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Wissenschaft
Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) hat einen ersten Kommentar abgegeben zur Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft, die Finanzierung des Leibniz-Informationszentrums Lebenswissenschaften ZB MED (früher: Zentralbibliothek für Medizin) durch Bund und Land einzustellen.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat am 17. 3. 2016 eine Empfehlung zur Beendigung der Förderung des Leibniz-Informationszentrums Lebenswissenschaften ZB MED (im Folgenden: ZB MED) ausgesprochen. Er bezieht sich bei seiner Empfehlung auf den Bericht einer Evaluierungskommission. Bei aufmerksamer Lektüre dieses Berichts fällt es schwer, daraus die Begründung für die Empfehlung abzuleiten, die Förderung für ZB MED einzustellen (Die Senatsempfehlung mit Bewertungsbericht der Evaluierungskommission können von der Website der Leibniz-Gemeinschaft als PDF-Datei heruntergeladen werden).
Bei der ZB MED handelt es sich aus Sicht der AWMF primär um eine überregionale Einrichtung der Forschungsinfrastruktur mit Dienstleistungscharakter für Wissenschaftler und Anwender aus Medizin und anderen Lebenswissenschaften und nur sekundär um ein Institut mit eigenständigen Forschungsaufgaben.
Der differenzierte Bericht der Evaluierungskommission attestierte ZB MED deutliche Fortschritte bei der Neuausrichtung ihrer Dienstleistungen. Handlungsbedarf sehen die Experten speziell bei der von der Leibniz-Gemeinschaft geforderten eigenständigen Forschung bei der ZB MED. Durch die Ausschreibung von zwei Hochschullehrerstellen hat ZB MED einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Erst nach deren Besetzung und darauf aufbauenden Forschungsaktivitäten lässt sich beurteilen, ob die geforderte eigenständige Forschung etabliert werden konnte. Schon vorher zu empfehlen, die Förderung der Einrichtung ganz abzustellen, konterkariert diese Entwicklung. Es wäre logisch, das Resultat der personellen Veränderungen abzuwarten und dann erst eine weitergehende Entscheidung zu treffen.
Aus Sicht der AWMF ist es auch nicht sinnvoll, Einrichtungen der Forschungsinfrastruktur anhand derselben Kriterien wie Forschungsinstitute zu evaluieren. Hier unterschätzt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft die Funktion und Rolle von wissenschaftlichen Bibliotheken. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufbereitung, Suche und Bereitstellung von wissenschaftlicher Information als Grundlage für wissenschaftliche Forschung. Ohne Bibliotheken würden Forschende noch stärker von kommerziellen Verlagen abhängig und erhielten außerhalb von Universitäten nur beschränkt (oder mit hohen Kosten) Zugang zu aktueller Literatur. Diese Aufgaben werden mit einer Schließung von ZBMED nicht verschwinden - dies würde nur dazu führen, dass der nach wie vor bestehende Bedarf über eine andere Organisation abgedeckt werden müsste. Fast zeitgleich hat nämlich das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Januar 2016 bekannt gegeben, dass ab 2017 dort keine Recherchen in den großen internationalen Datenbanken mehr durchgeführt werden, dies solle zukünftig allein bei ZB MED möglich sein.
ZB MED engagiert sich stark für wissenschaftliche Publikationen im Open Access, zum Beispiel mit einer eigenen Publikationsplattform in enger Zusammenarbeit mit der AWMF, deren Fachgesellschaften und dem DIMDI bei „German Medical Science“. Hier wurden - im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung - innovative neue Publikationsformen (z.B. „Living Handbooks“) entwickelt, mit denen der Transport wissenschaftlicher Informationen aus der Forschung in die Anwendung deutlich beschleunigt wird und allen Nutzern kostenfrei verfügbar ist. Eine strategisch-wissenschaftliche Ausrichtung von ZB MED in diesem Sinne ist wünschenswert und sollte weiter gefördert werden. Das gleiche gilt auch für die Entwicklung alternativer Publikationsmetriken zur Evaluation von Forschungsleistungen.
Die AWMF wird sich noch in einer ausführlicheren Stellungnahme direkt an die zuständigen Ministerien im Bund und in den Ländern wenden und ihnen empfehlen, der Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft zur Einstellung der Finanzierung von ZB MED nicht zu folgen. Wir wollen auch unsere Mitgliedsgesellschaften informieren mit der Bitte, selbst aktiv zu werden und damit deutlich zu machen, dass der Erhalt von ZB MED für alle wissenschaftlich und praktisch Tätigen im Bereich der Medizin essenziell wichtig ist.
Wer persönlich zum Erhalt von ZB MED beitragen möchte kann - ohne großen Aufwand - die online-Petition "keepZBMED" unterzeichnen - mehr als 3400 Personen haben das bisher getan:
https://www.change.org/p/keepzbmed
http://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_upload/downloads/Evaluierung/S... Senatsempfehlung mit Bericht der Evaluierungskommission
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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