogramm zu Waffen durch, das sich unter anderem mit der Kleinwaffenproblematik auseinandersetzt. Der Leiter des Programms, Sami Faltas, wertet die deutsch-brasilianische Zusammenarbeit als einen Erfolg für die weltweiten Anstrengungen zur Eindämmung der Kleinwaffenflut. Denn um in Zukunft die Wiederbewaffnung von kriminellen Gruppen zu erschweren, muss ermittelt werden, wie die zuletzt eingesammelten Waffen in das Land gelangt sind. Es muss sich nach Einschätzung des BICC-Experten dabei nicht unbedingt um illegale Waffengeschäfte deutscher Firmen gehandelt haben. Wahrscheinlicher ist es, dass die Gewehre und Pistolen über Umwege nach Rio gelangt sind. "Aber ich halte es für richtig," wertet Faltas, "dass die deutsche Regierung und Heckler & Koch sich bemühen, illegale Machenschaften mit Waffen, die in Deutschland hergestellt oder entwickelt worden sind, aufzudecken." Schließlich haben sich den letzten Jahrzehnten deutsche Waffen wie das Sturmgewehr des Typs Heckler & Koch G3 in vielen Kriegszonen der Welt verbreiten können, weil Deutschland sich nicht genügend dafür eingesetzt hatte, unerwünschte Lieferungen durch Dritte zu unterbinden.
Weitere Informationen:
Susanne Heinke-Mikaeilian, BICC
Tel.: 0228/911 96-44
Fax: 0228/24 12 15
http://www.disarmament.de
http://www.bicc.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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