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Bioinformatiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben herausgefunden, dass sich die Zahl theoretisch möglicher Fettsäuren mit gleicher Kettenlänge, aber unterschiedlicher Struktur anhand der berühmten Fibonacci-Zahlenfolge ermitteln lässt. Wie sie in den „Scientific Reports“ berichten, nimmt die Zahl möglicher Fettsäure-Strukturen mit steigender Kettenlänge jeweils ungefähr um den Faktor 1,618 zu und folgt damit dem sogenannten „Goldenen Schnitt“. Die Zahl möglicher Fettsäuren berechnen zu können, ist für deren chemische Analytik („Lipidomics“) von großer Bedeutung. Auch in der synthetischen Biologie und für andere Anwendungen lässt sich diese Erkenntnis nutzen.
Mild im Geschmack und ernährungsphysiologisch wertvoll: Das hellgelbe, aus Sonnenblumenkernen gepresste Pflanzenöl ist vielseitig einsetzbar und überaus gesund, enthält es doch einen großen Anteil ungesättigter Fettsäuren. So werden Fettsäuren bezeichnet, deren Kohlenwasserstoffketten eine oder mehrere Doppelbindungen enthalten. „Da die Doppelbindungen an verschiedenen Stellen im Molekül auftreten können, kommen Fettsäuren mit gleicher Kettenlänge, aber unterschiedlicher Struktur vor“, erläutert Prof. Dr. Stefan Schuster von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Den Inhaber des Lehrstuhls für Bioinformatik und sein Team treibt die Frage um, ob und wie sich die Zahl sämtlicher Strukturformeln von Fettsäuren bei einer gegebenen Kettenlänge berechnen lässt, um diese Größe für analytische Verfahren nutzen zu können.
Und dabei haben die Jenaer Forscher kürzlich eine interessante Entdeckung gemacht. Sie konnten nicht nur belegen, dass sich die Anzahl der in der Natur vorkommenden Fettsäuren mit steigender Kettenlänge elegant prognostizieren lässt. In den renommierten „Scientific Reports“ zeigen sie jetzt zudem, dass diese Zahl der berühmten Fibonacci-Zahlenfolge gehorcht (DOI: 10.1038/srep39821). Bei dieser nach dem italienischen Mathematiker Fibonacci (um 1170 bis 1240) benannten Folge ergibt sich jede Zahl aus der Summe ihrer beiden Vorgänger: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21 usw. „Im Falle der Fettsäuren heißt das, dass die Zahl möglicher Fettsäure-Strukturen mit jedem Kohlenstoffatom um jeweils ungefähr den Faktor 1,618… ansteigt“, führt Schuster aus. Je länger die Kette, umso exakter nähert sich die Folge diesem Faktor an. Während für Kettenlängen von einem bzw. zwei Kohlenstoffatomen jeweils nur eine Struktur möglich ist, wächst die Zahl bei drei und mehr Kohlenstoffatomen auf zwei, drei, fünf usw. an. „Bei sechs haben wir bereits acht Möglichkeiten, bei sieben Kohlenstoffatomen dreizehn mögliche Strukturen und so weiter.“
Der Faktor 1,618… beschreibt dabei ein Größenverhältnis, das in der Natur, aber auch in der Kunst als „Goldener Schnitt“ bekannt ist. Zu finden ist dieser etwa in architektonischen Meisterwerken, wie dem alten Rathaus in Leipzig, aber auch in Blüten, Schneckenhäusern und sogar im menschlichen Körper. Verhalten sich die Größen von Gebäudeteilen, Pflanzen- oder Körperproportionen etwa im Verhältnis von 1,618 zueinander, so empfindet das menschliche Auge diese als besonders ausgewogen und „stimmig“.
„Auch die Blätter vieler Pflanzen oder die Samen der Sonnenblume sind nach dieser Regel angeordnet“, führt Prof. Dr. Severin Sasso vom Institut für Allgemeine Botanik und Pflanzenphysiologie der Uni Jena aus. Der Juniorprofessor für Molekulare Botanik gehört neben Doktorand Maximilian Fichtner zu den Autoren der aktuellen Publikation. „Es ist interessant, dass auch bestimmte Inhaltsstoffe der Sonnenblume – die Fettsäuren – diesem Prinzip folgen.“ Allerdings kommen bei weitem nicht alle möglichen Fettsäuren im Sonnenblumenöl vor. Dieses besteht zum überwiegenden Teil aus Fettsäuren mit einer Kettenlänge von 16 bzw. 18 Kohlenstoffatomen. Nach der Berechnung der Jenaer Bioinformatiker könnten diese theoretisch in knapp 1.000 bzw. über 2.500 verschiedenen Varianten vorliegen. „Ähnliche Zusammenhänge gelten auch für bestimmte Klassen von Aminosäuren“, ergänzt Maximilian Fichtner.
Anwenden lassen sich die Ergebnisse zur Fibonacci-Folge in Fettsäuren vor allem im Bereich der Lipidomik – der umfassenden Analyse sämtlicher Fette einer Zelle oder eines Organismus. „Dafür ist eine genaue Kenntnis dessen, was an Substanzen theoretisch vorkommen kann, unerlässlich“, betont Prof. Schuster. Mit Hilfe der Lipidomik werden die Stoffwechselprozesse und Interaktionen mit anderen Zellsubstanzen untersucht, an denen Fette und ihre Bestandteile beteiligt sind.
Original-Publikation:
Schuster S et al. Use of Fibonacci numbers in lipidomics – enumerating various classes of fatty acids. Scientific Reports 7 (2017) 39821, DOI: 10.1038/srep39821.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Schuster
Lehrstuhl für Bioinformatik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949580
E-Mail: stefan.schu[at]uni-jena.de
Mathematik im Romanesco. Seine spiralartige Struktur basiert auf der Fibonacci-Zahlenfolge, die in a ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Prof. Dr. Stefan Schuster von der Uni Jena und seine Kollegen errechnen die Zahl theoretisch möglich ...
Foto: Anne Günther/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Informationstechnik, Mathematik
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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