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03.01.2017 14:49

Neue Einblicke in die Ursachen der chronischen Gallengangsentzündung

Dr. Tebke Böschen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Exzellenzcluster Entzündungsforschung

    In einer internationalen Kooperation haben Wissenschaftler des Exzellenzclusters Entzündungsforschung Varianten in vier genetischen Abschnitten identifiziert, die das Risiko für primär sklerosierende Cholangitis (PSC) stark erhöhen. Daraus ergeben sich neuartige Einblicke in die Ursachen der chronisch fortschreitenden Entzündungskrankheit, bei der die Gallengänge innerhalb und außerhalb der Leber verengen. Betroffene haben häufig auch eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, vor allem Colitis ulcerosa. Bereits in früheren Studien unter Beteiligung des Exzellenzclusters wurden 16 genetische Risikoregionen für PSC identifiziert.

    „Wir haben vier neue Loci gefunden und für eine dieser vier Regionen haben wir schon eine Idee, was biologisch dahinter stecken könnte“, sagt Professor David Ellinghaus vom Institut für Klinische Molekularbiologie an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). „Und zum ersten Mal können wir jetzt eine quantitative Aussage dazu machen, wie ähnlich sich chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) und die entzündliche Gallengangserkrankung PSC auf der genetischen Ebene sind.“ Die Ergebnisse der bisher weltweit größten Genetik-Studie zu PSC veröffentlichte die renommierte Fachzeitschrift Nature Genetics. Es wurden hierfür die DNA-Proben von rund 4.800 Erkrankten mit denen von fast 20.000 gesunden Personen verglichen.

    Wie die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) entsteht und was sie auslöst, ist bis heute ein Rätsel. Die chronisch entzündliche Erkrankung greift die Gallengänge an. Dadurch wird der Galleabfluss gestört. Langfristig droht eine Vernarbung der Leber (Zirrhose). Betroffen ist schätzungsweise einer von 10.000 Europäern, häufig im mittleren Lebensalter (30 bis 50 Jahren). Etwa drei Viertel der Erkrankten hat auch eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, in den meisten Fällen Colitis ulcerosa. Eine spezifische medikamentöse Behandlung gibt es nicht; bei fortgeschrittener Leberschädigung ist die Lebertransplantation die einzige Option. Bereits seit einigen Jahren engagieren sich Kieler Arbeitsgruppen des Exzellenzclusters Entzündungsforschung innerhalb der International PSC Study Group und der deutschen PSC-Studiengruppe an der Aufklärung der genetischen Ursachen. „Wir wissen, dass eine genetische Komponente vorliegt. Wenn wir mehr über diese genetische Grundlage erfahren, gewinnen wir Ansatzpunkte für weitergehende biologische Analysen und potenzielle Angriffsziele für Therapien“, erklärt der Bioinformatiker David Ellinghaus aus der Arbeitsgruppe von Professor Andre Franke am Institut für Klinische Molekularbiologie der CAU.

    In der jetzt in Nature Genetics veröffentlichten größten genomweiten Assoziationsstudie zu PSC haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eines internationalen Konsortiums die DNA-Proben von rund 4.800 Erkrankten mit denen von fast 20.000 gesunden Personen aus Europa, Amerika und Kanada verglichen. Sie analysierten die Proben mittels DNA-Microarray, einem Chip mit mehreren Millionen bekannten genetischen Varianten, und fanden vier Genregionen im Erbgut, die mit der Gallengangsentzündung zusammenhängen. Eine davon konnte genauer charakterisiert werden.

    Die enorme Datenbasis ermöglichte es außerdem, die genetischen Gemeinsamkeiten zwischen PSC und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zu quantifizieren. Dabei stellte sich heraus: „Es gibt genetische Faktoren, die für beide eine Rolle spielen. Aber mit den jetzigen Ergebnissen, kann man die Komorbidität zwischen PSC und chronischer Darmentzündung nur in Ansätzen erklären“, sagt Ellinghaus. Die Befunde des genomweiten Vergleichs spiegelten die klinische Beobachtung wieder, insofern als es eine größere genetische Korrelation zu Colitis ulcerosa als zu Morbus Crohn gab.

    Originalpublikation:
    Ji et al.: Genome-wide association study of primary sclerosing cholangitis identifies new risk loci and quantifies the genetic relationship with inflammatory bowel disease. Nature Genetics 2016, published online December 19, 2016. doi:10.1038/ng.3745

    Kontakt:
    Prof. Dr. David Ellinghaus
    Institut für Klinische Molekularbiologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
    Tel.: 0431/500 15131

    Prof. Dr. Andre Franke
    Institut für Klinische Molekularbiologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
    Tel.: 0431/500 15110

    Exzellenzcluster Entzündungsforschung
    Wissenschaftliche Geschäftsstelle, Leitung: Dr. habil. Susanne Holstein
    Presse und Kommunikation, Sonja Petermann, Text: Kerstin Nees
    Postanschrift: Christian-Albrechts-Platz 4, D-24118 Kiel
    Telefon: (0431) 880-4850, Telefax: (0431) 880-4894
    E-Mail: spetermann@uv.uni-kiel.de
    Internet: www.inflammation-at-interfaces.de

    Der Exzellenzcluster „Inflammation at Interfaces/Entzündungsforschung“ wird seit 2007 durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder mit einem Gesamtbudget von 68 Millionen Euro gefördert; derzeit befindet er sich in der zweiten Förderphase. Die rund 300 Clustermitglieder an den insgesamt vier Standorten: Kiel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein), Lübeck (Universität zu Lübeck, UKSH), Plön (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie) und Borstel (Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften) forschen in einem innovativen, systemischen Ansatz an dem Phänomen Entzündung, das alle Barriereorgane wie Darm, Lunge und Haut befallen kann.


    Weitere Informationen:

    http://inflammation-at-interfaces.de/de/newsroom/aktuelles/neue-einblicke-in-die...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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