idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.08.2017 11:15

Ein Herz aus Spinnenseide

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth

    Forscher der Universitäten Bayreuth und Erlangen legen den Grundstein zur künstlichen Produktion von Herzgewebe: Dank Spinnenseidenprotein und 3D-Druck haben Herzinfarktpatienten bald eine echte Chance auf Wiederherstellung ihres beschädigten Herzgewebes.

    Rund 1,8 Millionen Menschen leiden laut deutscher Herzstiftung e.V. in Deutschland unter einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Ursache ist meist der irreversible Verlust von Herzmuskelzellen durch Herzerkrankungen, zum Beispiel einen Herzinfarkt. Zurzeit gibt es keine Therapie, die einen solchen Schaden an den Zellen umkehren kann. Einen vielversprechenden Weg haben die Forscher der Universität Bayreuth um Prof. Dr. Thomas Scheibel (Biofabrikation) zusammen mit Kollegen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg um Prof. Dr. Felix Engel (Experimentelle Nieren- und Kreislaufforschung) eingeschlagen: Sie entwickeln Herzmuskelgewebe aus Spinnenseide. Ihre Entdeckung, dass sich solch ein künstlich im Labor entwickeltes Seidenprotein für die Produktion von Herzgewebe eignet, haben sie jetzt in der Zeitschrift ‚Advanced Functional Materials‘ veröffentlicht.

    Der Schlüssel zu künstlichem Herzgewebe ist aus Sicht der Forscher Seide – oder vielmehr die Proteine, die der Seide ihre Struktur und mechanische Festigkeit verleihen: Fibroine. Prof. Dr. Felix Engel aus der Nephropathologischen Abteilung des Universitätsklinikums der FAU hat gezeigt, dass sich die Seide des Indischen Seidenspinners besonders gut als Gerüstmaterial eignet, um Herzgewebe herzustellen. Bisher war es aber nicht möglich, das Protein in ausreichender Menge und gleichbleibender Qualität herzustellen. Da kommt die Universität Bayreuth ins Spiel: „Uns ist es gelungen, ein rekombiniertes Seidenprotein der Gartenkreuzspinne in größeren Mengen und bei gleichbleibender hoher Qualität zu produzieren“, sagt Prof. Dr. Thomas Scheibel, Inhaber des Lehrstuhls für Biomaterialien an der Universität Bayreuth. Spinnenseide eignet sich hervorragend als Material für Biotinte, mit der gewebeähnliche Strukturen im dreidimensionalen Druck hergestellt werden können. Die dabei verwendeten lebenden Zellen von Menschen oder Tieren bleiben in der Regel funktionstüchtig. Deshalb haben sich die beiden Forscher zusammengetan und die Proteine der Kreuzspinnenseide mit ihren Teams weiter untersucht.

    Jana Petzold aus dem Erlanger Team und Tamara Aigner aus der Bayreuther Arbeitsgruppe haben erforscht, wie sich das im Labor konstruierte Seidenprotein eADF4(κ16) für die Herstellung von Herzgewebe nutzen lässt. Hierfür brachten sie einen dünnen Film des Seidenproteins auf einen Glasträger auf, worauf wiederum andere Zellen (Bindegewebszellen oder Blutgefäßzellen) platziert wurden. Besonderes Augenmerk legten sie bei ihrer Untersuchung auf die Funktion der Herzmuskelzellen: So konnten die Wissenschaftlerinnen nachweisen, dass die für die Hypertrophie (also die Vergrößerung von Herzmuskelzellen zum Beispiel bei Sportlern oder Schwangeren) verantwortlichen Faktoren auch zu einem Volumenwachstum bei den Herzmuskelzellen führen, die auf eADF4(κ16)-Film gezüchtet worden waren.

    Die Arbeit der Erlanger und Bayreuther Wissenschaftler sowie die Möglichkeiten, künstliche Seidenproteine im 3D-Verfahren zu drucken, sind somit die ersten Schritte in Richtung künftiger Verfahren zur Produktion funktionellen Herzgewebes. Prof Dr. Thomas Scheibel ist daher optimistisch: „Funktionierendes Herzgewebe kann sehr bald künstlich hergestellt werden. Die Frage ist nun, wann und wie dies in der Klinik ankommt.“

    Publikation:

    ‘Surface features of recombinant spider silk protein eADF4(κ16)-made materials are well-suited for cardiac tissue engineering’ veröffentlicht in der Zeitschrift Advanced Functional Materials (DOI: 10.1002/adfm.201701427).

    Kontakt:

    Prof. Dr. Thomas Scheibel
    Lehrstuhl Biomaterialien
    Fakultät für Ingenieurwissenschaften (ING.) der Universität Bayreuth
    Tel.: 0921 - 55 7360
    E-Mail: thomas.scheibel@uni-bayreuth.de

    Prof. Dr. Felix Engel
    Experimentelle Nieren- und Kreislaufforschung
    Pathologisches Institut der Universität Erlangen-Nürnberg
    Tel.: 09131 - 85 25699
    E-Mail: felix.engel@fau.de


    Bilder

    Spinnenseide ist der Schlüssel zur Wiederherstellung von geschädigtem Herzgewebe.
    Spinnenseide ist der Schlüssel zur Wiederherstellung von geschädigtem Herzgewebe.
    Foto: Universität Bayreuth.
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).