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Wissenschaftler der Universität Jena gibt bevölkerungsgeografischen Atlas Thüringens heraus
Jena (04.06.03) Sterben die Thüringer aus? "Würde sich die derzeitige Entwicklung - statistisch betrachtet - auf dem heutigen Niveau fortsetzen, dann könnte man ausrechnen, wann es theoretisch soweit wäre", sagt Prof. Dr. Peter Sedlacek. Die Aussage des Wirtschaftsgeografen von der Universität Jena beruht auf einer Analyse der Bevölkerungsstruktur und -entwicklung in Thüringen von 1994-2001. Diese Daten hat Sedlacek in einem bevölkerungsgeografischen Atlas zusammengefasst, der heute erschienen ist und kostenlos bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen bezogen werden kann.
Das Bevölkerungsschrumpfen gilt für die gesamte Bundesrepublik: von heute 82 Millionen Menschen wird sich die Einwohnerzahl bis 2050 auf ca. 70 Millionen verringern. In den neuen Ländern wird diese Negativ-Entwicklung noch drastischer ausfallen, da viele Bürger - gerade junge Frauen - in die wirtschaftlich attraktiveren alten Länder abwandern. "Zwar besitzt in Ostdeutschland der Freistaat Thüringen eine geringfügig bessere Bilanz als die anderen ostdeutschen Länder, doch sind auch hier die Probleme nicht zu vernachlässigen", hat Sedlacek ermittelt. Der Jenaer Wissenschaftler fordert ein neues Denken und ein rasches Handeln von der Politik. Denn auf das demografische Schrumpfen "ist die deutsche Gesellschaft in ihrer Mehrheit gedanklich nicht eingerichtet und Lösungswege sind weitgehend unerprobt", so der Jenaer Experte für Regionalentwicklung. Die Prognose für Thüringen: von 2,478 Millionen Einwohnern im Jahr 1997 wird die Bevölkerung auf ca. 1,730 im Jahr 2050 zurückgehen.
Und diese Entwicklung nimmt im Freistaat besondere Züge an, wie das Beispiel "Vergreisung" zeigt: 1998 waren in Deutschland und in Thüringen rund 40 % der Gesamtbevölkerung älter als 65 Jahre. 2050 wird der Anteil in der Bundesrepublik bei ca. 43 % liegen, während dann im Freistaat zwei von drei Bürger im Rentenalter sind. Damit einher geht die Entwicklung der Geburtenrate. 1998 lag die Geburtenziffer bei 1102 - deutlich höher als zu Nachwendezeiten, als die Geburtenquote noch drastisch niedriger lag. "Dennoch sind zur einfachen Reproduktion der Bevölkerung 2100 Kinder erforderlich", weiß Sedlacek. Wobei die gegenwärtige Geburtenrate noch eine weitere Besonderheit zeigt: Rund ein Drittel der Frauen bekommt gar kein Kind, weitere 30 % nur ein Kind und nur das restliche Drittel gebiert zwei oder mehr Kinder. Diese Tendenz hält Sedlacek für "einen Bruch des Generationenvertrags". "Bei jeder Versicherung, in die man sechs Monate nicht einzahlt, wird man hinausgeworfen", bringt Sedlacek ein Beispiel, "nur den Generationenvertrag kann man bisher schadlos einseitig aufkündigen". Der Jenaer Wirtschaftsgeograf fordert daher Konsequenzen. Außerdem dringt er auf eine kinderfreundlichere Familienpolitik, wie die stärkere Berücksichtigung von Kindern im Wohnungs- und Städtebau.
In seinem neuen Atlas sind die demografische Situation und Entwicklungen für den Freistaat und in der regionalen Unterschiedlichkeit dargestellt und erläutert. "Ich möchte mit dieser Bilanz und Prognose nicht Schwarz malen, sondern gegenüber der Problematik sensibilisieren und die Verantwortlichen an ihrem jeweiligen Platz zu angemessenen Entscheidungen mahnen", sagt Sedlacek, der sich auch mit Anpassungsstrategien in der regionalen Entwicklungspolitik beschäftigt.
Kontakt:
Prof. Dr. Peter Sedlacek
Institut für Geographie der Universität Jena
Löbdergraben 32, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948830
Fax: 03641 / 948832
E-Mail: p.sedlacek@geogr.uni-jena.de
Bibliographische Angaben:
Peter Sedlacek: Die demografische Entwicklung in Thüringen 1994-2001. Ein bevölkerungsgeografischer Atlas. Erfurt 2002.
Der Atlas ist kostenlos zu beziehen bei:
Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt.
www.thueringen.de/de/lzt
Prof. Dr. Peter Sedlacek von der Uni Jena mit seinem neuen bevölkerungsgeografischen Atlas Thüringen ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geowissenschaften, Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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