idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.12.2017 10:39

Höhere Spenden dank Nudging

Mathias Rauck Kommunikation
Institut für Weltwirtschaft (IfW)

    In einem Experiment am Kieler Hauptbahnhof wiesen Forscher des IfW nach: Menschen spenden bereitwilliger, wenn ihnen bewusst vor Augen geführt wird, dass die Spendenbereitschaft in Deutschland höher ist, als von ihnen angenom-men. Erkenntnisse, die auf die Energieeinsparung, die Altersvorsorge oder die Wahlbeteiligung übertragbar sein können.

    Menschen passen ihr Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Normverhalten einer sozialen Gruppe, der sie sich zugehörig fühlen, an. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verhaltensanpassung steigt, wenn Menschen bislang von falschen Annahmen über das Normverhalten ausgingen und diese nun korrigieren müssen. Zu dieser Erkenntnis kommen Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und zeigen in einer empirischen Studie, wie die Spendenbereitschaft von Menschen erhöht werden kann.

    In dem Experiment erhielten Personen am Kieler Hauptbahnhof, die auf den öffentlichen Nahverkehr warteten, ein Rubbellos geschenkt. Sie wurden auf den möglichen Hauptgewinn von 60.000 Euro hingewiesen und gefragt, ob sie ihr Los an eine örtliche Kinderhilfsorganisation spenden wollen.

    Die erste Personengruppe erhielt keine weiteren Informationen. Der zweiten Gruppe wurde mitgeteilt, dass laut einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums jährlich etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung spenden. Die Personen der dritten Gruppe mussten zunächst eine Vermutung darüber abgeben, wie viel Prozent der deutschen Bevölkerung jährlich spenden, bevor sie die Informationen darüber genannt bekamen.

    Im Ergebnis waren in der ersten Gruppe von acht Personen knapp vier bereit, ihr Rubbellos zu spenden (48 %), in der zweiten Gruppe waren es knapp fünf von acht Personen (61 %) und in der dritten Gruppe waren über sechs von acht Personen bereit, ihr Rubellos zu spenden (77 %). Dabei war die Spendenbereitschaft am höchsten, wenn das durchschnittliche Spendenverhalten zu niedrig eingeschätzt wurde.

    „Das durchschnittliche Spendenverhalten der deutschen Bevölkerung nicht nur zu nennen, sondern zunächst schätzen zu lassen, hatte einen enormen Effekt auf das Ergebnis“, sagte Felix Gelhaar, Verhaltensökonom am IfW und Mitautor der Studie. „Personen, welche die durchschnittliche Spendenbereitschaft unterschätzen, werteten dies offenbar als Hinweis darauf, dass ihr eigenes Spendenverhalten unter der sozialen Norm liegt und waren daraufhin deutlich spendabler als Personen, die keine Informationen über die soziale Norm hatten oder nicht vor Augen geführt bekamen, dass ihre Annahmen darüber zu niedrig sind.“

    Bereits heute wird versucht, auf das Verhalten von Menschen Einfluss zu nehmen, indem ihnen Informationen über soziale Normen gegeben werden. Beispielsweise reduzieren Personen ihren Energieverbrauch, wenn sie erfahren, dass der Durchschnittsverbrauch in der Nachbarschaft unter ihrem eigenen liegt. Die Erkenntnisse gehen auf Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler und seine Arbeiten zum „Nudging“ zurück. Darunter versteht man das Bewirken einer Verhaltensänderung nicht durch Regeln, sondern freiwillig auf Grundlage eines „Nudge“, in etwa „Anstupsers“.

    Die Autoren empfehlen, soziale Normen künftig nicht mehr nur zu nennen, sondern zunächst schätzen zu lassen. „Um eine Schätzung zu bitten ist leicht in der Umsetzung, kostengünstig und äußerst wirkungsvoll“, so Gelhaar. „Auch die Bemühungen um Energie- und Wassereinsparungen, eine bessere Altersvorsorge oder eine höhere Wahlbeteiligung könnten damit vorangetrieben werden.“

    Die Studie „Social comparison nudges—Guessing the norm increases charitable giving” [http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0165176516305328] erschien im Journal Economics Letters. Sie ist in leicht veränderter Form als Kiel Working Paper [https://www.ifw-members.ifw-kiel.de/publications/social-comparison-nudges-guessi...] frei zugänglich.

    Fachlicher Ansprechpartner:
    Felix Gelhaar
    IfW-Forschungsbereich Sozial- und verhaltensökonomische Ansätze zur Lösung globaler Probleme
    T +49 431 8814-619
    felix.gelhaar@ifw-kiel.de

    Medienansprechpartner:
    Mathias Rauck
    T +49 431 8814-411
    mathias.rauck@ifw-kiel.de

    Institut für Weltwirtschaft
    Kiel Institute for the World Economy
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel, Germany
    www.ifw-kiel.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).