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Frankfurt, 24.3.2017. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. hat eine PraxisLeitlinie zur Substitutionsbehandlung bei Opioidfehlgebrauch in der Schmerztherapie (POM) entwickelt. Diese wurde jetzt beim Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt vorgestellt. In der nun beginnenden vierwöchigen Kommentierungsphase haben Ärzte, Pfleger und Patienten die Möglichkeit, ihre Erfahrungen unter www.dgs-praxisleitlinien.de/ mit einzubringen.
Sowohl Ärzte als auch Schmerzpatienten schätzten die hohe analgetische Potenz von Opioiden. Rund drei Prozent der Patienten mit einer Langzeitverordnung von Opioiden zur Schmerztherapie entwickeln während der Therapie einen Fehlgebrauch. Tendenz steigend, da immer mehr Opioide verschrieben werden. „Die Zahl der verschriebenen Tagesdosen hat sich zwischen 2000 und 2010 vervierfacht“, erklärte Dr. Justus Benrath, Schmerzmediziner aus Mannheim.
Mehr Opioide, mehr Abhängige – (Opiat)Sucht ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, weiß Psychiater und Suchtmediziner Manfred Nowak aus Landau: „In Amerika etwa sterben mehr Menschen an Oxycodon als an Heroin.“ In Deutschland sind laut Epidemiologischen Suchtsurvey 2012 (ESA) 2,3 Millionen Menschen abhängig von Schmerzmitteln, Schlaf- oder Beruhigungsmitteln, laut Gesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts (RKI) 1,2 Millionen. „Wir müssen aufpassen, was wir verschreiben, und die Vorgeschichte des Patienten kennen. Wer eine Sucht hatte oder hat, neigt zu einer weiteren“, erklärt er. Hellhörig sollte man z. B. werden, wenn Patienten als Jugendliche in der Pubertät bei nicht ausgereifter Hirnaktivität schon Alkohol konsumiert haben, das bedeute auch später ein Sucht-Risiko.
Kriterien der Abhängigkeit geben der ICD 10 vor sowie der eigens für die POM erstellte Index „POM-I“. Symptome der Abhängigkeit seien etwa das Craving, Vorräte anlegen, Rezepte von verschiedenen Ärzten, eigenmächtige Dosiserhöhung, Änderung des Einnahmegrunds, so etwa bei Disphorie und nicht mehr in erster Linie zur Schmerzreduktion.
Dr. Oliver Emrich, DGS-Vizepräsident aus Ludwigshafen und federführender Autor der Leitlinie, sieht die steigende Verordnungshäufigkeit mit Besorgnis und erklärte: „Für neuropathische und nozizeptive Schmerzen kommen Opioide als Therapieoption im Rahmen eines Gesamtkonzepts in Frage falls andere Therapien unzureichend wirken. Die Indikation zum Einsatz von Opioiden muss aber sorgfältig gestellt werden und erfordert ein enges Monitoring des individuellen Nutzen-Risikoprofils sowie eine regelmäßige Re-Evaluierung der Schmerzerkrankung“.
Bei Über- oder Fehlgebrauch könnten Ärzte häufig leicht substituieren. Als Oxycodon-Substitution etwa eignen sich seiner Erfahrung nach besonders L-Polamidon (Methadon) und Buprenorphin. Letzteres wird aufgrund seines guten Sicherheitsprofils seit circa Mitte der 1990er Jahre als Substitutionsmittel in der Therapie einer Abhängigkeit von Opioiden verwendet. 2006 wurde es für diese Anwendung in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.
„Abhängige Menschen brauchen unsere Hilfe“, so Emrich. Grundsätzlich könne jeder Arzt eine Substitutionsbehandlung durchführen. Da Abhängigkeit aber neben der physiologischen Toleranzentwicklung immer auch eine psychische Komponente enthalte, rät er: „Nehmen Sie einen Suchtmediziner hinzu“.
Die Praxisleitlinie zur Substitutionsbehandlung bei Opioidfehlgebrauch in der Schmerztherapie (POM) ist einzusehen unter www.dgs-praxisleitlinien.de
http://Weitere Informationen unter www.schmerz-und-palliativtag.de
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