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Universität Gießen wird Kooperationsabkommen zur Höhenforschung mit der Universität Tibet in Lhasa erweitern – Gemeinsame Forschungsprojekte, Wissenschaftleraustausch und Nachwuchsförderung
Wie passen sich Menschen in großer Höhe an den eigentlich tödlichen Sauerstoffmangel an? In über 6.000 Metern Höhe ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Sauerstoffmangel wichtige Organe wie Herz, Lunge und Gehirn versagen lässt. Welche Mechanismen wirken, wenn Menschen widerstandsfähig gegen Sauerstoffmangel werden, untersucht ein Team um den renommierten Gießener Lungenforscher Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Tibet in Lhasa (autonome Region Tibet, VR China), der Peking University und des Imperial College in London, Großbritannien, im Tibetischen Hochland. Nun soll das Kooperationsabkommen zwischen der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und der Universität Tibet erneuert werden. Um die Unterzeichnung des erweiterten Abkommens vorzubereiten, waren JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee und Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani mit einer Wissenschaftlerdelegation nach Tibet gereist. Mit in Lhasa waren Prof. Dr. Norbert Weißmann, Prof. Dr. Ralph Schermuly und Dr. Akylbek Sydykov, alle vom Fachbereich 11 – Medizin der JLU sowie Prof. Lan Zhao und Prof. Martin Wilkins, beide vom Imperial College London.
„Die bevorstehende Erneuerung dieses Kooperationsabkommens passt sehr gut zu unserer Regionalstrategie China, die wir in den kommenden Jahren weiterentwickeln wollen“, so JLU-Präsident Prof. Mukherjee. „Ich freue mich sehr, dass wir mit unseren Kooperationspartnern bereits auf sehr erfolgreiche Verbundprojekte in der Höhenforschung zurückblicken können.“ Während eines Treffens mit Vertretern der Universität und regionaler Politik betonte der Präsident der Universität Tibet, Professor Jian-Zhou Ji, dass die Kooperation mit der Universität Gießen „die einzige langfristige internationale Partnerschaft und somit von strategischer Bedeutung für die Universität Tibet“ sei. Der Gesundheitsminister der autonomen Region Tibet, Yunting Wang, ergänzte: „Diese einmalige Kooperation hat unsere volle Unterstützung, und wir hoffen, dass aus der Forschungsarbeit unserer und der deutschen Forscher neue Therapien für Menschen in unserer Region entwickelt werden, die an chronischer Höhenkrankheit leiden.“
So wurde im Rahmen dieser Kooperation weltweit erstmals eine Untersuchungsreihe mit über 3.000 Menschen durchgeführt, die in großen Höhen leben. Neben Untersuchungen der Herz- und Lungenfunktion wurden auch Blutproben für genetische Analysen genommen. Für die Studie wurden beispielsweise die Werte von Studierenden aus Zentralchina verglichen mit denen von Studierenden, deren Familien schon seit Generationen im Tibetischen Hochland wohnen. Andere Probandinnen und Probanden leben auf 4.000 Metern Höhe; selbst in 5.000 Metern Höhe ließen sich noch rund 400 Menschen für die Studie rekrutieren, die dauerhaft in dieser Höhe leben. „Die ersten Ergebnisse liegen nun vor, sie sind spektakulär, und wir werden bald publizieren“, so Prof. Ghofrani, Inhaber der Professur für Pulmonary Vascular Medicine an der JLU und Preisträger des Deutschen Zukunftspreises 2015 für Technik und Innovation des Bundespräsidenten, den er gemeinsam mit zwei Kollegen vom Bayer-Konzern für die Entwicklung eines Medikaments gegen Lungenhochdruck erhalten hat.
Ein permanentes Höhenforschungslabor auf der tibetischen Seite des Mount Everest in 6.000 Metern Höhe befindet sich im Bau und soll in der zweiten Förderperiode fertiggestellt werden. Hier wird aktuell während der Bergsteiger-Saison geforscht, da die Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die sich im Basiscamp an die Höhe anpassen, ideale Probandinnen und Probanden für die Lungenforschung darstellen.
Während der ersten Förderperiode der gemeinsamen Höhenforschung in Gießen und Tibet wurde auch der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im klinischen und im präklinischen Bereich der Lungenforschung intensiviert. So haben tibetische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der JLU Techniken erlernt, die sie im neuen Grundlagenforschungslabor an der Tibet-Universität in Lhasa anwenden können. Beim Aufbau und der Einrichtung dieses Labors haben die Gießener Lungenforscherinnen und Lungenforscher geholfen. In der klinischen Weiterbildung standen beispielsweise echokardiographische Techniken auf dem Programm. Ein gemeinsames Symposium in Gießen im Jahr 2014, der „Sino-German High Altitude Summit“, wurde vom Chinesisch-Deutschen Zentrum für Wissenschaftsförderung unterstützt – was den Zugang zu weiteren Förderlinien sowie einer Projektförderung ermöglicht.
Die gemeinsame Höhenforschung wird durch die Regierung der autonomen Region Tibet und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützt. Auch Forscherinnen und Forscher des von Gießen aus koordinierten Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) sowie Arbeitsgruppen des UGMLC (Universities of Giessen and Marburg Lung Center) sind an dem Projekt beteiligt.
Auch für die Breitenmedizin ist die Höhenforschung von großer Bedeutung: Denn die Situation in 6.000 Metern Höhe gleicht der von chronisch Lungenkranken, aber auch der von intensivmedizinisch betreuten Patientinnen und Patienten. Die Forscherinnen und Forscher möchten die Mechanismen ergründen, wie auf zellulärer Ebene eine Resistenz gegen Sauerstoffmangel entsteht – und wie sich die Akklimatisierung an Sauerstoffmangel beschleunigen lässt. Denn Sauerstoffmangel tritt auch bei Krankheiten wie Schlaganfall und Herzinfarkt auf. Eine solche medizinische Notfallsituation könnte mit Therapien, die auf Erkenntnissen der Höhenforschung basieren, besser überstanden werden.
Die Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kooperieren in der Höhenforschung auch mit Forscherteams in Kirgistan – dort wird gerade in 4.000 Metern Höhe ein Höhenforschungslabor eingerichtet –, in Chile, Peru und in den USA (Denver). „Höhenstudien in verschiedenen Regionen sind wichtig, weil sich die klimatischen Bedingungen und die Lebensbedingungen der Menschen unterscheiden“, so Prof. Ghofrani. „Die Ernährung und der sozioökonomische Status können einen Einfluss auf die Anpassungsfähigkeit an Sauerstoffmangel haben.“ Auch der Breitengrad einer Region spielt eine Rolle: So unterscheidet sich der Sauerstoffpartialdruck, der die Löslichkeit des Sauerstoffs im Blut beeinflusst, bei gleicher Höhe je nach Entfernung eines Ortes vom Äquator.
Kontakt
Prof. Dr. Ardeschir Ghofrani
Professor für Pulmonary Vascular Medicine
Aulweg 130, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99 42422
E-Mail: ardeschir.ghofrani@innere.med.uni-giessen.de
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Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die über 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System – ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture – GCSC).
JLU-Präsident Prof. Joybrato Mukherjee (l.) erhält ein Gastgeschenk von dem Präsidenten der Tibet U ...
Foto: Akylbek Sydykov
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Die Delegation aus Gießen und London vor dem Potala-Palast in Lhasa.
Foto: Akylbek Sydykov
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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