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Wissenschaft
35 Prozent Durchseuchung in Mitteleuropa
Helicobacter pylori unter epidemiologischer Aufklärung
Wenn der Arzt eine Magenschleimhautentzündung oder ein Magengeschwür antrifft, sollte er in jedem Fall daran denken, daß Helicobacter pylori seine Hand im Spiel haben könnte. Das Bakterium wird gegenwärtig als wichtigste Ursache dieser Erkrankungen angesehen und gilt zudem als Mitverursacher von Magenkrebs. Es besiedelt den Magen unterhalb der schützenden Schleimschicht. Sein Vorkommen ist unerschöpflich, sein Auftreten ubiquitär: 50% der Weltbevölkerung gelten als infiziert. Die Durchseuchung in Mitteleuropa beträgt ca. 35% in der erwachsenen Bevölkerung.
Seit 1996 führen die Abteilung Innere Medizin I (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Guido Adler) und die Abteilung Epidemiologie (Leiter Prof. Dr. Hermann Brenner) der Universität Ulm in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Ulm (Leiter Dr. Theodor Gonser) Studien zur »Häufigkeit und Übertragung der Infektion mit Helicobacter pylori bei Ulmer Vorschulkindern und deren Eltern« durch. In den Jahren 1996 und 1997 waren ca. 12% der Ulmer Vorschulkinder infiziert. 1997 konnte erstmals auch der begleitende Elternteil den Atemtest zum Nachweis der Helicobacter-pylori-Infektion machen. Dabei erwiesen sich 36% aller Eltern als infiziert.
In den bisher durchgeführten Studien fanden sich nachhaltige Hinweise darauf, daß der Übertragung innerhalb der Familie eine zentrale Bedeutung zukommt. 1998 wurde eine weitere Studie mit dem Ziel aufgelegt, den genauen Übertragungsweg der Infektion aufzuklären, über den es bislang keinerlei gesicherte Erkenntnisse gab. Erstmalig ist dabei auch Speichel von den Kindern und deren Eltern gesammelt worden, um die Faktoren identifizieren zu können, die eine Infektionsübertragung begünstigen bzw. verhindern.
Nach den Ulmer Untersuchungen ist davon auszugehen, daß die Besiedlung des Magens hauptsächlich im frühen Kindesalter stattfindet. Die Übertragung im Kindergarten oder Kinderhort fällt nicht ins Gewicht. Auch Haus- oder Nutztiere stellen, wie die Studien zeigen konnten, keine ernstzunehmenden Infektionsquellen dar. Hingegen spielen die Eltern, insbesondere die Mutter, offenbar eine Schlüsselrolle bei der Weitergabe das Bakteriums. Wenn die Mutter Raucherin ist, liegt die Infektionshäufigkeit der Kinder signifikant unter derjenigen bei Kindern, deren Mütter nicht rauchen. Vermutlich bewirkt das Rauchen eine Veränderung der bakteriellen Besiedlung des Mundraumes mit der Folge, daß die Mund-zu-Mund-Übertragung der Infektion von der Mutter auf das Kind eingeschränkt wird.
Antibiotische Vorbehandlungen wirken sich auf die Infektionsbereitschaft aus. Wenn die Kinder - zum Beispiel wegen Mittelohrentzündung oder anderen akuten bakteriellen Infekten - Antibiotika erhalten hatten, war die Infektion signifikant seltener. In den Studien wurde auch der Frage nachgegangen, welchen Einfluß das Stillen hat. Dabei zeigte sich, daß es die Infektion der Kinder nicht verhindert. Im übrigen verursacht die Infektion, auch das konnten die Studien deutlich machen, bei den Kindern keine rezidivierenden Bauchschmerzen. Infizierte wie nichtinfizierte Kinder haben gleichhäufig derartige Bauchbeschwerden.
Die Erkenntnisse, die durch die Studien gewonnen werden konnten, bilden eine unerläßliche Voraussetzung für die Gestaltung vorbeugender Maßnahmen, um die mit der Infektion zusammenhängenden Folgeerkrankungen zu verhindern. Bereits 1997 wurden die weltweit einzigartigen Untersuchungen mit dem Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie ausgezeichnet. Dr. Dietrich Rothenbacher, Prof. Brenner, Dr. Gabriele Berg (Abteilung Epidemiologie) und Dr. Günter Bode (Abteilung Innere Medizin I) erhielten nun am 5. September 1998 anläßlich des »11th International Workshop on Gastroduodenal Pathology and Helicobacter pylori« in Budapest eine weitere hochrangige Anerkennung, den Copenhagen Award for Outstanding Scientific Work on Helicobacter Infection in Children, den internationalen Forschungspreis der European Helicobacter pylori Study Group. Der Preis ist mit 10.000 dänischen Kronen dotiert.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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