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Wissenschaft
Ein einfacher Hirn-Scan kann zeigen, ob das Gehirn eines frühgeborenen Säuglings beschädigt ist und liefert Hinweise darauf, ob das Kind eine geistige oder Bewegungsstörung entwickeln könnte. Zu diesem Schluss kommt eine kanadische Studie, die kürzlich im Fachblatt „Neurology“ erschien. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) begrüßt den Einsatz bildgebender Verfahren, um die Gehirne von Frühgeborenen zu beurteilen: So können mögliche Entwicklungsstörungen früh erkannt und möglicherweise behandelt werden.
In Deutschland kommt etwa eins von zehn Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Dank des medizinischen Fortschritts haben heute sogar Kinder, die in der 24. Woche geboren werden Überlebenschancen. Doch je früher das Neugeborene auf die Welt kommt, umso größer ist auch sein Risiko, mit einem Hirnschaden ins Leben zu starten, der die gesunde kindliche Entwicklung erheblich beeinträchtigen kann. „Ein Hirn-Scan, der Lage und Ausmaß der Schäden zeigt, kann Auskunft darüber geben, wie groß das Risiko auf eine spätere Entwicklungsstörung ist“, sagt Professor Dr. med. Stefan Knecht, Mediensprecher der DGKN.
Das kanadische Team untersuchte in einem Zeitraum von sieben Jahren 58 Frühchen, die im British Columbia’s Women Hospital mit Verletzungen in der weißen Gehirnsubstanz zur Welt kamen. Mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) bestimmten sie die Lage der Verletzungen in der 32. Woche nach der Geburt. Im Alter von 18 Monaten beurteilten die Experten dann die geistigen und motorischen Fähigkeiten der Kinder. Die Ergebnisse zeigen, dass die Position der Verletzungen Auskunft über Art und Ausmaß möglicher Entwicklungsstörungen geben kann: Wenn die Schäden hauptsächlich im Stirnlappen des Gehirns lagen, stieg das Risiko auf geistige Entwicklungsrückstände um einen Faktor von 79. Das Risiko auf Bewegungsstörungen vergrößerte sich um das 64-fache.
Da ihre Lunge noch nicht vollständig entwickelt ist, können Frühgeborene oft nicht richtig atmen. Zudem können die zarten Blutgefäße, die das unreife Gehirn mit Sauerstoff versorgen, leicht reißen – es kann zu Hirnblutungen und Sauerstoffmangel kommen, vor allem in der sogenannten weißen Substanz des Gehirns. Diese besteht aus den Axonen und Dendriten der Nervenzellen – die Ausläufer der Nervenzellen, die elektrische Impulse weiterleiten und verschiedene Hirnregionen miteinander vernetzen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gehirnzellen von Frühgeborenen weniger Verbindungen bilden als bei Kinder, die zwischen der 37. und 42. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Je nachdem, in welcher Hirnregion die Schäden auftreten, können sich bestimmte kognitive Funktionen nicht normal entwickeln.
„Das MRT eignet sich hervorragend, um die Gehirne von Frühgeborenen auf Schäden zu untersuchen“, sagt Knecht, der als Chefarzt an der Klinik für Neurologie an der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch arbeitet. Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren – wie etwa Röntgenstrahlen – sind die bildgebenden Magnetwellen für das Neugeborene harmlos. Dabei erstellt das MRT wesentlich genauere Bilder als zum Beispiel eine Untersuchung per Ultraschall. „Um auch die Langzeitfolgen der Schäden ausmachen zu können, müsste die Entwicklung der Frühgeborenen auch an weiteren Zeitpunkten während der frühen und späteren Kindheit beurteilt werden“, ergänzt Knecht.
Quelle:
T. Guo et al., Quantitative assessment of white matter injury in preterm neonates, Neurology, Published online before print January 18, 2017
doi: http://dx.doi.org/10.1212/WNL.0000000000003606
C Rogers et al., Regional white matter development in very preterm infants: perinatal predictors and early developmental outcomes, Pediatr Res. 2016 Jan; 79(1-1):87-95. doi: 10.1038/pr.2015.172
Kontakt für Journalisten:
Lisa Ströhlein
DGKN Pressestelle
Postfach 30 11 20
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