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13.05.2016 08:58

Stress lässt nach: Vorgeburtliche Belastungen können Schutz beim Baby fördern

lic. phil. Christoph Dieffenbacher Kommunikation & Marketing
Universität Basel

    Mütterlicher Stress und Depressivität während der Schwangerschaft können möglicherweise Schutzmechanismen beim Baby aktivieren. Dies lässt sich aus bestimmten epigenetischen Veränderungen beim Neugeborenen schliessen, wie Psychologen der Universität Basel mit internationalen Kollegen im Fachmagazin «Social Cognitive and Affective Neuroscience» berichten.

    In ihrer Studie beobachteten die Forschenden, dass erhöhte Konzentrationen mütterlicher Stresshormone, Belastungen und depressive Symptome während der Schwangerschaft von epigenetischen Veränderungen beim Kind begleitet waren. Dadurch wird das Oxytocinrezeptor-Gen besser aktivierbar, das eine wichtige Rolle bei sozialen Prozessen und der Anpassung an Stress spielt. Der Mechanismus könnte darauf hinweisen, dass die Babys in diesen Fällen besser mit Herausforderungen und Belastungen fertig werden und mehr Resilienz entwickeln.

    Schalter umprogrammiert

    Ob ein Gen aktiviert werden kann oder nicht, hängt unter anderem von Methylgruppen ab, die sich an die DNA anlagern und wie Schalter funktionieren. Die Forschenden fanden, dass Kinder von Müttern mit mehr Stress und depressiven Symptomen bereits bei der Geburt eine reduzierte Methylierung des Oxytocinrezeptor-Gens aufweisen. Dadurch wird das Gen besser aktivierbar, es können also mehr Oxytocinrezeptoren produziert werden, an denen Oxytozin seine Wirkung entfalten kann. Oxytocin beeinflusst nicht nur das Verhalten zwischen Mutter und Kind während und nach der Geburt, sondern auch allgemein soziale Interaktionen.

    Für ihre Untersuchung begleiteten die Forschenden um Prof. Gunther Meinlschmidt von der Fakultät für Psychologie der Universität Basel 100 Mütter und deren Babys während und nach der Schwangerschaft. Dabei sammelten sie das Nabelschnurblut von 39 Neugeborenen; ebenso bestimmten sie in Speichelproben die Konzentration des Stresshormons Cortisol und werteten Fragebögen der Mütter zu belastenden Ereignissen und psychischem Befinden aus. Da die Daten nur bis zur Neugeborenenphase analysiert wurden, lässt sich nicht sagen, welche langfristigen Folgen die epigenetische Programmierung des Oxytocinrezeptors für die Kinder hat.

    «Resilienzforschung erst am Anfang»

    An der vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Studie beteiligt waren Forschende von der Universität Basel, Ruhr-Universität Bochum, Universität Exeter, McGill University Montreal, Ludwig-Maximilians-Universität München, Universität Trier, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und des Stresszentrums Trier. Bereits bekannt ist, dass Belastungen der Mutter während der Schwangerschaft das Risiko für psychische Störungen und körperliche Erkrankungen beim Nachwuchs erhöhen. Weniger Aufmerksamkeit hat die Wissenschaft bisher den möglichen Schutzmechanismen des Kindes geschenkt.

    «Die Resilienzforschung in diesem Bereich steht erst am Anfang», erläutert Meinlschmidt. Die beobachteten Zusammenhänge könnten erste Hinweise darauf geben, dass Belastungen in der Schwangerschaft auch Schutzmechanismen aktivieren können. «Nötig ist ein umfassenderes Verständnis der psychobiologischen Prozesse, die es dem Menschen erlauben, trotz Stress und Belastungen auch langfristig und über Generationen hinweg gesund zu bleiben», so Meinlschmidt. Darauf aufbauend könne man versuchen, Resilienzprozesse zu fördern, um der Entstehung psychischer Störungen und körperlicher Erkrankungen vorzubeugen.

    Originalbeitrag

    Eva Unternaehrer, Margarete Bolten, Irina Nast, Simon Staehli, Andrea H. Meyer, Emma Dempster, Dirk H. Hellhammer, Roselind Lieb und Gunther Meinlschmidt
    Maternal adversities during pregnancy and cord blood oxytocin receptor (OXTR) DNA methylation
    Social Cognitive and Affective Neuroscience, final version published online on May 13th, 2016, doi: 10.1093/scan/nsw051

    Weitere Auskünfte

    Prof. Gunther Meinlschmidt, Universität Basel, Fakultät für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie und Epidemiologie, Tel. +41 61 207 09 61, E-Mail: gunther.meinlschmidt@unibas.ch


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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