idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.02.2017 10:02

Studie: Viren unterstützen Fotosynthese bei Bakterien – Vorteil in der Evolution?

Katrin Müller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Kaiserslautern

    Viren verbreiten sich, indem sie eine Wirtszelle befallen und sich in ihr vermehren. Betroffen hiervon sind nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Bakterien. Diese Art von Viren nennt man Bakteriophagen. Sie tragen in ihrem Genom sogenannte metabolische Hilfsgene. Diese sorgen für die Produktion bestimmter Proteine, die dem Virus einen Vorteil verschaffen. Forscher der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern und der Ruhr-Universität Bochum haben die Struktur eines solchen Proteins genauer analysiert. Es scheint die Fotosynthese der Mikroorganismen zu unterstützen. Die Studie wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „The Journal of Biological Chemistry“ veröffentlicht.

    Gemeinsame Pressemeldung der Technischen Universität Kaiserslautern und der Ruhr-Universität Bochum

    Wenn Viren eine Zelle infizieren, nutzen sie diese als Fabrik, um sich selbst zu vervielfältigen. „Sie missbrauchen die Bakterien, um neue Virusproteine zu produzieren“, sagt Mikrobiologie-Professorin Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel von der TU Kaiserslautern. „Auf diese Weise entstehen neue Viren, die in der Wirtszelle zusammengesetzt werden.“ In ihrer DNA tragen die Bakteriophagen darüber hinaus metabolische Hilfsgene. „Sie sind für die Produktion verschiedener Proteine verantwortlich. Diese scheinen dem Virus einen Vorteil zu verschaffen, zum Beispiel in dem sie den Stoffwechsel des infizierten Bakteriums ankurbeln“, so Professor Dr. Eckhard Hofmann, der an der Ruhr-Universität Bochum die Arbeitsgruppe Röntgenstrukturanalyse an Proteinen leitet.

    In der aktuellen Studie haben sich die Forscher auf Bakteriophagen konzentriert, die Blaualgen, auch als Cyanobakterien bekannt, befallen. Im Fokus ihrer Arbeit stand ein bestimmtes Protein, dessen Struktur sie unter anderem genau analysiert haben. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass es eine wichtige Rolle beim Zusammenbau der Lichtsammelkomplexe der Wirtsbakterien spielt“, so Frankenberg-Dinkel. Mit diesen Komplexen sammeln die Mikroorganismen die Energie des Sonnenlichts ein. Wie auch Pflanzen betreiben sie Fotosynthese, bei der sie mithilfe von Lichtenergie aus Kohlendioxid und Wasser Kohlenhydrate und Sauerstoff bilden. „Diese Lichtsammelfallen bestehen aus Proteinen und Farbpigmenten“, fährt die Kaiserslauterer Professorin fort. Bei den Blaualgen ist hier unter anderem ein rosa Farbstoff (Phycoerythrobilin) von Bedeutung.

    Das Team um Frankenberg-Dinkel und Hofmann hat nachgewiesen, dass das Virus-Protein („Phycobiliprotein Lyase CpeT“) den Farbstoff bindet. Außerdem hat es festgestellt, dass die Bindung zwischen Virus-Protein und Bakterien-Farbstoff äußerst stabil ist. „Unter dem Mikroskop haben wir zudem gesehen, dass der Komplex sehr stark fluoresziert“, so Frankenberg-Dinkel weiter.

    Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass das virale Protein den Zusammenbau der Lichtsammelkomplexe fördert. „Dadurch haben die Viren einen evolutionären Vorteil“, sagt Frankenberg-Dinkel. „Sie gewährleisten eine hohe Fotosynthese-Rate der Bakterien während der Infektion, sodass genügend Energie für die Produktion neuer Viren vorhanden ist.“

    Dieser Mechanismus ist weit verbreitet bei Viren, die Blaualgen befallen. Allerdings müssen weitere Studien klären, warum die Genome der Viren nur ausgewählte metabolische Hilfsgene tragen. Bakteriophagen zählen zu den am weitesten verbreiteten biologischen Partikeln auf der Erde. Sie werden nicht den Lebewesen zugerechnet. In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler viele neue Bakteriophagen gefunden. Sie zu erforschen, wird wichtige Erkenntnisse über ihre biologische Funktion bringen.

    Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „The Journal of Biological Chemistry“ als Titelgeschichte veröffentlicht: „Distinct Features of Cyanophage-encoded T-type Phycobiliprotein Lyase CpeT“
    DOI: 10.1074/jbc.M116.769703

    Förderung:
    Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Europäischen Union im Ziel2.NRW Science-to-Business-Programm.

    Fragen beantworten:
    Prof. Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel
    TU Kaiserslautern
    Fachbereich Biologie, Abteilung Mikrobiologie
    E-Mail: nfranken[at]bio.uni-kl.de
    Tel.: 0631 205-2353

    Prof. Dr. Eckhard Hofmann
    Ruhr-Universität Bochum
    Fakultät für Biologie und Biotechnologie
    Arbeitsgruppe Röntgenstrukturanalyse an Proteinen
    E-Mail: Eckhard.Hofmann[at]bph.rub.de
    Tel.: 0234 32-24463


    Bilder

    Prof. Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel
    Prof. Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel
    Foto: TU Kaiserslautern
    None

    Der Komplex zwischen Virus-Protein und Bakterien-Farbstoff ist äußerst stabil und fluoresziert sehr stark, wie in den Proben zu sehen ist.
    Der Komplex zwischen Virus-Protein und Bakterien-Farbstoff ist äußerst stabil und fluoresziert sehr ...
    Foto: AG Frankenberg-Dinkel
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).