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Wissenschaft
Die Menschen der Jungsteinzeit vor rund 6000 Jahren waren im Leben und Tod eng miteinander verbunden. Darauf weist eine detaillierte anthropologische Studie eines Kollektivgrabs mit rund 50 Toten bei Burgos in Nordspanien hin, welche die Lebensweise des Orts erstmals mit modernen Methoden untersuchte. Die in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Forschungen wurden von Anthropologen der Universität Basel und Archäologen der Universität Valladolid geleitet.
Die Kollektivgräber der Jungsteinzeit waren meist Steinbauten, deren Inneres Raum für viele Verstorbene einer Gemeinschaft bot – so auch das Grosssteingrab in Alto de Reinoso bei Burgos. Nach der Datierung anhand von Radiokarbondaten wurde das Grab über rund drei bis vier Generationen zwischen 3700 und 3600 v. Chr. genutzt. Bei den Toten handelte es sich um mindestens 47 Individuen. «Während die untere Schicht relativ gut erhalten war, wurden in höheren Schichten zahlreiche Störungen beobachtet: so etwa zahlreiche fehlende Schädel, was mit einem ausgeprägten Ahnenkult zusammenhängen könnte», berichtet Prof. Manuel Rojo Guerra, Professor in Valladolid, Spanien.
Lebensweise erschlossen
Um die Lebensweise der neolithischen Gemeinschaft zu erschliessen, konnten die Archäologen individuelle Daten wie Alter, Geschlecht, Körperhöhe, Krankheiten, Stressmarker und Gewaltfolgen mit modernen Methoden erfassen. Diese Angaben wurden ergänzt durch Daten zu Ernährung, Herkunft und Mobilität sowie Verwandtschaftsverhältnissen. «Damit ist dies die erste Studie, die ein eingehendes Bild davon gibt, wie die Menschen dieser neolithischen Gemeinschaft in Leben und Tod miteinander verbunden waren», sagt Erstautor Prof. Kurt W. Alt, Gastprofessor an der Universität Basel.
Knapp die Hälfte der Toten im Grab waren Erwachsene, die andere Hälfte Kinder und Jugendliche. Die durchschnittliche Körperhöhe betrug 159 ± 2 cm für Männer und 150 ± 2 cm für Frauen. Die Erwachsenen zeigen Stressmarker und unterschiedliche Stadien von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule und der Gelenke, verheilte Frakturen, Schädelverletzungen und Zahnerkrankungen wie Karies.
Einheitliche Gemeinschaft
Die molekulargenetischen Untersuchungen zeigen zudem verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Individuen der Gruppe vor allem in der mütterlichen Linie. Darüber hinaus ist für einige Fälle belegt, dass zwischen Toten, die nahe beieinander bestattet waren, eine engere genetische Verwandtschaft bestand. Ausser drei Individuen sind die Verstorbenen in der näheren Umgebung des Kollektivgrabs aufgewachsen. Die Rekonstruktion der Ernährung zeigten die einheitliche Struktur der bäuerlichen Gemeinschaft: Grundnahrungsmittel für alle waren Getreide (Weizen und Gerste) und tierische Proteine (besonders von Schaf, Ziege und Schwein).
Originalbeitrag
Kurt W. Alt et al.
A community in life and death: the Late Neolithic megalithic tomb at Alto de Reinoso (Burgos, Spain)
PLOS One Published: January 20, 2016 | DOI: 10.1371/journal.pone.0146176
Weitere Auskünfte
Prof. Kurt W. Alt, Universität Basel, Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie, Tel. +41 61 201 02 17, +49 160 777 27 67, E-Mail: kurt.alt@unibas.ch
Kollektivgrab als Steinbau: Rekonstruktion des Grabes durch die Archäologen
Quelle: Grafik: Héctor Arcusa Magallón.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Geschichte / Archäologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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