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Wissenschaft
Modell-Karriere
Mit dem Schwein zu Forschungsmeriten
Die Ulmer Anästhesiologen in der Sektion Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung (Leiter Prof. Dr. Peter Radermacher) haben Schwein mit dem Schwein. Dieses dient ihnen als Tiermodell, an welchem sie Stoffwechselvorgänge im Organismus beim septischen Schock, einer mit Recht sehr gefürchteten Behandlungskomplikation insbesondere beim Intensivpatienten (Sterblichkeitsrate ca. 50%) aufklären. Das Modell erwies sich wegen seiner hochgradigen Realitätsnähe als methodischer Glücksgriff.
Sepsis, im Extremfall der septische Schock, sind die Folge einer Einschwemmung von Bakterien beziehungsweise ihrer Giftstoffe (Toxine) von einem Herd über die Blutbahn in den gesamten Organismus. Unter diesem Streß fährt der Körper - namentlich der Verdauungstrakt einschließlich der Leber - wahre Stoffwechselfeuerwerke ab, die Unmengen an Sauerstoff verschlingen. Der Sauerstoffnachschub mit dem Blutstrom, auch wenn die Ärzte ihn mit blutdruckerhöhenden Medikamenten und Blutersatzstoffen steigern können, ist dann unter Umständen binnen kurzem derart überfordert, daß die Organe versagen und der Patient stirbt.
Auf der Suche nach einem Weg, diese Katastrophe zu verhindern, analysieren die Ulmer Forscher die Stoffwechselvorgänge unter septischem Schock. Bereits im Sommer war der tschechische Intensivmediziner Dr. Martin Matejovic (Universität Pilsen), seit Herbst 1997 Gastwissenschaftler in der Ulmer Anästhesiologie, für Forschungsarbeiten an besagtem Schweinemodell in den Genuß eines Forschungsstipendiums der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) gekommen. Nur wenige Wochen später erhielt anläßlich des 11. ESCIM-Jahreskongresses (6. bis 9. 9. 1998 in Stockholm) der Beitrag »Hepatic O2-exchange and liver energy balance in hyperdynamic porcine endotoxin shock: Effect of iloprost« von Radermachers Mitarbeiter Dr. Karl Träger den Preis für das beste wissenschaftliche Poster.
Zu sehen sind auf diesem Poster die Ergebnisse eines Experiments an 28 narkotisierten Schweinen, die zunächst durch intravenöse Endotoxingabe in einen septischen Schock versetzt wurden. Zwölf Stunden später verabreichten die Forscher einem Dutzend ihrer Versuchstiere Iloprost (ILO), ein chemisches Analogon des im Körper gebildeten Prostacyclins, das als Schutzfaktor bei Verletzungen und Entzündungen bekannt ist; die übrigen 16 Schweine des Versuchs bildeten die unbehandelte Kontrollgruppe. Kontinuierlich gemessen wurden in beiden Gruppen die Durchblutung der Leber, ferner Gasaustausch, Lactat- und Pyruvatgehalt des venösen Blutes und Glukoseproduktionsrate als Parameter von Sauerstoffversorgung und Energiebilanz der Leber. Der erhoffte Schutzeffekt in der Iloprost-Fraktion trat tatsächlich ein: obwohl ohne Einfluß auf die Durchblutung der Leber, verhinderte die Iloprostgabe die lebensbedrohliche Entgleisung des Stoffwechsels - vermutlich aufgrund der entzündungshemmenden Eigenschaften des Präparates. Vor allem die für den septischen Schock charakteristische überschießende Glukose-Neuproduktion mit ihrem verheerenden Sauerstoffverbrauch ließ sich durch Iloprost dämpfen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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