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Leipzig. 360 zuckerkranke Kinder – vom Säugling bis zum jungen Erwachsenen – werden gegenwärtig in der Kinderklinik am Universitätsklinikum Leipzig betreut. „Als ich 1998 nach Leipzig kam, waren es 160. Daran ist schon zu sehen, dass es immer mehr Kinder gibt, die an einer Störung des Zuckerhaushaltes leiden“, sagt Klinikdirektor Prof. Dr. Wieland Kiess mit Blick auf den Welt-Diabetes-Tag am 14. November.
Prof. Kiess hat als Beleg für den erstaunlichen Anstieg nicht nur die Zahl der praktischen Fälle, sondern auch eine jüngst veröffentlichte Studie, an der Ärzte und Wissenschaftler aus Dresden Karlsburg, Düsseldorf, Tübingen und natürlich Leipzig beteiligt waren. Diese zeigt beim Vergleich der Jahreszeiträume 1999 bis 2003 mit denen von 2004 bis 2008: Die Rate der an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankten Kinder im Alter bis zu 14 Jahren stieg um 18 Prozent und erreicht in Deutschland nunmehr eine Häufigkeit von 148 auf 100 000 Kindern. Damit gehört Deutschland weltweit zu den Ländern, in denen Kinder am häufigsten von Diabetes Typ 1 betroffen sind.
„An Diabetes mellitus Typ 1 können schon Neugeborene erkranken“, so Prof. Kiess. „Es gibt wenige Zentren, die auf die Behandlung der ganz Kleinen spezialisiert sind – wir gehören dazu. Während Diabetes mellitus Typ 2 eher bei alten Menschen auftritt, die viel Gewicht mit sich herumschleppen, schlägt der Typ 1 unabhängig von Alter und Gewicht zu. Es ist eine Autoimmunerkrankung, deren Auslöser unbekannt ist.“
Wie der Leipziger Klinikdirektor erläutert, fällt bei den an Diabetes mellitus Typ 1 Erkrankten auf, dass sie bestimmte genetische Risiken haben und dazu öfters mit einem speziellen Virus zu kämpfen hatten: dem Coxsackie-B-Virus, der verschiedene, relativ harmlose Krankheiten auslösen kann. Daraus wird geschlussfolgert, dass dieses Virus an der Auslösung von Diabetes mellitus Typ 1 beteiligt ist. „Das menschliche Immunsystem wehrt sich gegen Coxsackie-B und schießt sozusagen völlig übers Ziel hinaus, indem es auch gegen die eigene Bauchspeicheldrüse vorgeht“, so Prof. Kiess. „Wir stehen heute vor dem Dilemma, dass wir erstens nicht wissen, warum die Zahl der Erkrankungen steigt. Zweitens können wir den Ausbruch der Krankheit nicht verhindern und drittens können wir sie auch nicht heilen. Nach so vielen schlechten, aber ehrlichen Nachrichten deshalb eine rundum gute: Heute muss in der 1. Welt keiner mehr an der Zuckerkrankheit sterben. Wir haben Technologien, die die Gabe von Insulin-Ersatz sehr vereinfacht haben. Moderne Blutzucker-Messgeräte, Medikamente, Insulin-Spritzen und –Pumpen erleichtern die Diabetes-Therapie erheblich.“
Dennoch macht der Leipziger Kinderarzt darauf aufmerksam, dass Diabetes mellitus Typ 1 nicht nur das Leben des erkrankten Kindes, sondern der ganzen Familie verändert: „Meine Kinder habe ich am Morgen gefragt, ob sie gut geschlafen haben. Die erste Frage an Kinder mit Diabetes ist morgens: Wie ist dein Blutzuckerspiegel? Die Krankheit bestimmt dann den Rhythmus des Lebens – für immer. Sehr hilfreich für erkrankte Kinder wie deren Eltern ist es deshalb, dass wir nicht nur erfahrene Mitarbeiter in unserer Stoffwechsel-Ambulanz haben, sondern auch einen Elternverein für Kinder mit Diabetes, in dem sich Betroffene gegenseitig zur Seite stehen. Zudem bieten wir Feriencamps für zuckerkranke Kinder, damit sie in fröhlicher, erholsamer Atmosphäre lernen, ihren Lebensalltag zu meistern.“
Kontakt
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Liebigstr. 20a, 04103 Leipzig
Medizinisches Versorgungszentrum, Diabetesambulanz
Termine nach Vereinbarung unter Tel. 0341/9712320
http://www.uniklinikum-leipzig.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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