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Wissenschaft
Ralf Bartenschlager, Virologe und Krebsforscher am Universitätsklinikum Heidelberg und am Deutschen Krebsforschungszentrum, erhält den mit 250 000 Dollar dotierten Lasker~DeBakey Preis für klinisch-medizinische Forschung. Der Lasker-Preis, den die New Yorker Lasker-Foundation jährlich in drei Kategorien vergibt, ist die höchste medizinisch-wissenschaftliche Auszeichnung in den USA. Viele Preisträger haben später den Medizin-Nobelpreis erhalten. Bartenschlager war es mit seiner Arbeitsgruppe erstmals gelungen, das Hepatitis C-Virus im Labor zu vermehren.
Damit schufen sie die wesentliche Voraussetzung dafür, zielgerichtete Medikamente gegen das Virus zu entwickeln, das bei chronischer Infektion zu Leberzirrhose und Leberkrebs führt.
„Ich freue mich außerordentlich und bin zutiefst dankbar für die Auszeichnung mit dem Lasker~DeBakey Award“, sagte Ralf Bartenschlager in einer ersten Stellungnahme. „Vor allem danke ich auch meinen Mitarbeitern und Kollegen, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, diese erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeiten zum Hepatitis C-Virus zu leisten.“ Gleichzeitig gab der Preisträger zu bedenken: „Der Preis spornt uns dazu an, diesen tückischen Krankheitserreger weiter zu erforschen. Wenn man die weltweite Verbreitung des Virus bedenkt wird klar, dass es noch lange nicht besiegt ist: Es fehlt nach wie vor ein Impfstoff, der vor der Infektion schützt und viel zu viele Menschen sind ohne es zu wissen mit dem Hepatitis C Virus infiziert.“ Bartenschlager erhält den Preis gemeinsam mit Charles Rice, Rockefeller University, New York, und Michael Sofia, Arbutus Biopharma, USA. Die feierliche Verleihung des Awards findet am 23. September 2016 in New York statt.
Bartenschlager hatte in den 1990er Jahren ein Zellkultursystem entwickelt, das es erlaubt, Minigenome des Hepatitis C-Virus, sogenannte Replicons, in menschlichen Leberzelllinien zu vermehren und in den Folgejahren dieses System optimiert. Damit war der Weg geebnet, wesentliche Schritte des Vermehrungszyklus der Hepatitis C-Viren zu erforschen und wirksame zielgerichtete Medikamente zu entwickeln. Das erste Medikament gegen Hepatitis C wurde 2014 zugelassen, es führt bei 95 Prozent der Patienten zu einer vollständigen Heilung der Infektion.
Leberkrebs als Folge der Infektion mit Hepatitis-Viren
Im DKFZ erforscht Ralf Bartenschlager mit seinen Mitarbeitern der Abteilung „Virus-assoziierte Karzinogenese“ nach welchen Grundprinzipien Virusinfektionen zu Krebs führen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Leberkrebs, einem der weltweit häufigsten und tödlichsten Tumoren: Die Weltgesundheitsorganisation spricht von ca. 782 000 Neuerkrankungen pro Jahr, damit ist Leberkrebs der fünfthäufigste bösartige Tumor und die zweithäufigste tumorbedingte Todesursache (746 000 Todesfälle im Jahr 2012). In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 8000 Menschen an Leberkrebs, fast genauso viele versterben daran. Etwa die Hälfte der Fälle geht auf eine Infektion mit Hepatitis B oder C-Viren zurück. „Das ist medizinisch hoch relevant“, sagt Bartenschlager, „denn weltweit sind etwa 230 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis B-Virus und 130 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis C-Virus infiziert, in Deutschland sind es ca. 400 000. Chronisch heißt, das Virus nistet sich in den Leberzellen dauerhaft ein, was zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann.“
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei chronisch Infizierten Leberkrebs entwickelt, wird durch Stoffwechselstörungen, Alkoholmissbrauch und vor allem durch die von der Infektion verursachte chronische Entzündung begünstigt. Da Lebertumoren derzeit nur begrenzt behandelt werden können, sind neue Therapieansätze sowie sensitive diagnostische Verfahren dringend erforderlich. „Wir beschäftigen uns deshalb intensiv mit der Frage: Wie gelingt es den Viren, die Immunabwehr zu umgehen und sich dauerhaft einzunisten? Außerdem wollen wir verstehen, welche molekularen Tricks der Viren die chronisch infizierten Leberzellen entarten lassen und welche Rolle die zusätzlichen Risikofaktoren dabei spielen“, ergänzt Bartenschlager.
