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08.08.2016 18:00

Wikinger setzten die weltweite Verbreitung der Gangpferde in Gang

Karl-Heinz Karisch Pressestelle des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.

    Einige Pferde verfügen über spezielle Gangarten, die für den Reiter komfortabler sind als Schritt, Trab oder Galopp. Wie nun ein internationales Forscherteam unter Leitung des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) herausgefunden hat, liegt der Ursprung der Gangpferde höchstwahrscheinlich im mittelalterlichen England des 9. Jahrhunderts, von wo aus sie durch die Wikinger nach Island kamen und sich später in ganz Europa und Asien verbreiteten. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe des wissenschaftlichen Fachmagazins „Current Biology“ veröffentlicht.

    Schritt, Trab oder Galopp beherrschen alle Pferde. Wer aber auf langen Strecken komfortabler im Sattel sitzen und trotzdem zügig vorankommen möchte, ist mit sogenannten Gangpferden gut bedient. Sie sind zu speziellen Gangarten fähig, wie zum Beispiel die für Islandpferde typischen Gangarten Pass oder Tölt, welche einen nahezu erschütterungsfreien Ritt ermöglichen. Verantwortlich für die Befähigung zum Pass und Tölt ist eine Mutation im DMRT3-Gen, wie unlängst eine Studie an über 4.000 Pferden verschiedener Rassen zeigte. Um die Verbreitungsgeschichte der Gangpferde zu ergründen, analysierten die Wissenschaftler deshalb diese Mutation im Erbgut von 90 Pferden von der Kupferzeit (6.000 v. Chr.) bis zum Mittelalter (11. Jh.).

    Fündig wurden die Wissenschaftler in Proben zweier englischer Pferde aus der Zeit um 850 n. Chr. und wesentlich häufiger in Islandpferden aus dem 9. bis 11. Jh.. Wahrscheinlich traten Gangpferde zuerst im mittelalterlichen England auf und wurde dann von den Wikingern nach Island verbracht. In Island gibt es Pferde seit 870 n. Chr.. Im Gegensatz dazu wurde kein Pferd aus Kontinentaleuropa (inklusive Skandinavien) oder Asien aus dem gleichen Zeitraum mit der Mutation für die alternativen Gangarten gefunden.

    Dass sich die englischen und isländischen Gangpferdepopulationen in so kurzer Zeit unabhängig voneinander entwickelten, ist unwahrscheinlich. „Es ist wesentlich plausibler, dass einige der ersten Pferde, welche nach Island kamen, die Mutation für alternative Gangarten bereits besaßen. Die Wikinger erkannten deren Wert und haben Gangpferde gezielt gezüchtet und damit den Grundstein für deren weltweite Verbreitung gelegt“, erläutert Arne Ludwig, Genetiker am IZW. Auch historische Sagen deuten darauf hin, dass isländische Pferde bereits sehr früh spezielle Gangarten beherrschten. Auch wenn noch nicht vollständig geklärt ist, woher die Islandpferde stammen, wurde bisher angenommen, dass sie zusammen mit den Wikingern aus Skandinavien auf die Insel kamen. Da die Mutation bei skandinavischen Pferden aus dem 9. Jh. aber bisher nicht gefunden wurde, müssen auch Pferde aus anderen Regionen nach Island verbracht worden sein.

    Es ist historisch belegt, dass die Wikinger wiederholt in Großbritannien brandschatzten und im 9. Jh. das Gebiet des heutigen Yorkshire unterwarfen – genau die Region, aus der die zwei historischen Gangpferde stammen. „Es liegt also nahe, dass die Wikinger erstmals in England auf Gangpferde trafen und sie von dort mit nach Island nahmen“, erklärt Saskia Wutke, Doktorandin am IZW und Erstautorin der Studie. Die große Häufung dieser Genvariante in den frühen isländischen Pferden spricht dafür, dass die isländischen Siedler bevorzugt Gangpferde züchteten – offenbar erwies sich deren komfortable Gangart als besonders geeignet für das Zurücklegen langer Strecken im unwegsamen Gelände.

    Publikation:
    Wutke S, Andersson L, Benecke N, Sandoval-Castellanos E, Gonzalez J, Hallsson JH, Lembi L, Magnell O, Morales-Muniz A, Orlando L, Pálsdóttir AH, Reissmann M, Muñioz-Rodríguez MB, Ruttkay M, Trinks A, Hofreiter M, Ludwig A (2016): The Origin of Ambling Horses. CURR BIOL 26, 697-698. DOI: 10.1016/j.cub.2016.07.001. http://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(16)30752-7

    Kontakt:

    Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
    Alfred-Kowalke-Str. 17
    10315 Berlin
    Germany

    Arne Ludwig
    Tel.: +49-30-5168-312
    ludwig@izw-berlin.de

    Steven Seet (Presse)
    Tel.: +49 30 5168-125
    seet@izw-berlin.de

    Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist eine national und international renommierte Forschungseinrichtung, die anwendungsorientierte und interdisziplinäre Grundlagenforschung in den Bereichen Evolutionsökologie und -genetik, Wildtierkrankheiten, sowie Reproduktionsbiologie und -management bei Zoo- und Wildtieren betreibt. Das IZW gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB), einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. In ihnen arbeiten mehr als 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft.


    Weitere Informationen:

    http://www.izw-berlin.de


    Bilder

    Islandpony im Passschritt während einer Weltmeisterschaft.
    Islandpony im Passschritt während einer Weltmeisterschaft.
    Foto: Monika Reissmann
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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