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14.12.2015 09:10

Anderssein und doch dazugehören: Kulturelle Diversität als gesellschaftliche Herausforderung

Friedrich Pollack Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sorbisches Institut / Serbski Institut

    Wie sieht die angemessene Beteiligung von Minderheiten in einer Gesellschaft aus und wie kann sie funktionieren? Eine Tagung des Sorbischen Instituts widmete sich diesen Fragen anhand von Erfahrungen der Sorben in der Lausitz sowie anderer subalterner Gruppen in Deutschland, Österreich und Großbritannien. Die Ergebnisse dieser Veranstaltung liegen jetzt als Sammelband vor. Sie zeigen Wege einer stufenweisen Partizipation mit zunehmender Selbstbestimmung und aktiver Mitwirkung in allen sozial relevanten Bereichen auf, die zu einer inklusiven Gesellschaft beitragen können.

    Die aktuell geführten Debatten um Zuwanderung polarisieren die Gesellschaft. Wo einerseits mit humanitärer Willkommenskultur und demografischer Notwendigkeit argumentiert wird, dominieren andererseits die Angst vor Überfremdung und der vermeintliche Verlust einer nationalen oder europäischen Leitkultur. Dies zeigt, dass sich der gesellschaftliche Umgang mit kultureller Vielfalt im Allgemeinen und mit ethnischen Minderheiten im Speziellen verschiedenartig gestalten kann. Sowohl Formen der Assimilation als auch der Separation bilden dabei problematische Strategien, um die gesellschaftliche Beteiligung von Minderheitenangehörigen zu fördern. Dagegen verweisen aktuelle Diskussionen um Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe – vor allem aus der Bildungsforschung, der Migrationsforschung oder der Genderforschung – auf alternative gesellschaftliche Rahmen-bedingungen, die ohne Exklusionsmechanismen und einseitigen Anpassungsdruck auskommen. In Anlehnung an die von Sherry Arnstein Ende der 1960er Jahre entworfenen „ladder of participation“ und deren Weiterentwicklungen in der Bildungsforschung lässt sich für die Kulturwissenschaften ein allgemeines Stufenmodell interkultureller Partizipation von Fremdbestimmung bis Selbstverwaltung ableiten, wobei sich hier die angemessene gesellschaftliche Beteiligung von Minderheiten als "selbstbestimmte Mitbestimmung" verorten lässt.

    Mit dieser Standortbestimmung bzw. Handlungsempfehlung lassen sich historische und aktuelle Beteiligungsformen und -prozesse differenziert und kritisch analysieren. So werden im Band Bildkonstruktionen von Minderheit in sorbischen Schulbüchern, der lausitzischen Geschichtsschreibung und der Atelierfotografie hinterfragt und Anregungen für eine diversitätsbewusste, partizipative Darstellung von Minderheiten gegeben. Weitere Beiträge befassen sich mit neuen Formen gesellschaftlicher Beteiligungsmöglichkeiten etwa beim Umgang mit immateriellem Kulturerbe im Rahmen der UNESCO-Welterbeliste oder durch die zunehmende Bedeutung transkultureller Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt, die die Nachfrage nach hybriden Unternehmern steigen lässt. Ein anderer Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe wird für Intellektuelle subalterner gesellschaftlicher Gruppen mittels ihres gesellschaftspolitischen Engagements thematisiert.

    Auch die eigene Vermarktung und Bewirtschaftung von Sprachkenntnissen zeigt sich als erfolgreiche Beteiligungsstrategie von Minderheiten in einem globalisierten urbanen Umfeld, oder die Auseinandersetzung mit Minderheitensprachen in öffentlichen Initiativen und Musik, und schließlich auch die Etablierung eines virtuellen Siedlungsgebietes, die wie am Beispiel der sorbischen Gemeinschaft dargestellt, zur Demokratisierung wissenschaftlicher, politischer und kultureller Debatten und Prozesse führt und deren Selbstbewusstsein stärkt.

    Im Zeichen von Digitalisierung, Globalisierung und Transkulturalisierung zeigen sich überall Möglichkeiten und Chancen der Umsetzung eines interkulturell-dialogischen Umgangs mit Minderheiten ohne ethnische Ausgrenzungsmechanismen, wobei Wechselwirkungen und kulturelle Differenz als Selbstverständlichkeiten funktionieren.

    Veröffentlichung:
    ELKA TSCHERNOKOSHEWA, INES KELLER, FABIAN JACOBS (Hrsg.): Einheit in Verschiedenheit. Kulturelle Diversität und gesellschaftliche Teilhabe von Minderheiten auf dem Prüfstand (= Hybride Welten, Bd. 7). Münster: Waxmann 2015, 240 Seiten, br., mit Grafiken von Maja Nagel, 29,90 €, ISBN 978-3-8309-3254-3. E-Book: 26,99 €, ISBN 978-3-8309-8254-8.

    Das Sorbische Institut/Serbski Institut mit Sitz in Bautzen und Cottbus ist eine außeruniversitäre wissenschaftliche Einrichtung, die sich der Erforschung von Sprache, Geschichte und Kultur der Lausitzer Sorben in interdisziplinärer und vergleichender Absicht widmet. In der vom Institut begründeten Schriftenreihe „Hybride Welten“ sind seit 2000 acht Bände erschienen.

    Kontakt:
    si@serbski-institut.de

    SORBISCHES INSTITUT – SERBSKI INSTITUT
    Bahnhofstraße 6
    D-02625 Bautzen

    http://www.serbski-institut.de


    Weitere Informationen:

    http://www.serbski-institut.de/cms/de/709/Hybride-Welten-7


    Bilder

    Cover des Tagungsbandes
    Cover des Tagungsbandes


    Anhang
    attachment icon Inhaltsverzeichnis des Bandes

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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