idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Mannheim/Heidelberg – Schlafmangel und Schlafstörungen, über die in Deutschland viele Erwachsene klagen, können den Blutdruck erhöhen. Auf Dauer fördern sie die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck. Ärzte sollten daher bei Hypertonie immer auch das Schlafverhalten der Patienten beachten, fordert ein Experte im Vorfeld des Symposiums der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® auf dem 123. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) in Mannheim.
Viele Erwachsene bekommen zu wenig Schlaf. In Deutschland liegt die Schlafdauer bei 12 Prozent der Bevölkerung bei fünf Stunden oder weniger. Ein Drittel gibt in Umfragen an, regelmäßig unter Einschlaf- oder Durchschlafstörungen zu leiden. Die Folgen sind nicht nur Erschöpfung und Müdigkeit am Tag darauf. Auch der Blutdruck steigt an. „Der Effekt zeigt sich bereits nach einer schlaflosen Nacht“, erläutert Professor Dr. med. Bernd Sanner, Ärztlicher Direktor am Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Wuppertal und Vorstandsmitglied der deutschen Hochdruckliga. „Menschen, die regelmäßig weniger als sechs Stunden schlafen, haben ein Risiko für 60 Prozent, einen erhöhten Blutdruck zu entwickeln. Kommen gleichzeitig noch Einschlaf- oder Durchschlafstörungen hinzu, steigt das Risiko für eine Hochdruckerkrankung um das Vierfache.“
Die Gründe liegen laut Professor Sanner in einer vermehrten Aktivität des sympathischen Nervensystems, das den Menschen in einen „Kampf-oder-Flucht“-Modus schaltet. Schlafmangel ist ein möglicher Auslöser. Auch die Ausschüttung von Stresshormonen in den Nebennieren ist erhöht. Neuere Untersuchungen zeigen, so der Experte, dass Schlafmangel darüber hinaus die Entzündungsaktivität im Körper erhöht: „Dies führt dann zu einer Störung des Blutzuckerstoffwechsels und zur beschleunigten Gefäßverkalkung.“ Eine Reihe von Beobachtungsstudien hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Schlafstörungen und Schlafmangel auf diese Weise langfristig Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern. Professor Sanner erläutert: „Die Patienten haben ein erhöhtes Risiko, an einem Herzinfarkt oder chronischem Herzversagen zu erkranken und zu sterben.“
Die Auswirkungen von Schlafstörungen oder Schlafmangel auf den Blutdruck können Kardiologen heute in der Langzeit-Blutdruckmessung beobachten. Die Patienten tragen dabei über 24 Stunden ein Gerät, das regelmäßige Blutdruckmessungen durchführt. Bei gesunden Menschen kommt es in der Nacht zu einem Abfall des Blutdrucks um etwa zehn bis 20 Prozent. Bei Menschen, die zu wenig oder schlecht schlafen, ist dieses sogenannte „Dipping“ abgeschwächt oder aufgehoben. „Im Extremfall kommt es sogar zu einem nächtlichen Anstieg des Blutdrucks“, erläutert Professor Sanner. Langfristig ist dies ein tödliches Risiko. „Ein vermindertes nächtliches Dipping, das sogenannte Non-Dipping, ging in Studien ebenfalls mit einer erhöhten Sterblichkeit einher“, berichtet der Experte: „Bei einem nächtlichen Anstieg des Blutdrucks war das Sterberisiko verdoppelt.“
Schlafmittel können das Problem nach Einschätzung von Professor Sanner nicht lösen: „Die Patienten müssen zusammen mit ihren Ärzten nach den zugrundeliegenden Ursachen suchen.“ Häufig hilft nach seiner Erfahrung eine verbesserte Schlafhygiene mit regelmäßigen Schlafzeiten und der Vermeidung von extremen Belastungen sowie von Alkoholkonsum in den Abendstunden. Auch seelische Belastungen könnten für die Schlafstörungen und damit für den hohen Blutdruck verantwortlich sein. Eine weitere häufige Ursache ist die sogenannte obstruktive Schlafapnoe, die mit lautem Schnarchen und Atemaussetzern im Schlaf einhergeht. Professor Sanner erklärt: „In den häufigen Atempausen kommt es regelmäßig zu einem Anstieg des Blutdrucks, der in der Summe dann das nächtliche Dipping aufhebt.“ Patienten mit hohem Blutdruck und auffälligen Langzeit-Blutdruckwerten sollten deshalb auch im Schlaflabor untersucht werden. „Schlafmangel und mögliche zugrundeliegende Schlafstörungen sollten immer Teil der ärztlichen Anamnese bei Bluthochdruck sein“, betont Professor Sanner. „Insbesondere dann, wenn Patienten auf die Therapie nicht ansprechen oder die 24 Stunden Messung ein Non-Dipping anzeigt.“
Auf dem Symposium Arterielle Hypertonie – Aktuelles aus Klinik und Forschung am 1. Mai auf dem 123. Internistenkongress in Mannheim gibt Professor Dr. med. Bernd Sanner in seinem Vortrag unter dem Titel „Kann Schlaf zur Hypertonie führen?“ einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Thema. Daneben sprechen Experten der Hochdruckliga über die neuen Leitlinien der European Society of Hypertension (ESH) zur Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen, über Bluthochdruck in der Schwangerschaft, sowie über Hypertonie bei onkologischer und immunsuppressiver Therapie.
***Bei Veröffentlichung Beleg erbeten***
Quellen:
Javaheri S, Chest 2017; epub ahead of print: 26.1.2017
R. Schlack, et al. Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl 2013; 56: 740-748
http://edoc.rki.de/oa/articles/reBzVQoqMrrSI/PDF/280M9cgqeFQY.pdf
***************************************************************************************************
Terminhinweise:
123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V., 29. April bis 2. Mai 2017, Congress Center Rosengarten in Mannheim
Symposium: Arterielle Hypertonie – Aktuelles aus Klinik und Forschung
Ausgerichtet von der Deutschen Hochdruckliga e.V.
Vorsitz: M. Hausberg (Karlsruhe), G. Bönner (Bad Krozingen)
Termin: 1. Mai 2017, 16:30 bis 18:00 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten, Saal 1
Adresse: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim
Themen und Referenten:
Neue Leitlinien der ESH zur Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen
E. Wühl (Heidelberg)
Kann Schlaf zur Hypertonie führen?
B. Sanner (Wuppertal)
Hypertonie bei rheumatischen und immunologischen Erkrankungen
M. Hausberg (Karlsruhe)
Hypertonie in der Schwangerschaft
J. Menne (Hannover)
***************************************************************************************************
Pressekonferenz der Deutschen Hochdruckliga e.V. (DHL)® Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention anlässlich des Welt Hypertonie Tages (17. Mai 2016)
„Hypertonie in Bewegung“
Termin: Montag, 15. Mai 2017, 12.30 bis 13.30 Uhr
Ort: Dependance der DGIM, Oranienburger Straße 22, 10117 Berlin
****************************************************************************************************
Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL®
Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Stephanie Priester
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-552
Fax: 0711 8931-167
priester@medizinkommunikation.org
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).