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09.06.2017 13:04

Die neue Rechte in der Arbeiterschaft?

Stephan Laudien Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Soziologie der Universität Jena veranstaltet vom 22.-24. Juni eine Tagung über „Arbeiterbewegung von rechts?“

    Wer Abend für Abend die Tagesthemen verfolgt, kann sich kaum des Eindrucks erwehren, dass die Welt aus den Fugen geraten ist: Kriege, Terror, Flucht und Vertreibung bestimmen die Schlagzeilen. Selbst in Deutschland, lange ein Fels in der Brandung internationaler Verwerfungen, zeigen sich deutliche Risse im gesellschaftlichen Gefüge. Gewissheiten geraten ins Wanken, stereotype Urteile müssen revidiert werden.

    „Die Arbeiterbewegung gehört zum linken Milieu, dieser Satz galt lange Zeit unangefochten“, sagt die Soziologin Dr. Karina Becker von der Universität Jena. Die wissenschaftliche Leiterin des DFG-Forschungskollegs „Postwachstumsgesellschaften“ richtet gemeinsam mit ihrer Kollegin Christine Schickert die Tagung „Arbeiterbewegung von rechts?“ aus, die vom 22. bis 24. Juni in den Rosensälen der Jenaer Universität (Fürstengraben 27) stattfindet. Partner der Tagung ist die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen.

    Teilweise Abkehr der Arbeiterschaft von links

    Die teilweise Abkehr der Arbeiterschaft von links sei womöglich eine Folge der zunehmenden Entsicherung von Arbeitsverhältnissen und Arbeitsbedingungen, einer Einkommenspolarisierung und wachsender Ungleichheit, die in Deutschland zu beobachten ist, sagt Karina Becker. „Eine Minderheit von zehn Prozent der Bevölkerung Deutschlands besitzt mehr als 64 Prozent des gesamten Vermögens, zugleich verdient die Hälfte der relativ vermögensarmen Lohnabhängigen heute weniger als noch vor 15 Jahren“ – und nicht zuletzt gebe es das schon lange bröckelnde Wachstumsversprechen.

    „Die Formel, es wird allen besser gehen, greift schon lange nicht mehr“, sagt Christine Schickert. Damit stelle sich auch die Frage nach gesellschaftlicher Stabilität, die lange als mit Wirtschaftswachstum verknüpft galt, neu. Während der Tagung soll u. a. nach dieser Verknüpfung von Wachstum und Stabilität gefragt werden, auch mit dem Blick über die deutschen Grenzen hinaus. Thematisiert werden die Schweiz, Polen, Österreich und Portugal, zudem werden beispielsweise „Trumps Wähler“ analysiert. Den Beitrag steuert Prof. Arlie Hochschild von der University of California in Berkeley per Video bei. Die Soziologin war in den Südstaaten der USA unterwegs, um mit den Wählern Trumps ins Gespräch zu kommen.

    Sehnsucht nach Sicherheit

    Zu Beginn der Tagung spricht Prof. Dr. Klaus Dörre über „Sehnsucht nach Sicherheit. Der neue Rechtspopulismus und die Arbeiter“. Der Soziologe von der Universität Jena wird brisante Forschungsergebnisse vorstellen. So gibt es nach ersten Ergebnissen einer Studie, die unter Verantwortung Dörres erstellt wird, unter aktiven Gewerkschaftern sowie Betriebsrätinnen und -räten inzwischen Personen, die sich offen zur AfD, zu Pegida oder noch weiter rechts stehenden Organisationen bekennen. „Sich an Streiks zu beteiligen und den Bus zu organisieren, der sie zur Pegida-Demo bringt, stellt für diese Gewerkschafter keinen Widerspruch dar“, sagt Klaus Dörre. Zugleich warnt der Soziologe davor, diese Befunde zu skandalisieren. Seien doch die Gewerkschaften die einzige demokratische zivilgesellschaftliche Organisation, die diese Gruppen überhaupt noch erreichen.

    Weitere Themen der Tagung sind wahlsoziologische Befunde aus Deutschland und Westeuropa, der Brexit und die Sozialstruktur sowie die Frage nach Angst als Nährboden für einen neuen Rechtspopulismus.

    Zur Frage nach einer „Arbeiterbewegung von rechts?“ wird es als Abschluss der Tagung eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion geben. Vertreten sind dabei Annelie Buntenbach vom DGB, Prof. Sighard Neckel (Hamburg) und der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow. Moderiert wird die Diskussion von dem Journalisten und Buchautor Stephan Hebel.

    Gäste sind zur Tagung herzlich willkommen, es wird um Anmeldung gebeten per E-Mail an: ilka.scheibe[at]uni-jena.de.

    Kontakt:
    Dr. Karina Becker
    Forschungskolleg „Postwachstumsgesellschaften“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Humboldtstraße 34, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945032
    E-Mail: karina.becker[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.kolleg-postwachstum.de/Veranstaltungen/Veranstaltungen-p-4.html - das Programm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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