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01.08.2016 15:44

Ramucirumab bei Magenkrebs: Zusatznutzen nicht belegt

Dr. Anna-Sabine Ernst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

    Ehemaliges Orphan Drug durchläuft reguläre frühe Nutzenbewertung / Vorgelegte Studien ungeeignet

    Ramucirumab (Handelsname Cyramza) ist ein monoklonaler Antikörper, der durch die Blockade eines Rezeptors die Neubildung von Blutgefäßen und damit auch die Blutversorgung von Tumoren verringert. Das soll das Wachstum der Tumoren hemmen. Der Wirkstoff war zunächst als sogenanntes Orphan Drug, also als Arzneimittel zur Behandlung seltener Leiden, von einem Nachweis eines Zusatznutzens ausgenommen. Durch mehrere Indikationserweiterungen hat er diesen Sonderstatus verloren.

    Nachdem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kürzlich bereits frühe Nutzenbewertungen für zwei andere onkologische Indikationen durchgeführt hat, sollte es nun anhand eines dritten Herstellerdossiers überprüfen, ob Ramucirumab Erwachsenen mit einem fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet. Da in den Studien, auf die der Hersteller sich beruft, Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) an die zweckmäßige Vergleichstherapie und an die Zielpopulation nicht umgesetzt wurden, ist ein solcher Zusatznutzen nicht belegt.

    Zugelassen als Kombinations- und Monotherapie

    Ramucirumab kann nach einer vorausgegangenen Chemotherapie zum einen in Kombination mit Paclitaxel eingesetzt werden und zum anderen allein, wenn Paclitaxel für die Betroffenen nicht geeignet ist. Der G-BA hat für beide Situationen unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: im ersten Fall eine patientenindividuelle Therapie nach Maßgabe des Arztes, und zwar unter Beachtung der jeweiligen Zulassungen, im zweiten Fall dagegen Best supportive Care (BSC).

    Kombinationstherapie: Kontrollarm entspricht nicht den Vorgaben des G-BA

    Für die erste Fragestellung führt der Hersteller die Studie RAINBOW an, in der Ramucirumab plus Paclitaxel mit Placebo plus Paclitaxel verglichen wurden. Diese Studie ist aus mehreren Gründen nicht für Aussagen über einen Zusatznutzen der Kombinationstherapie gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie geeignet. Erstens weicht die Festlegung auf Paclitaxel von der Vorgabe "patientenindividuelle Therapie nach Maßgabe des Arztes" ab. Paclitaxel ist gemäß Leitlinien nur eine von mehreren Therapieoptionen für die Zielpopulation und gegenüber den anderen Optionen nicht bevorzugt.

    Zweitens ist Paclitaxel als Monotherapie für Menschen mit fortgeschrittenem Magenkarzinom, die bereits eine Chemotherapie hinter sich haben, gar nicht zugelassen. Darauf hatte der G-BA den Hersteller im Vorfeld der Dossiererstellung explizit hingewiesen. Dasselbe gilt aber auch für die übrigen in den Leitlinien empfohlenen Wirkstoffe. Die Patientinnen und Patienten stehen in Deutschland also vor der Situation, dass die für ihre Therapie empfohlenen Wirkstoffe nicht zugelassen sind, die zugelassenen Wirkstoffe aber umgekehrt in den Leitlinien nicht empfohlen werden.

    Da der G-BA die Beachtung des Zulassungsstatus explizit angemahnt hatte, ergibt sich daraus zwangsläufig: Die Studie entspricht nicht den Anforderungen; ein Zusatznutzen von Ramucirumab plus Paclitaxel gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist mithin nicht belegt.

    Monotherapie: Studie weicht von relevanter Patientenpopulation ab

    Für die zweite Fragestellung bezieht sich der Hersteller auf die Studie REGARD, in der Ramucirumab plus Best supportive Care mit Placebo plusBest supportive Care verglichen wurde. Auch diese Studie ist zur Bewertung des Zusatznutzens nicht geeignet. Denn dafür müsste man Daten von Patientinnen und Patienten auswerten, für die eine Kombinationstherapie mit Ramucirumab und Paclitaxel nicht infrage kam. Der Anteil der Betroffenen, die in die Studie eingeschlossen wurden, obwohl sie mit der Kombination hätten behandelt werden können, beträgt aber wohl mindestens ein Drittel der gesamten Studie. Der Hersteller adressiert dieses Problem in seinem Dossier nicht.

    Daher gilt auch für die zweite Fragestellung: Ein Zusatznutzen von Ramucirumab gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ist nicht belegt.

    G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

    Die Dossierbewertungen sind Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertungen führt der G-BA Stellungnahmeverfahren durch und fasst abschließende Beschlüsse über das Ausmaß des Zusatznutzens.

    Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertungen des IQWiG geben folgende Kurzfassungen. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.


    Weitere Informationen:

    http://www.iqwig.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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