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Wissenschaft
4.6.1997
Optimale Standortwahl: Operations Research im Wirtschaftsbetrieb
Fuer herausragende Arbeiten auf dem Gebiet des Operations Research in Theorie und Praxis vergibt die Swiss OR Society aller drei Jahre einen Preis, dotiert mit 2000 Schweizer Franken. Eine solche Arbeit hatte der Wirtschaftsmathematiker Paul Wentges verfasst, als er, inzwischen wissenschaftlicher Mitarbeiter in der von Prof. Dr. Klaus Hellwig geleiteten Abteilung Betriebswirtschaft der Universitaet Ulm, 1994 an der Universitaet Sankt Gallen zum Dr. oec. promoviert wurde. Fuer seine Dissertation "Standortprobleme mit Beruecksichtigung von Kapazitaetsrestriktionen: Modellierung und Loesungsverfahren" empfing Wentges die Auszeichung auf der Hauptversammlung der Swiss OR Society in Bern am 23. Mai 1997.
Intuition und Mathematik
Standortentscheidungen sind aufgrund ihrer langfristigen Auswirkungen von grosser Bedeutung fuer den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Das sprichwoertliche Fingerspitzengefuehl mag dabei von Vorteil sein - in aller Regel sind jedoch ein systematisches Vorgehen und die Anwendung geeigneter Modelle und Methoden unerlaesslich. Die mathematische Teildisziplin des Operations Research stellt eine Reihe solcher Modelle und Loesungsverfahren bereit, darunter das Capacitated-Facility-Location-Problem (CFLP), das als eines der wichtigsten Standortmodelle aus dem Bereich der ganzzahligen Programmierung gilt und den Ausgangspunkt von Wentges' Untersuchungen bildet.
Ein klassischer Anwendungsfall des CFLP ist das folgende Szenarium: Eine Firma plant zur besseren und kostenguenstigeren Versorgung ihrer Kunden die Einrichtung von Warenauslieferungslagern mit jeweils begrenzter Lagerkapazitaet. Aus einer vorgegebenen Menge potentieller Standorte ist eine Standortkombination so auszuwaehlen, dass die Summe der Kosten zur Errichtung der Verteilzentren und der Transportkosten zur Belieferung der Kunden minimiert wird.
Schrittweise
Capacitated-Facility-Location-Probleme sind schwer loesbar. Der Mathematiker steht vor der Doppelaufgabe, zum einen geeignete Standorte auszuwaehlen, zum anderen die Kunden den gewaehlten Standorten zuzuordnen. Als vielversprechende Loesungsansaetze haben sich hier die Dekompositionsverfahren der gemischt-ganzzahligen linearen Programmierung erwiesen. Deswegen stand die Auseinandersetzung mit diesen Verfahren - der "Benders-", der "Dantzig-Wolfe-" und der "Cross-Dekomposition" - im Mittelpunkt von Wentges' Untersuchungen. Die Strategie aller Dekompositionsverfahren besteht darin, das Problem in Teilfragen zu zerlegen und diese schrittweise zu loesen. Die in den einzelnen Rechendurchgaengen, den Iterationsschritten, gewonnenen Informationen werden dabei zur Konstruktion des jeweils naechsten zu loesenden Teilproblems genutzt.
Den Anwender interessiert in diesem Zusammenhang neben der Zuverlaessigkeit der Resultate vor allem, in wie vielen Schritten er zum Ziel kommt - der Mathematiker sagt: wie schnell das Verfahren konvergiert. Im Falle schwieriger Testprobleme, rekapituliert Wentges, sei die Konvergenzgeschwindigkeit saemtlicher von ihm betrachteter Verfahren zunaechst unzureichend gewesen, so dass er beschloss, verschiedene Techniken zu ihrer Verbesserung zu entwerfen.
Konvergenz durch Praezision
Bei der Benders-Dekomposition beispielsweise wird in jedem Iterationsschritt eine erfolgversprechende Standortkombination gestestet, aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen eine weitere Bedingung zum Auffinden verbesserter Standortkonfigurationen abgeleitet und anschliessend auf der Basis aller bisher erzeugten Informationen eine neue Kombination bestimmt. Je exakter diese Bedingungen formuliert, je praeziser also in jedem Durchgang die Vorgaben bestimmt werden, die eine optimale Standortkombination erfuellen muss, desto besser konvergiert das Verfahren. Am Ende war es dem Forscher nicht nur gelungen, die Konvergenzgeschwindigkeit aller Verfahren erheblich zu steigern - durch den Nachweis erwuenschter Eigenschaften hatte er ihre Qualitaet auch theoretisch untermauert.
Auch ein noch so verfeinertes mathematisches Instrumentarium vermag im allgemeinen nicht die Bestimmung einer optimalen Standortkombination zu garantieren, da aufgrund der oft sehr komplexen realen Problemstellungen gar nicht alle relevanten Einflussfaktoren im Modell beruecksichtigt werden koennen. Die Verfahren des Operations Research sind aber ein sehr nuetzliches Hilfsmittel zur Entscheidungsvorbereitung und -unterstuetzung, weil sie durch die Bereitstellung und Aufbereitung entscheidungsrelevanter Daten eine gute Informationsbasis fuer den Entscheidungstraeger legen und einen tieferen Einblick in die Struktur und Abhaengigkeiten der jeweiligen Problemstellung vermitteln.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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