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25.09.1998 00:00

Strukturaufklärung archaebakterieller Zelloberflächen

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Unverwüstliche Hüllen
    Weltraumexperimente zur Strukturaufklärung archaebakterieller Zelloberflächen

    Archaebakterien sind bekannt dafür, häufig unter extremen Umweltbedingungen zu leben. Daß die urtümlichen Mikroorganismen Temperaturen über dem Siedepunkt (110°C), saure Umweltmilieus mit pH-Werten um 1 (normal ist pH 7 auf einer Skala zwischen 1 und 14) und Salz(NaCl)konzentrationen von rund 30% tolerieren können, verdanken sie in erster Linie ihrer extrem strapazierfähigen Zellhülle, von den Molekularbiologen als »S-Layer« bezeichnet.

    S-Layer besitzen Eigenschaften, deren Zustandekommen aufzuklären von großem wissenschaftlichem Interesse ist. Zwar versteht die Forschung allmählich, wie S-Layer funktionieren, die räumliche Struktur ihrer Bausteine jedoch wurde bis heute nicht aufgeklärt. Dazu müßte man ein solches S-Layer-Protein von der Hülle eines geeigneten Bakteriums isolieren, die Proteinkristalle im Labor züchten und anschließend mittels Röntgenstrahlen ein Beugungsspektrum erzeugen. Die Intensität und Lage der einzelnen Reflexe läßt auf die räumliche Anordnung der Atome und Moleküle im Kristall schließen, so daß eine dreidimensionale Strukturbestimmung möglich ist. Ein großes Problem des Verfahrens liegt darin, daß relativ große (ca. 0,2 mm Kantenlänge) und möglichst regelmäßige Kristalle erzeugt werden müssen, damit sich ein interpretierbares Spektrum gewinnen läßt. Nach den bisherigen experimentellen Erfahrungen gelingt dies unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit im All besser als auf der Erde.

    Als Spezialist für Röntgen-Strukturbestimmungen versucht sich Prof. Dr. Tony Debaerdemaeker mit seiner Arbeitsgruppe in der Sektion Röntgen- und Elektronenbeugung der Universität Ulm seit gut drei Jahren an der Isolierung und Kristallisation des S-Layers von Archaebakterien, speziell des Archaebakteriums Methanothermus fervidus. Einschlägige Experimente wurden - bei drei Flügen 1996 und 1997 - in der Weltraumstation MIR durchgeführt. Von dem Kristallisationsverfahren, das damals angewendet wurde, verspricht sich Debaerdemaeker in naher Zukunft den Durchbruch. Gemeinsam mit zwei weiteren Experten, Prof. Dr. Jean-Paul Declerq aus dem Laboratoire de Chimie physique et de Cristallographie der Université Catholique de Louvain (Louvain-la-Neuve, Belgien) und Prof. Dr. Helmut König vom Institut für Mikrobiologie und Weinforschung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (früher Ulm) hat er ein Projekt mit dem Titel »Isolierung, Kristallisation und Kristallstrukturbestimmung der Oberfächenproteine (S-Layer) von Bakterien und Archaebakterien« in Angriff genommen. Bis Ende 2000 soll es abgeschlossen sein und die Wissenschaft der dreidimensionalen Strukturaufklärung der S-Layer einen entscheidenden Schritt nähergebracht haben. Das Programm beginnt mit neuen Experimenten an Methanothermus fervidus auf einem weiteren Weltraumflug, diesmal im Rahmen einer Mission der European Space Agency (ESA) an Bord des NASA-Shuttle STS-95, planmäßiger Abflug 29. Oktober, planmäßige Rückkehr 7. November 1998. Für ihre Versuche stehen Debaerdemaeker und Partnern dabei insgesamt sieben Reaktoren zur Verfügung, entwickelt im Auftrag der ESA bei Dornier/Daimler Benz Aerospace. Zu Anfang des kommenden Jahres wollen die Forscher mit der Isolierung und nachfolgenden Strukturanalyse von S-Layer aus Zellkulturen verschiedener Archaebakterien beginnen.

    Technische Umsetzungsmöglichkeiten zeichnen sich ab. Zu deren potentiellen Interessenten gehört unter anderem die Firma Hoechst, die bereits den Mitflugantrag für das Projekt von Debaerdemaker bei der europäischen Weltraumbehörde ESA unterstützte. Von den Ergebnissen des S-Layer-Projekts wird erwartet, daß sie zugleich Erkenntnisse für die biotechnische Anwendung extrem thermophiler Proteine austragen. Gefördert werden die Wissenschaftler inzwischen auch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) mit rund 300.000 Mark für jeden der drei Forschungspartner.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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