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Wissenschaft
Politikwissenschaftler der Universität Jena geben Schriftenreihe zur Weimarer Republik heraus
Die Weimarer Republik hat kein gutes Image, gilt sie doch vor allem als Prolog zum Nationalsozialismus. Lange Zeit herrschte die Meinung, ihr politisches Gerüst sei nicht stabil genug gewesen, um die junge Demokratie zu tragen. Doch Politikwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena wollen in den kommenden Jahren der ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland näher auf den Grund gehen und damit auch ihr Bild in der Öffentlichkeit geraderücken. Die extra dafür eingerichtete Forschungsstelle legt jetzt den ersten Band der „Weimarer Schriften zur Republik“ vor. „Weimar als Herausforderung“ lautet der Titel des Buches, in dem sich sowohl Wissenschaftler als auch Vertreter aus der Praxis – darunter Bundesjustizminister Heiko Maas – diesen ersten knapp 14 demokratischen Jahren in Deutschland nähern. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur historische Analysen, sondern auch, wie man das Thema im Bereich der politischen Bildung neu aufgreifen kann – vor allem im Hinblick auf das anstehende Jubiläum in zwei Jahren.
Moderne und wehrhafte Demokratie
„Die Weimarer Republik galt lange Zeit als fehlerhaftes Konstrukt, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen sei“, sagt Dr. Andreas Braune, der den Band gemeinsam mit seinem Kollegen apl. Prof. Dr. Michael Dreyer herausgegeben hat. „Wir schauen nun genauer hin und zeigen auf, dass das so nicht stimmt.“ Vielmehr sei sie eine sehr moderne und wehrhafte Demokratie gewesen, die durchaus einige Verteidigungsmechanismen parat hatte, etwa mit den Instrumenten des „Gesetzes zum Schutz der Republik“. Fortschrittliche Entwicklungen, beispielsweise das Frauenwahlrecht, und arbeitsrechtliche Neuerungen, wie das Betriebsrätegesetz, zeigten den großen Gestaltungswillen der damaligen Politik. „Auch die Tradition des Parlamentarismus war weit stärker gefestigt, als man das heute unterstellt“, erklärt Braune. „Denn schon im Kaiserreich war der Reichstag eine wichtige politische Institution und ein modernes Parlament, dem aber noch wichtige demokratische Befugnisse fehlten, die es mit der Weimarer Verfassung erhalten hat.“
Doch warum ist die Weimarer Republik trotz aller Wehrhaftigkeit schließlich doch gescheitert? „Die Demokratie wurde hier bewusst ausgehöhlt und zerstört, da ein nicht geringer Teil der politischen und ökonomischen Eliten bewusst gegen sie gearbeitet hat“, stellt der Jenaer Experte fest. „Einerseits spielen da sicher Machtinteressen eine große Rolle, andererseits waren viele Funktionsträger noch immer dem alten Kaiserreich verhaftet.“ Zudem existierten verschiedene antidemokratische ideologische Strömungen inklusive realer Umsetzungen, die für Akteure und die Bevölkerung eine Alternative darstellten, etwa der Kommunismus in der Sowjetunion und der Faschismus in Italien.
Grundkonsens über den Wert der Demokratie ging verloren
Braune resümiert: „Grundsätzlich kann man am Beispiel der Weimarer Republik sehr gut erkennen, dass jede Regierungsform dieser Art in Gefahr gerät, wenn der Grundkonsens über den Wert der Demokratie verloren geht und kein Vertrauen mehr darin herrscht, dass auf diese Art und Weise politische Probleme gelöst werden können.“ Und im Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen weltweit ergänzt der Politikwissenschaftler: „Wir waren uns immer bewusst, dass die Weimarer Republik ein sehr aktuelles Thema ist, aber dass es so aktuell ist, das haben wir auch nicht gedacht.“ Er sei erschrocken darüber, damals verbreitete Schlagwörter wie „Systempresse“ so allgegenwärtig wieder vernehmen zu müssen. Im Gegensatz zu damals stehen die politischen Eliten Deutschlands heute allerdings auf einem strikt demokratischen Boden und sind überzeugt von unserer Verfassung. Ein genauer Blick auf den lebendigen Erinnerungsort Weimar sei derzeit aber umso wichtiger – auch, um gegenwärtigen Krisen begegnen zu können.
Bibliografische Angaben:
Michael Dreyer und Andreas Braune (Hg.): Weimar als Herausforderung. Die Weimarer Republik und die Demokratie im 21. Jahrhundert, Weimarer Schriften zur Republik, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016, 301 Seiten, Preis: 44 Euro, ISBN 978-3-515-11591-9
Kontakt:
Dr. Andreas Braune
Institut für Politikwissenschaft der Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945427
E-Mail: andreas.braune[at]uni-jena.de
Dr. Andreas Braune ist Mitherausgeber des Buches und stellvertretender Leiter der „Forschungsstelle ...
Foto: Anne Günther/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Politik
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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