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Bertelsmann Stiftung kritisiert falsche Weichenstellung in der Gesundheits- und Finanzpolitik
Gütersloh, 25. Juli 2003. Die Pläne zur Gesundheitsreform werden den Versicherten nach Auffassung der Bertelsmann Stiftung allenfalls eine kurzfristige Atempause verschaffen. Langfristig tragfähige Lösungen seien weder auf der Einnahmeseite noch auf der Leistungsseite in Sicht. Wenn die angestrebten Beitragssatzsenkungen durch die aufgelaufenen Schulden der Kassen aufgefressen würden, biete die Reform keine Entlastung: Es bestehe die Gefahr, dass die geplante Entlastung der Bürger bei der Steuerreform durch die Zuzahlungen kompensiert werde.
Ohne wettbewerbliche Steuerung im Gesundheitssystem werde es keinen nachhaltigen Erfolg für eine Gesundheitsreform geben. Durch neues Geld in einem maroden System werde nur der Druck für strukturelle Reformen genommen. Das System habe weiterhin ungenügende Anreize für Qualität und Prävention. Die durch mehr Wettbewerb mobilisierbaren Reserven blieben weiterhin ungenutzt. "Wer das marktwirtschaftlichen Prinzipien widersprechende Tarifkartell der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen nahezu unangetastet lässt und auch künftig über 140 Milliarden Euro Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen pro Jahr ohne Kostentransparenz hinnimmt", so Dr. Brigitte Mohn, Leiterin des Themenfeldes Gesundheit bei der Bertelsmann Stiftung, "schützt einseitig die Privilegien von Ärzten, Apothekern und Pharmaindustrie und belastet allein die Patienten."
Wer mehr Eigenverantwortung von den Versicherten fordere, müsse die Voraussetzungen hierfür schaffen. Souveräner Konsument im Gesundheitswesen werde nur sein, wer sich transparent über Kosten, aber auch über die Qualität von Leistungen informieren könne. Aus Sicht der Versicherten sei die unterschiedliche Qualität das drängendste Problem des Gesundheitswesens, wie die Stiftung in ihrem Gesundheitsmonitor zeige. Auf diese Herausforderung biete die Reform keine Antwort.
Die wenigen strukturellen Reforminhalte führten zunächst zu erheblichen Belastungen über Zusatzausgaben, etwa im Krankenhausbereich und für neue Versorgungsformen. Diese Ausgaben seien bei der kalkulierten Beitragssatzsenkung nicht berücksichtigt worden, heißt es in der Stellungnahme der Bertelsmann Stiftung.
Die Reform biete keine Lösung für die langfristigen Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung, die sich aus dem demographischen Wandel ergäben. Die gesundheitspolitische Allparteien-Übereinkunft ist nach Ansicht der Bertelsmann Stiftung umso fragwürdiger, wenn man sie im Zusammenhang mit der überwiegend kreditfinanzierten Steuerreform im kommenden Jahr sieht. "Neue Schulden stellen grundsätzlich eine Lastenverschiebung auf künftige Steuerzahler dar", betont Oswald Metzger, grüner Finanzexperte und Berater der "Aktion Demographischer Wandel" der Bertelsmann Stiftung: Der Steuerzahler werde hinters Licht geführt, weil er seine Entlastung heute, sofern sie im Einzelfall überhaupt spürbar werde, durch Steuererhöhungen morgen - wenn nicht er selbst, dann in jedem Fall seine oder fremde Kinder - zu bezahlen habe.
Die Bertelsmann Stiftung will in ihrem neuen Großprojekt "Aktion Demographischer Wandel" bis Ende 2004 einen Aktionsplan entwickeln, der als Fahrplan für die notwendigen Strukturreformen der sozialen Sicherungssysteme und des Arbeitsmarktes dienen soll. Darüber hinaus soll der Aktionsplan Handlungsleitfaden für eine Neujustierung der Bildungspolitik wie der kommunalen Siedlungsplanung sein. Die Stiftung versteht sich als gemeinwohlorientierte und parteiunabhängige Lobby für eine nachhaltige Politik im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft.
Rückfragen an: Andreas Esche, Telefon: 0 52 41 / 81-81333
http://www.bertelsmann-stiftung.de/presse
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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