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OSNABRÜCK.- Migration und Flucht ist ein europäisches Dauerthema seit vielen Monaten. Im Fokus steht aktuell dabei vor allem ein tiefgreifendes Problem: Mit welchem Ziel und auf welche Weise sollen, können und wollen EU, Bund oder Bundesländer Einfluss auf die Flüchtlingsbewegungen nehmen? Die Beobachtung der aktuellen Situation ruft die Frage nach den langen Entwicklungslinien und den Grundmustern des Verhältnisses von Staat und Migration auf. Vielfältige Antworten darauf ergab das Forschungsprojekt »Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert« an der Universität Osnabrück, das nunmehr abschlossen wurde und dessen Ergebnisse soeben erschienen sind.
Das Forschungsprojekt untersucht das komplexe Verhältnis des Handelns von Migrantinnen und Migranten einerseits sowie staatlicher Akteure andererseits.
Klar ist: Staaten haben immer schon Einfluss auf Migration genommen. »Staaten ermöglichen Migration, beschränken oder verhindern sie aber auch, versuchen sie in bestimmte Bahnen zu lenken«, sagt Projektleiter apl. Prof. Dr. Jochen Oltmer, Migrationsforscher und Historiker am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. »Die grundlegende Frage lautet: Warum wird in manchen Konstellationen Migration gefördert, in anderen aber behindert? Welche Rechte werden Migranten wann und warum gegeben? Und wie steht es überhaupt um die Einflussmöglichkeiten des Staates auf Migrationsbewegungen und den langen Prozess der Integration von Einwanderern?«, fügt Oltmer hinzu.
Aufschlüsse über solche Fragen bot das Projekt viele. Der Migrationsforscher Oltmer: »Es fällt auf, dass staatliche Akteure Migration meist als Ergebnis von Krisen, Katastrophen und Defiziten sehen. Ihre Folgen gelten gemeinhin als Gefahr für Sicherheit, Wohlstand sowie gesellschaftliche und kulturelle Homogenität.« Migration erscheine mithin als Risiko, das dringend der restriktiven politischen Vor- und Nachsorge bedürfe und das Handeln des Staates motiviere.
»Staatliche Akteure überschätzen jedoch häufig die Reichweite ihres Einflusses auf Migration«, fasst Oltmer zusammen. Das gelte nicht zuletzt auch deshalb, weil meist eher Konkurrenz als Kooperation zwischen verschiedenen staatlichen Einrichtungen herrsche. Immer wieder reagieren und reagierten Staaten hektisch auf Veränderungen im Migrationsgeschehen während planvolles Handeln anhand zielorientierter Konzepte selten sei. »Beobachten lässt sich meist eine Kette von sich zum Teil widersprechenden Ad-hoc-Maßnahmen als Reaktion auf Bewegungen«, hebt der Osnabrücker Migrationsforscher hervor.
»Im Staatsapparat haben sich kaum jemals profunde Kenntnisse über das komplexe Phänomen Migration, seine Hintergründe, Formen und Folgen herausgebildet«, ergänzt der Historiker. Migration als Querschnittsbereich, der in viele gesellschaftliche und politische Bereiche hineinrage, sei nur selten koordiniert angegangen worden oder habe gar in der Kompetenz nur einer einzigen Behörde oder eines Ministeriums gestanden. »Staatliche Akteure können sich übrigens auch weitaus eher auf restriktive Maßnahmen einigen als auf Tendenzen der Öffnung gegenüber Migration«, resümiert Jochen Oltmer.
Das Forschungsprojekt am IMIS ermöglichten die VolkswagenStiftung und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Die Ergebnisse des Projekts sind soeben erschienen: Jochen Oltmer (Hg.), Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert, Berlin/Boston: Verlag De Gruyter Oldenbourg 2016, 1058 Seiten, ISBN 978-3-11-034528-5 (ist zugleich als als eBook erschienen), http://www.degruyter.com/view/product/247932?rskey=ybIEmu&result=1
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Apl. Prof. Dr. Jochen Oltmer, Universität Osnabrück
Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS)
Neuer Graben 19/21, 49069 Osnabrück
Tel.: +49 541 969 4365
E-Mail: joltmer@uni-osnabrueck.de
Weitere Informationen zur Person:
https://www.imis.uni-osnabrueck.de/oltmer_jochen/zur_person/profil.html
apl. Prof. Dr. Jochen Oltmer bei der Präsentation der Forschungsergebnisse zur Migration.
Foto: Pressestelle Universität Osnabrück/Günter Rückforth
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Pädagogik / Bildung, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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