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Was haben Geigen und Autobremsen gemeinsam? Beide erzeugen Geräusche, wenn sie zum Schwingen angeregt werden. Was bei der Geige zu Musik führt, sollte bei einer Bremse eher unterbunden werden. Bremsgeräusche haben unterschiedliche Ursachen; die jeweiligen Mechanismen müssen bekannt sein, um wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Eine Studie an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat die Entstehung von Schwingungen bei Bremsen mit der Schwingungserregung bei Streichinstrumenten verglichen. Dabei konnten verschiedene Lösungsansätze zur Lärmverminderung bei Fahrzeugen erarbeitet werden.
Das sogenannte Bremsenknarzen lässt sich reduzieren, indem die Haft-Gleitreibwerte zwischen Bremsbelag und Scheibe angeglichen werden, die Strukturdämpfung erhöht wird sowie die Bewegungsspielräume der Einzelteile der Bremse verringert werden. Ein weiterer Ansatz bei der Geräuschminimierung ist, einzelne Resonanzfrequenzen zu separieren. So werden Frequenzüberlagerungen vermieden, die für das charakteristische unangenehme Geräusch einer knarzenden Bremse sorgen. Weitere Einflussgrößen bilden Massen, Trägheitsmomente und Elastizitäten des Rades und des Fahrwerks.
In der Studie „Untersuchung der Wirkmechanismen reiberregter Haft-Gleit-Schwingungen am Beispiel des Bremsenknarzens und analoger Schwingungsphänomene“ fanden Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner, Professor für Fahrzeugtechnik an der Frankfurt UAS, sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Alexander Pfaff sowie die beteiligten Studenten Paul Leibolt und Christopher Morschel heraus, dass die Tonerzeugung bei Streichinstrumenten dem Entstehen eines Knarzens bei Bremsen gleicht. Die sichtbaren Schwingungen einer Geigen-Saite lassen sich gut mit einer Hochgeschwindigkeitskamera filmen und berechnen. Diese Berechnungen können auf das Schwingverhalten einer Bremse übertragen werden, welches mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar ist. Wie bei der Bremse ist bei der Geige die richtige Kombination aus Anpresskraft, (Streich-)Geschwindigkeit und Reibwert entscheidend.
Der Haft-Gleit-Prozess („Stick-Slip-Prozess“) entsteht bei einer Geige folgendermaßen: Beim Streichen einer Saite mit dem Bogen wirken verschiedene Kräfte auf die Saite, die Anpresskraft des Bogens – in Verbindung mit der Haftreibung der Bogenbespannung – sowie die Rückstellkraft der Saite. Die Anpresskraft führt die Saite mit dem Bogen mit, die Rückstellkraft lässt sie wieder zurückgleiten; die Saite „schwingt“. Auch zwischen dem Bremsbelag und der Bremsscheibe entstehen Haft-Gleit-Schwingungen. Diese treten auf, wenn der Fahrer eines Fahrzeuges die Bremsen beim Anfahren aus dem Stillstand langsam löst; eine typische Situation hierfür wäre das Anfahren an einem Hang. Bei einem sehr langsamen Lösen der Bremse und gleichzeitiger Fahrzeugbewegung entstehen zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe die gleichen Ausgangsbedingungen wie zwischen Bogen und Saite. Bei zunehmender Geschwindigkeit erfolgen dabei die Haft-Gleit-Phasen in einem so dichten Abstand, dass ausgeprägte Geräusche zu hören sind: das „Knarzen“ der Bremsen. Wie bei einer Geigensaite, die eine Grundschwingung mit zahlreichen Obertönen erzeugt, entstehen bei Bremsen mehrere Schwingungen in ähnlichen Tonfrequenzen, die sich überlagern können und harmonische (sinusförmige) Verläufe einnehmen.
Andere Bremsgeräusche, wie das „Quietschen“ oder das „Muhen“ von Bremsen, lassen sich nicht auf Haft-Gleit-Schwingungen zurückführen. So entsteht das Bremsenquietschen durch eine dynamische Instabilität der Bremse, die sogenannte Modenkopplung. Im Gegensatz zum Bremsenknarzen kann der Stick-Slip-Effekt hierbei die Schwingungen begrenzen, so dass das Quietsch-Geräusch einen bestimmten Schallpegel nicht überschreitet. Die vielfältigen Erregungsmechanismen für Bremsgeräusche beeinflussen sich dabei gegenseitig und erschweren die Entwicklung einer sicher funktionierenden und gleichermaßen geräuschfreien Bremse.
Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dipl.-Ing. Holger Marschner, Telefon: 069 1533-3940, E-Mail: marschner@fb2.fra-uas.de
Weitere Informationen zum Labor für Kraftfahrzeugtechnik der Frankfurt UAS unter: http://www.frankfurt-university.de/kfz-labor.
http://www.frankfurt-university.de/kfz-labor
Campus der Frankfurt University of Applied Sciences
Bildquelle: Frankfurt UAS / Oliver Gubba
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Maschinenbau, Musik / Theater, Verkehr / Transport
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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