idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.06.2016 09:42

Untersuchung mit neuem Instrument - Mehr Mitbestimmung im Unternehmen, mehr Auszubildende

Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Hans-Böckler-Stiftung

    Mitbestimmte Unternehmen engagieren sich stärker in der dualen Ausbildung als andere. Das zeigt eine Analyse mit dem neuen Mitbestimmungsindex MB-ix. Das innovative Instrument misst, wo und wie stark die gesetzlich gesicherte Partizipation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Politik und Performance von Unternehmen beeinflusst.

    Wie wirkt sich die Unternehmensmitbestimmung auf Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatz- und Standortsicherheit, den Umgang mit der Umwelt, mit einem Wort: die Nachhaltigkeit der Geschäftspolitik aus? Diese Frage ließe sich am einfachsten durch Vergleiche von Unternehmen beantworten, die gleich groß sind, gleiche Produkte herstellen und sich nur dadurch unterscheiden, dass einmal Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sitzen und einmal nicht. Solche Unternehmenspaare gibt es allerdings nicht – schon weil Arbeitnehmerbeteiligung ab bestimmten Beschäftigtenzahlen gesetzlich vorgeschrieben ist. Um dennoch Aussagen über die Wirkung der Mitbestimmung treffen zu können, haben Forscher vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung einen Indikator konstruiert, der im Detail erfasst, bis zu welchem Grad Mitbestimmung in den Unternehmen verankert ist.* Damit können sie zwischen Unternehmen mit mehr und solchen mit weniger Mitbestimmung unterscheiden – und zum Beispiel deren soziale oder ökonomische Performance vergleichen.

    Dieser Indikator, der MB-ix, gibt nicht nur Auskunft darüber, ob ein Unternehmen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hat. Er berücksichtigt auch deren Zahl im Verhältnis zu allen Aufsichtsräten, die Besetzung von Ausschüssen oder ob die oder der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitnehmerseite angehört. Auch die Frage, ob Beschäftigte in Auslandsniederlassungen ihre Interessen durch Euro- oder SE-Betriebsräte artikulieren können, fließt in die Berechnung ein. Ebenso berücksichtigt wird die Rechtsform von Unternehmen, denn sie entscheidet unter anderem darüber, welche Befugnisse Aufsichtsräte haben oder ob die Arbeitnehmerbank auf die Unterstützung externer Gewerkschaftsvertreter zählen kann. Schließlich ist es für die Interessen der Beschäftigten von Bedeutung, ob es im Vorstand ein eigenständiges und gleichberechtigtes Personalressort gibt. Bei der 1976er-Mitbestimmung ist dies in der Regel ein mit Zustimmung der Arbeiternehmerseite eingesetzter Arbeitsdirektor.

    Welchen Wert der Mitbestimmungsindex im konkreten Einzelfall annimmt, richtet sich danach, wie die jeweiligen Komponenten des MB-ix unternehmensspezifisch ausgeprägt sind. Bislang haben die WZB-Wissenschaftler Sigurt Vitols Ph.D. und Dr. Robert Scholz Zahlen für alle in Dax, M-Dax, S-Dax und Tec-Dax gelisteten Unternehmen für die Jahre 2006 bis 2013 berechnet. Außerdem sind im Datensatz etwa 50 weitere börsennotierte Konzerne enthalten, die paritätisch mitbestimmt sind. Was die Ausprägung des MB-ix betrifft, kommt dabei das ganze Spektrum vor: Es gibt sowohl Unternehmen, die den Maximalwert 100 erhalten, als auch solche, die in puncto Arbeitnehmerbeteiligung null Punkte bekommen.

    Bei einer der ersten praktischen Anwendungen des neuen Messinstruments haben die Forscher die Unternehmen ganz am Ende des Feldes in den Mittelpunkt gestellt. Es zeigt sich: Firmen mit null Punkten bei der Mitbestimmung haben einen geringeren Anteil von dual Auszubildenden an den Beschäftigten in Deutschland als mitbestimmte. Im Durchschnitt der untersuchten Jahre von 2006 bis 2013 liegt die Ausbildungsquote bei diesen um ein Viertel höher als bei den nicht mitbestimmten (4,5 Prozent im Vergleich zu 3,6 Prozent; siehe auch die Infografik, Link unten). Im Gegensatz zur Mitbestimmung haben Unternehmensgröße und Branchenzugehörigkeit keinen statistisch messbaren Einfluss auf die Ausbildungsquote.

    Gerade im Zeitverlauf lässt sich Vitols und Scholz zufolge ein klarer Zusammenhang zwischen Mitbestimmung und nachhaltiger Unternehmensführung erkennen: Während der Finanzkrise haben die mitbestimmten Unternehmen im Interesse ihrer Zukunftssicherung die Zahl der Auszubildenden nahezu konstant gehalten. Bei ihnen waren die durchschnittlichen Ausbildungsquoten „durchgängig höher und wiesen eine höhere Kontinuität auf“ als in Firmen ohne Arbeitnehmerbeteiligung.

    Robert Scholz und Sigurt Vitols: Corporate Governance und Nachhaltige Unternehmensführung – der Mitbestimmungsindex (MB-ix) und Gute Arbeit. Mitbestimmungsreport der Hans-Böckler-Stiftung, im Erscheinen.

    Kontakt in der Hans-Böckler-Stiftung

    Dr. Norbert Kluge
    Leiter Abteilung Mitbestimmungsförderung
    Tel.: 0211-7778-199
    E-Mail: Norbert-Kluge@boeckler.de

    Rainer Jung
    Leiter Pressestelle
    Tel.: 0211-7778-150
    E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de


    Weitere Informationen:

    http://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2016_22.pdf - * Robert Scholz und Sigurt Vitols: Der Mitbestimmungsindex MB-ix, Mitbestimmungsreport der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 22, Mai 2016.
    http://boeckler.de/hbs_showpicture.htm?id=65863&chunk=2 - Infografik zum Download im Böckler Impuls 10/2016:


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).