idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) veröffentlicht neue Studie in Kooperation mit der Banque de Luxembourg
Die Zeiten, in denen ein Familienunternehmen mit einer hohen Selbstverständlichkeit an den erstgeborenen Sohn übergeben wurde und dieser Sohn ebenso selbstverständlich die Nachfolge antrat, sind vorbei. Mit wachsender Individualisierung der Gesellschaft, aber auch mit wachsenden Qualifikationsanforderungen und der Gleichberechtigung verliert das klassische Rollenmodell seine Gültigkeit. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass der Erstgeborene die Nachfolge antritt. Dies stellt Familienunternehmen vor große Herausforderungen.
Der Wille, die Motivation und die Eignung des potenziellen Nachfolgers tragen wesentlich zu einer gelungenen Nachfolge bei. Allerdings weiß man nur wenig darüber, welche Eigenschaften eines Nachfolgers den Ausschlag dafür geben, ob dieser die Nachfolge auch wirklich antritt. Welche Persönlichkeit weist ein Nachfolger auf, der sich zum Familienunternehmen bekennt? Welche Motive treiben ihn oder sie an? Neben der Frage nach den nötigen Qualifikationen sind diese Fragen unter heutigen Bedingungen von zentraler Bedeutung, wenn von Nachfolge die Rede ist. Denn ohne die richtige Persönlichkeit, die richtige Motivation und das richtige Umfeld bringt alle Qualifikation wenig.
Die Studie zeigt, dass sich in Bezug auf die untersuchten Nachfolger ein recht detailliertes Persönlichkeitsbild zeichnen lässt. Dieses unterscheidet sich generell von dem eines Unternehmensgründers. Nachfolger, das wird deutlich, sind keine Unternehmer, die eine bestimmte Vision gegen alle Widerstände durchsetzen. Sie sind vielmehr durchaus sozial eingestellt und an Werten orientiert. Ihnen geht es eher darum, Bestehendes zu bewahren als im Sinne einer kreativen Zerstörung Neues zu erschaffen. Dies ist etwas, dass jeder Unternehmer, der einen Nachfolger sucht, im Kopf haben sollte. Ebenso ist es jedoch auch für den Nachfolger eine wesentliche Einsicht.
Die Studie zeigt aber auch einige Problemfelder. Die Nachfolger zeigen explizite Motive, die den Erwartungen ihrer Umwelt und dem Typus des Unternehmers entsprechen. Dagegen sind ihre impliziten, tief sozialisierten Motivlagen völlig individuell. Dies muss nicht unbedingt problematisch sein, etwa wenn eine explizite Motivlage nur die Steigerung einer impliziten darstellt. Sollte es jedoch einen Konflikt zwischen impliziten und expliziten Motiven geben, kann dies mittelfristig zu einem persönlichen und unternehmerischen Scheitern führen, schlimmstenfalls zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen (z. B. Burnout). Da es weder im Sinne der Familie noch des Unternehmens sein kann, Glück und Zufriedenheit des Nachfolgers für das Unternehmen zu opfern oder den Fortbestand des Unternehmens an eine unklare Motivation zu koppeln, müssen potenzielle Nachfolger zunächst mit sich selbst ins Reine kommen. Das Erkennen und Priorisieren der eigenen Motive ist Voraussetzung für eine langfristige hohe Arbeitsmotivation.
Daneben ist eine der zentralen Erkenntnisse, dass die Attraktivität der Nachfolge als Karriereentscheidung da liegt, wo sie eigentlich nicht liegen sollte: Nachfolger wählen die Nachfolge häufig auch, weil sie sich so Leistungsdruck und Karriererisiken auf dem Arbeitsmarkt entziehen können. Die Nachfolge wird dann angetreten, wenn der potenzielle Nachfolger das Gefühl hat, mit geringem Risiko und Aufwand ein Maximum an Rendite zu erwirtschaften. So nachvollziehbar und verlockend ein vorgezeichneter Karrierepfad erscheinen mag, muss dennoch darauf geachtet werden, dass dies nicht zum primären Entscheidungskriterium für oder gegen die Nachfolge wird.
„Diese Studie ist die erste wissenschaftlich abgesicherte und großzahlige Studie, die sich mit der Psychologie der Nachfolge aus Sicht der Nachfolger befasst“, so Prof. Dr. Marcel Hülsbeck, Lehrstuhlinhaber am WIFU und Leiter der Studie. „Die Ergebnisse sollen sowohl Nachfolger als auch Übergebende zur Reflexion des eigenen Nachfolgeprozess anregen.“
„Für ein Familienunternehmen stellt ein Generationswechsel immer eine Herausforderung dar, weil gerade in dieser kritischen Phase Blickwinkel und Fragestellung der Eltern und der nächsten Generation sich gegenüberstehen“, ergänzt Philippe Depoorter, Leiter Family Practice, Banque de Luxembourg. „Intensive Kommunikation ist hier die beste Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis und eine gelungene Weitergabe.“
Die Studie steht Ihnen auf der Homepage des WIFU (www.wifu.de) kostenlos zur Verfügung. Weitere Information erhalten Sie bei Nicole Vöpel unter nicole.voepel@uni-wh.de oder +49 2302 926-506.
Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 2.200 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.
Das Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) der Wirtschaftsfakultät der Universität Witten Herdecke ist in Deutschland der Pionier und Wegweiser akademischer Forschung und Lehre zu Besonderheiten von Familienunternehmen. Drei Forschungs- und Lehrbereiche – Betriebswirtschaftslehre, Psychologie/Soziologie und Rechtswissenschaften – bilden das wissenschaftliche Spiegelbild der Gestalt von Familienunternehmen. Dadurch hat sich das WIFU eine einzigartige Expertise im Bereich Familienunternehmen erarbeitet. Seit 2004 ermöglichen die Institutsträger, ein exklusiver Kreis von 75 Familienunternehmen, dass das WIFU auf Augenhöhe als Institut von Familienunternehmen für Familienunternehmen agieren kann. Mit aktuell 19 Professoren leistet das WIFU mittlerweile seit über fünfzehn Jahren einen signifikanten Beitrag zur generationenübergreifenden Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen.
Die Banque de Luxembourg hat sich als Privatbank seit über 90 Jahren auf Vermögensverwaltung und Erbschaftsplanung spezialisiert und zählt heute zu den bedeutendsten Finanzinstituten in Luxemburg. Die Besonderheit der Bank ist es, neben der materiellen auch der immateriellen Dimension des ihr anvertrauten Familienvermögens, wie Geschichte, Wertschätzung oder Know-how, welche oft am Anfang der Erfolgsgeschichte einer Familie stehen, Rechnung zu tragen. Dieser Ansatz macht die Banque de Luxembourg zu einem privilegierten Ansprechpartner für Familienunternehmer, welche bei der Vorbereitung der Vermögens- und Unternehmensübergabe auf die Family Practice Berater der Bank zurückgreifen können. Zielsetzung ist, der Familie bei der Suche nach einem Konsens zu helfen, welcher sowohl den Fortbestand des Unternehmens als auch die Familienzusammengehörigkeit sichert.
Nachfolge in Familienunternehmen
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).