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05.12.2016 11:00

Familienmitglied mit speziellen Kontakten

Julia Wandt Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Konstanz

    An der Universität Konstanz wurde entdeckt, wie das Chaperon Ssb mit dem Ribosom Kontakt aufnimmt

    20 Jahre lang haben Forschende versucht herauszufinden, warum das Chaperon Ssb als einziges Mitglied der weit verbreiteten Hsp70-Chaperon-Familie direkt am Ribosom binden kann. An der Universität Konstanz wurde dieses Geheimnis nun gelüftet. Im Rahmen einer Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Elke Deuerling und Prof. Dr. Christine Peter innerhalb des Sonderforschungsbereichs (SFB 969) „Chemical and Biological Principles of Cellular Proteostasis“ und der Graduiertenschule Chemische Biologie wurden zwei Stellen innerhalb des Ssb-Chaperons identifiziert, die einen direkten Kontakt zum Ribosom vermitteln und somit die Funktion von Ssb unterstützen. „Wir können zeigen, dass Ssb vor allem über positiv geladene Aminosäuren mit dem Ribosom interagiert“, sagt Prof. Dr. Elke Deuerling, die SFB 969-Sprecherin, in deren Arbeitsbereich die Stellen entdeckt wurden. Die Ergebnisse werden in der Ausgabe des renommierten Wissenschaftsjournals Nature Communications vom 5. Dezember 2016 veröffentlicht.

    Das Chaperon Ssb gehört zu der evolutionär hochkonservierten Hsp70-Chaperon-Familie, die in allen Lebewesen zu finden ist. Hsp70-Chaperone spielen eine zentrale Rolle bei der korrekten Proteinfaltung – der Erlangung der richtigen Struktur eines Proteins –, bei der Verhinderung von Proteinmissfaltung sowie beim Transport von Proteinen. Als einziges Mitglied dieser Familie hat Ssb direkten Kontakt mit dem Ribosom und ist schon sehr früh aktiv, wenn neue Proteine im Ribosom synthetisiert werden. „Diese Fähigkeit ist einmalig und nicht auf den ersten Blick beim Vergleich mit anderen Hsp70-Chaperonen erkennbar. Nur wenige Aminosäuren verleihen Ssb diese zusätzliche Eigenschaft und zeigen, wie flexibel Hsp70-Chaperone sein können“, erklärt die Molekularbiologin Elke Deuerling, deren Mitarbeiterin Dr. Anne Hanebuth in ihrer Dissertation federführend zur Entdeckung der Ssb-Bindestellen beigetragen hat.

    Bei verschiedenen Experimenten haben die Biologen herausgefunden, dass die Bindestellen von Ssb unter normalen (Labor-)Bedingungen nicht essentiell sind. Werden sie mutiert, ändert sich erst einmal nichts für die Hefezelle, in der sie vorkommen. Dies ist jedoch nicht mehr der Fall, wenn das Co-Chaperon RAC fehlt, ein ebenfalls Ribosomen-gebundener Komplex, der Ssb in seiner Funktion unterstützt. Ohne RAC kommt es in Anwesenheit der Ssb-Mutante zu Fehlern bei der Proteinfaltung, und ausgeprägte zelluläre Defekte treten auf. „Wir glauben, dass diese multivalenten Interaktionen mit den Bindestellen und RAC es dem Chaperon Ssb erlauben, sich optimal am Ribosom zu positionieren“, so Elke Deuerling. Diese richtige Position am Ribosom zu finden ist für die Wirksamkeit des Chaperons grundlegend wichtig.

    Das Ribosomen-gebundene Chaperon Ssb gibt es, im Gegensatz zum Co-Chaperon RAC, nur in Pilzen wie der Hefe. Dort spielt es jedoch eine fundamentale Rolle. In höheren Zellen arbeitet RAC vermutlich mit anderen Hsp70-Chaperonen zusammen. Deshalb gehen die Forschenden davon aus, dass das RAC-Hsp70-Chaperon-System generell eine große Bedeutung dabei hat, Proteine richtig zu falten und die Zellen fit zu halten. „Wie das RAC-Hsp70-System in höheren Zellen arbeitet und welche Auswirkungen es auf krankheitsrelevante Proteine hat, wird ein großes Thema im SFB sein“, stellt Elke Deuerling fest. Zu den Ergebnissen hinsichtlich des Ssb-Chaperons sagt sie: „Es war eine großartige Team-Arbeit innerhalb der Universität Konstanz und mit renommierten Gruppen aus Heidelberg und Stanford. Computersimulationen der molekularen Dynamik von Ssb gaben Hinweise auf wichtige molekulare Wechselwirkungen innerhalb des Ssb-Proteins. Dies führte zu Hypothesen über die Ribosom-Interaktion, die mit weiteren genetischen, biochemischen und kinetischen Ansätzen untersucht wurden. So kamen wir Stück für Stück zu unseren Ergebnissen.“

    Originalveröffentlichung:
    Marie A. Hanebuth, Roman Kityk, Sandra J. Fries, Alok Jain, Allison Kriel, Veronique Albanese, Tancred Frickey, Christine Peter, Matthias P. Mayer, Judith Frydman, Elke Deuerling: Multivalent contacts of the Hsp70 Ssb contribute to its architecture on ribosomes and nascent chain interaction. Nature Communications, 5. Dezember 2016.
    DOI: 10.1038/NCOMMS13695
    http://www.nature.com/ncomms

    Faktenübersicht:
    • Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Die Konstanzer Biologin Prof. Dr. Elke Deuerling und ihre Mitarbeiterinnen Dr. Marie Anne Hanebuth und Sandra J. Fries; die Konstanzer Chemikerin Prof. Dr. Christine Peter und ihr Mitarbeiter Dr. Alok Jain; der Bioinformatiker Prof. Dr. Tancred Frickey; die Biologin und Gastprofessorin Prof. Judith Frydman, Ph.D., von der Stanford University, USA; der Biologe Prof. Dr. Matthias P. Mayer von der Universität Heidelberg und sein Mitarbeiter.
    • Laufzeit des SFB 969: Seit 2012. Verlängerung 2016 für eine zweite Laufzeit bis 2019.
    • Fördersumme: Bis 2019 rund 18 Millionen Euro.
    • Inhalt: Mit dem regulatorischen Netzwerk der Proteostase Erforschung grundlegender chemischer und biologischer Prozesse, die die zelluläre Aktivität von Proteinen kontrollieren.
    • Beteiligte Fachbereiche: Biologie und Chemie.

    Hinweis an die Redaktionen:
    Ein Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:
    ttps://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2016/Deuerling-Uni-KN-2016.jpg
    Bildunterschrift:
    Von links nach rechts: Prof. Dr. Elke Deuerling, Dr. Marie Anne Hanebuth, Sandra Fries, Dr. Alok Jain, Prof. Dr. Christine Peter.
    Foto: Universität Konstanz

    Kontakt:
    Universität Konstanz
    Kommunikation und Marketing
    Telefon: + 49 7531 88-3603
    E-Mail: kum@uni-konstanz.de
    - uni.kn


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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