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01.09.2016 11:30

Gesundheitsangaben auf Lebensmitteln – Ergebnisse von EU-Projekt

Gerhild Sieber Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Inwiefern sich Konsumenten beim Einkauf von Lebensmitteln durch Gesundheitsangaben auf den Verpackungen – so genannten Health Claims – beeinflussen lassen, hängt stark von deren Gestaltung ab. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung (IKV) der Saar-Uni unter Leitung von Professorin Andrea Gröppel-Klein. Die Studie ist Teil des EU-Forschungsprojekts CLYMBOL, an dem 14 europäische Expertenteams aus neun Ländern von 2012 bis 2016 gearbeitet haben. Ziel ist es, die Gestaltung der „Health Claims“ zu verbessern, um die Kunden zu gesünderen Kaufentscheidungen zu animieren.

    Die Forschungsergebnisse wurden im Sommerauf einer Abschlusskonferenz in Brüssel vorgestellt.

    „Die Formulierungen auf Nahrungsmittel- und Getränkeverpackungen sind zum Teil abstrus; unsere Studie zeigt, dass die Konsumenten davor zurückschrecken“, sagt Andrea Gröppel-Klein. Welchen Angaben Kunden die meiste Aufmerksamkeit schenken und für welches Produkt sie sich entscheiden, haben die Saarbrücker BWL-Professorin und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Stephanie Leick unter anderem in Supermärkten der Globus Warenhaus Holding untersucht.

    Die Empfehlungen, die sich aus den Tests ableiten lassen, fasst Andrea Gröppel-Klein so zusammen: „Die Formulierungen sollten so gewählt werden, dass Konsumenten sie sofort verstehen. Sie sollten also nicht zu komplex sein und keine unbekannten Ausdrücke enthalten.“ Die Versuche zeigten aber auch eindeutig, dass die Angaben mit neuen – verständlichen – Inhalten kombiniert werden sollten, sonst lasse das Interesse der Kunden rapide nach. Zusätzlich kann die Aufmerksamkeit der Kunden durch Bilder mit Bezug zum Slogan erhöht werden. Und: Kunden lassen sich auf ein bestimmtes Thema „briefen“: Beispielsweise sensibilisiert das Plakat „Gesundes Frühstück“ die Konsumenten für Gesundheitsangaben.

    In einer ersten Versuchsreihe wurden die Verkaufszahlen eines Olivenöls mit hohem Vitamin-E-Gehalt erfasst. Dabei wurden drei verschiedene Formulierungen getestet: die allgemeine Angabe „fruchtig und geschmackvoll“, die Nährwertangabe „reich an Vitamin E“ sowie die Gesundheitsangabe „reich an Vitamin E: Vitamin E trägt zum Schutz von Zellen gegen oxidativen Stress bei“. Jede Beschriftungsvariante war zwei Wochen lang im Globus-Verkaufsregal zu finden. Ergebnis: „Flaschen mit der einfachen Nährwertangabe ‚reich an Vitamin E‘ wurden häufiger verkauft als die Flaschen, deren Aufdrucke die komplexere Gesundheitsangabe zeigten“, sagt Andrea Gröppel-Klein. „Leicht verständliche Gesundheitsangaben erregen beim Kunden die höchste Aufmerksamkeit“, so das Resultat. Experimente in einem virtuellen Supermarkt bestätigten das: Hier wurde die Erregung von Probanden beim Begutachten der Beschreibungen mittels Sensoren an den Handinnenflächen gemessen. Und auch das Eye-Tracking, das mithilfe einer speziellen Brille die Blickbewegungen der Versuchspersonen aufzeichnet, führte zum gleichen Ergebnis.

    Weitere Versuche führten die Saarbrücker Wissenschaftler im Globus-Experimental-Supermarkt in Kaiserslautern durch, wo Saft und Müsli mit verschiedenen Beschriftungsvarianten verkauft wurden: „Der Aufdruck ‚Mit Vitamin C: Für eine normale Straffheit der Haut‘ war am erfolgreichsten; Kunden betrachteten ihn öfter und länger als kompliziertere Formulierungen und wählten das Produkt am häufigsten aus“, berichtet Professorin Gröppel-Klein und erklärt: „Die Beschreibung kombiniert eine vertraute Nährwertangabe – ‚Vitamin C‘ – mit einer bekannten Gesundheitsfunktion – ‚strafft die Haut‘. Neu sei für die Kunden allerdings die Verbindung dieser beiden Angaben. „Ein wenig neue Information sollten die Aussagen also enthalten“, rät Andrea Gröppel-Klein.

    Sehr vertraute Kombinationen seien dagegen wenig erfolgreich. Die Wissenschaftler sprechen dann vom „Wear-out effect“ (Abnutzungseffekt). So sinkt bei der Formulierung „Vitamin C trägt zur Stärkung des Immunsystems bei“ die Aufmerksamkeit der Kunden rapide. Weiter zeigten die Tests im Supermarkt, wie sich Konsumenten so beeinflussen lassen, dass sie stärker auf das Ziel „Gesundheit“ achten: Plakate mit der Aufschrift „Gesundes Frühstück“ und ein gedeckter Frühstückstisch samt Obst und Müslischale führten dazu, dass die Kunden die Gesundheitsangaben stärker beachteten. Außerdem zeigten die Saarbrücker Forscher die Rolle von Bildern und Symbolen: „Bilder, die einen Bezug zum Slogan haben, erhöhten die Aufmerksamkeit“, resümiert Professorin Gröppel-Klein.

    Die „Health-Claims-Verordnung“ der EU regelt Nährwertangaben (beispielsweise „zuckerfrei“, „fettreduziert“ oder „reich an Vitamin C“) oder Gesundheitsangaben (unter anderem „cholesterinsenkend“ oder „stärkt die Abwehrkräfte“) auf Nahrungsmittel- und Getränkeverpackungen. Die Werbeaussagen müssen sich nicht nur an detaillierte Vorgaben halten, sondern auch wissenschaftlich nachprüfbar sein.

    Am EU-Forschungsprojekt CLYMBOL (Role of health related claims and symbols in consumer behaviour) beteiligt waren unter anderem auch die Universitäten Oxford, Wageningen, Aarhus und Kopenhagen. Das verhaltenswissenschaftlich orientierte IKV der Universität des Saarlandes hat seine empirischen Studien gemeinsam mit dem SB-Warenhaus Globus durchgeführt und das Kundenverhalten am „Point-of-Sale“, also am Verkaufsort, untersucht.

    Ein Foto von Prof. Andrea Gröppel-Klein können Sie herunterladen unter:
    http://www.uni-saarland.de/pressefotos

    Weitere Informationen zum EU-Forschungsprojekt: http://www.clymbol.eu

    Pressemitteilung zum Thema aus dem Jahr 2012:
    https://idw-online.de/de/news505839

    Kontakt:
    Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein
    Universität des Saarlandes, Institut für Konsum- und Verhaltensforschung
    Tel. 0681 302-2135
    E-Mail: ikv@ikv.uni-saarland.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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