Infektionen für 20 Prozent aller Krebsfälle weltweit verantwortlich
„Wir freuen uns sehr mit Ralf Bartenschlager über den Lasker Award. Der Preis ist eine großartige Auszeichnung für seine zukunftsweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Hepatitis-Forschung“, sagte Michael Boutros, kommissarischer wissenschaftlicher Stiftungsvorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums. „Wir sind stolz darauf, dass Ralf Bartenschlager als Sprecher unseren Forschungsschwerpunkt „Infektion, Entzündung und Krebs“ koordiniert und diesen wichtigen Bereich der Krebsforschung erfolgreich weiter entwickelt.“ Harald zur Hausen hatte als langjähriger Vorstandsvorsitzender des DKFZ in den 1980er Jahren diesen Forschungsschwerpunkt aufgebaut und für seine Entdeckung, dass humane Papillomviren Gebärmutterhalskrebs auslösen, im Jahre 2008 den Nobelpreis für Medizin erhalten. „Damit geht bereits zum zweiten Mal eine wichtige Auszeichnung an einen Wissenschaftler des DKFZ aus diesem Forschungsbereich“, freute sich Boutros. Neben Hepatitis C- und Hepatitis B-Viren erforschen DKFZ-Wissenschaftler in diesem Forschungsschwerpunkt verschiedene weitere krebserregende Viren wie die Humanen Papillomviren oder das Epstein-Barr-Virus. Rund 20 Prozent aller Krebsfälle weltweit gehen auf eine Infektion mit Viren, Bakterien oder Parasiten zurück. Ebenfalls Gegenstand der Krebsforschung im DKFZ sind onkolytische Viren wie Parvoviren, die Krebszellen gezielt vernichten.
Auch Harald zur Hausen gratulierte dem Preisträger. „Die Arbeiten von Ralf Bartenschlager zeigen sehr deutlich, wie wichtig die Grundlagenforschung in der Medizin ist. Seine Arbeiten haben es ermöglicht, die grundlegenden Strategien der Hepatitis C-Virus-Infektion zu verstehen. So konnten wirksame Medikamente entwickelt werden, die in den meisten Fällen das Virus eliminieren und so eine der häufigen krebsbedingten Todesursachen verhindern.“
Hintergrund:
Ralf Bartenschlager studierte Biologie an der Universität Heidelberg. Nach Diplom (1987) und Promotion (1990) in Heidelberg am Zentrum für Molekulare Biologie ging er bis 1993 als Postdoc zu Hoffmann-La Roche in Basel, Schweiz. Hier begann er seine wissenschaftlichen Arbeiten am Hepatitis C-Virus. Zurück in Deutschland habilitierte er sich 1999 im Fachbereich Virologie an der Universität Mainz und wurde dort 2000 zum Professor für Molekulare Virologie berufen. 2002 erhielt Bartenschlager eine Chica und Heinz Schaller Stiftungsprofessur für Molekulare Virologie an der Universität Heidelberg. Im Universitätsklinikum ist er seit dieser Zeit Direktor der Abteilung für Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie. Seit Anfang 2014 leitet er parallel die Abteilung „Virus-assoziierte Karzinogenese“ am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und ist Sprecher des dortigen Forschungsschwerpunktes „Infektion, Entzündung und Krebs“.
Im Jahr 2013 wurde Bartenschlager mit dem Lautenschläger-Forschungspreis und 2015 mit dem Robert-Koch-Preis ausgezeichnet. Seit 2013 ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Ralf Bartenschlager ist erst der dritte deutsche Forscher, der den Lasker~DeBakey Award für klinisch-medizinische Forschung erhält.
Mary Lasker war eine einflussreiche US-amerikanische Aktivistin und Lobbyistin im Gesundheits- und medizinischen Forschungssektor. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie 1945 die Albert-Lasker Foundation und setzte sich dafür ein, dass mehr Geld in die medizinische Forschung fließt. Nachdem sie ihren Mann 1952 an Krebs verloren hatte, war ihr der Kampf gegen den Krebs ein besonderes Anliegen. So war sie die prominenteste Fürsprecherin für den National Cancer Act 1971, der den „War on Cancer“ der USA begründete und das Budget für das US-amerikanische National Cancer Institute deutlich erhöhte.
Ein Foto von Ralf Bartenschlager steht zum Download zur Verfügung:
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Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Biologie, Medizin
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Personalia, Wettbewerbe / Auszeichnungen
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