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Köln – Ende Juni hat die Europäische Kommission EU-Leitlinien für die umsichtige Verwendung von Antibiotika in der Humanmedizin veröffentlicht. Um die Verordnung von Antibiotika zu verbessern und auch in Zukunft Patienten therapieren zu können, die beispielsweise mit multiresistenten Erregern infiziert sind, komme Infektiologen eine zentrale Rolle zu, so die Kommission. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V. (DGI) begrüßt die Empfehlungen der Europäischen Kommission und nimmt sie gleichzeitig zum Anlass, auf die Defizite in der infektiologischen Versorgung in Deutschland hinzuweisen.
Noch immer seien in vielen deutschen Krankenhäusern weder Infektiologen beschäftigt, noch infektiologische Konsiliardienste etabliert. Das müsse sich dringend ändern, teilt die Fachgesellschaft mit.Die aktuelle Leitlinie wurde im Rahmen des Aktionsplans der Europäischen Kommission zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen erstellt und konzentriert sich auf Maßnahmen in der Humanmedizin. 2015 veröffentlichte die Institution bereits Leitlinien für den Veterinärbereich.
Die Leitlinie umfasst neben Hinweisen zum Umgang und der Verschreibung von Antibiotika auch Empfehlungen für die Ausstattung von Kliniken, zur Aus- und Weiterbildung von Spezialisten und zur Forschung. So stellt die Kommission heraus, dass in jeder Klinik ein Antibiotic Stewardship-Team etabliert sein sollte, dessen Aufgabe es ist, die umsichtige Verwendung und Verschreibung von Antibiotika sicherzustellen. Die Kommission regt zudem an, dass Spezialisten für Infektionskrankheiten, also Infektiologen, die Leitung des Antibiotic Stewardship-Teams übernehmen und zu Konsultationen herangezogen werden sollten, wenn Patienten an einer komplizierten oder durch einen multiresistenten Erreger verursachten Infektion erkrankt sind.
„Diese Empfehlungen machen einmal mehr deutlich, dass wir in Deutschland noch einigen Nachholbedarf bei der infektiologischen Versorgung haben“, sagt Professor Dr. med. Winfried Kern, Vorstandsmitglied der DGI und Leiter der Infektiologie der Universitätsklinik Freiburg. „Denn in den allermeisten Kliniken hierzulande sind Stellen für Infektiologen gar nicht regelhaft vorgesehen, und gerade an kleinen Krankenhäusern stehen oft auch keine infektiologischen Konsiliardienste zur Verfügung.“ Während in Ländern wie Schweden oder den USA auf eine Millionen Einwohner mehr als 20 Fachärzte für Infektiologie kommen, sind es in Deutschland nur rund sieben.
Dabei zeigen Studien, dass Patienten mit Infektionskrankheiten enorm profitieren, wenn Spezialisten an ihrer Behandlung beteiligt sind. 2016 hatten Wissenschaftler eine Reihe internationaler Studien gesichtet und deren Ergebnisse zusammengefasst. Hier zeigte sich, dass etwa bei der durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion (Sepsis) die Behandlung durch einen Infektiologen die Sterblichkeit der Patienten um fast die Hälfte senkt. Drei Aspekte waren nach Aussage der Übersichtsarbeit für die Behandlungsergebnisse entscheidend: Dass ein ausgewiesener Infektiologe zu Rate gezogen wurde, dass dies früh geschah und dass sich dieser persönlich am Krankenbett ein Bild machte. Kürzlich wurden ähnliche Erfahrungen im Management von Patienten mit Kryptokokken-Infektion berichtet: die Sterblichkeit der Patienten wurde um fast die Hälfte gesenkt.
„Wenn die Eindämmung von Resistenzen und die angemessene Versorgung komplexer Infektionen mit und ohne Resistenzen gelingen soll, dann muss der Einsatz von Infektionsspezialisten ein selbstverständlicher Bestandteil der medizinischen Versorgung in jeder Klinik in Deutschland werden“, sagt Professor Dr. med. Gerd Fätkenheuer, Vorsitzender der DGI und Leiter der Infektiologie an der Klinik I für Innere Medizin am Universitätsklinikum Köln. Neben dem Ausbau und der Stärkung der Antibiotic Stewardship-Programme und der Einrichtung von Stellen für Infektiologen müsse die Infektiologie zudem auf den unterschiedlichen Ebenen dringend gestärkt werden: im Studium, in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung und durch die Etablierung eines Facharztes für Infektiologie.
Literatur:
- European Commission, EU Guidelines for the prudent use of antimicrobials in human health, https://ec.europa.eu/health/amr/sites/amr/files/amr_guidelines_prudent_use_en.pd..., abgerufen am 14.07.2017
- Rieg S., Küpper MF.: Infectious diseases consultations can make the difference: a brief review and a plea for more infectious diseases specialists in Germany. Infection 2016; 44:159-66 http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs15010-016-0883-1
- Spec A., Olsen MA., Raval K., Powderly WG.: Impact of infectious diseases consultation on mortality of cryptococcal infection in patients without HIV. Clin Infect Dis 2017; 64:558-56. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27927865
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Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.
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https://ec.europa.eu/health/amr/sites/amr/files/amr_guidelines_prudent_use_en.pd...
http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs15010-016-0883-1
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27927865
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