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Wissenschaft
Die Art der Ernährung spiegelt sich im Körperbau wider
Pflanzenfressende Säugetiere haben größere Bäuche als ihre meist schlanken, fleischfressenden Artgenossen. Dies weist erstmals eine internationale Studie der Universität Zürich und der TU Berlin anhand von 3D-Rekonstruktionen von Tierskeletten nach. Bei den Dinosauriern lässt sich dagegen kein Unterschied zwischen Fleisch- und Pflanzenfressern ausmachen.
Was haben riesige Dinosaurier mit kleinen Spitzmäusen gemeinsam? Beides sind vierbeinige Wirbeltiere, Tetrapoden genannt. Tetrapoden haben im Laufe ihrer Entwicklung vielfältige Körpergrößen und Körperformen von der Maus bis zum Saurier herausgebildet, um sich den unterschiedlichen Umgebungen anzupassen. Ihre Ernährungsgewohnheiten reichen vom reinen Pflanzenfresser bis zum aggressiven Fleischfresser und ihr Körperbau spiegelt diese Nahrungsvielfalt wider. Da Pflanzen meist weniger gut verdaulich sind als Fleisch, benötigen Pflanzenfresser größere Därme und darum voluminösere Bäuche, vermutet man. Allerdings wurde diese These bislang nie wissenschaftlich untersucht.
Kein Unterschied bei den Dinosaurieren
Ein europäisches Forschungsteam unter der Leitung der Universität Zürich und der TU Berlin hat nun die Form des Brustkorbes von über 120 Vierbeinern aus der Urzeit bis heute untersucht. Mithilfe von Photogrammetrie und Computer-Bildgebungsverfahren erstellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine 3D-Datenbank für Skelette von Dinosauriern, Reptilien, Vögeln, Säugetieren und fossilen Synapsiden (säugetierähnliche Reptilien). Anhand der computergestützten visuellen Auswertung dieser Daten rekonstruierten sie das Volumen der Körperhöhle, die durch Wirbelsäule, Brustkorb und Becken abgegrenzt ist.
Das Ergebnis: Bei den Säugetieren haben Pflanzenfresser im Durchschnitt eine zweimal so große Körperhöhle wie Fleischfresser ähnlicher Körpergröße. „Dies ist ein deutlicher Hinweis dafür, dass pflanzenfressende Säugetiere tatsächlich größere Därme haben“, erklärt Prof. Dr. Marcus Clauss, Professor für Vergleichende Verdauungsphysiologie von Wildtieren der Universität Zürich. Weitaus überraschender ist jedoch, dass dieses Muster bei den restlichen Tetrapoden nicht ersichtlich ist. „Wir waren verblüfft, dass sich bei den Dinosauriern nicht der geringste Unterschied zwischen Fleisch- und Pflanzenfressern feststellen lässt“, erklärt der Erstautor Marcus Clauss. In der Studie wurden zahlreiche fossile Arten von den frühesten Amphibien bis zu den größten pflanzenfressenden Dinosauriern und Mammuts untersucht.
Computergestützte Visualisierung
„Dies war eines der spannendsten Projekte unserer Computer-Vision-Gruppe“, sagt Irina Nurutdinova von der TU Berlin, die die computer-basierte Visualisierung geleitet hat. „Man ist heute 3D-Animationen von Dinosauriern und anderen Tieren so gewohnt, dass viele Leute überrascht sein würden, wie viel Expertise für solche Rekonstruktionen immer noch notwendig ist. Während der Arbeiten waren wir mit vielen interessanten Problemen konfrontiert, die das große Potential von Computer-Vision-Forschung in diesem Gebiet zeigen. Die größte Herausforderung war es, zwischen der Automatisierung von Arbeitsschritten und Experten-basierter Handarbeit ein Gleichgewicht zu finden“, erzählt Irina Nurutdinova. Und Prof. Dr. Olaf Hellwich von der TU Berlin fügt hinzu: „Es ist faszinierend zu erleben, wie man mit modernen Techniken neues Wissen über fossile Lebensformen gewinnen kann.“
Grundlegender Unterschied in der Morphologie
Die Resultate können nun einerseits darauf hindeuten, dass es schwierig ist, Dinosaurierskelette zuverlässig zu rekonstruieren. „Der Befund kann andererseits auch aufzeigen, dass es einen grundlegenden Unterschied bei den morphologischen Prinzipien zwischen den Säugetieren und anderen Tetrapoden gibt“, erklärt Clauss. So könnte etwa ein unterschiedlicher Atmungsapparat für die divergierende Auswirkung der Ernährung auf den Körperbau bei Säugetieren und Dinosauriern verantwortlich sein, vermutet der Wissenschaftler.
Fotomaterial zum Download
http://www.tu-berlin.de/?id=179367
Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
Prof. Dr. Olaf Hellwich / Irina Nurutdinova
TU Berlin
Fachgebiet Computer Vision & Remote Sensing
Tel.: 030/314-233 20
E-Mail: olaf.hellwich@tu-berlin.de
Prof. Dr. Marcus Clauss
Universität Zürich
Vetsuisse-Fakultät Zoo-, Heim- und Wildtiere
Tel: + 41 44 635 83 76
E-Mail: mclauss@vetclinics.uzh.ch
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Informationstechnik, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch
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