idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.02.2018 17:47

Kunststoffteilchen präzise steuern: Bayreuther Physiker finden ungewöhnliche Kolloide

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth

    Physiker der Universität Bayreuth haben Kunststoffteilchen entdeckt, die es ermöglichen, Bewegungen einzelner Moleküle lückenlos zu beobachten und präzise zu steuern. Neuartige Mikrochips, die nur wenige Zehntelmillimeter groß sind und eine derartige Steuerung gewährleisten, sind daher keine Zukunftsmusik mehr. Bei den Kunststoffteilchen handelt es sich um Kolloide. Im Inneren eines komplexen, magnetisch strukturierten Materials verändern sie ihre Position kaum, an den Grenzen des Materials bewegen sie sich jedoch zügig voran.

    Auf den Spuren der Nobelpreisträger

    Die Kolloide verhalten sich somit ähnlich wie die Elektronen topologischer Isolatoren. Dies ist eine Materialklasse, die seit wenigen Jahren die physikalische Forschung immer stärker fasziniert. Topologische Isolatoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie an den Materialgrenzen elektrisch leitfähig sind, aber in ihrem Inneren keinen elektrischen Strom hindurchlassen. Es waren die britischen Physiker David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz, die mit theoretischen Berechnungen die Erforschung dieser Festkörper wesentlich vorangebracht haben und dafür 2016 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Seither stieg auch das Interesse an großen Partikeln, die ähnliche Eigenschaften wie die wesentlich kleineren Elektronen in topologischen Isolatoren haben und ihnen analog sind.

    Den Bayreuther Physikern ist es nun erstmals gelungen, solche Partikel zu identifizieren. Es sind Kolloide, die an ihrer jeweiligen Position verharren, wenn sie im Inneren eines komplexen Materials platziert sind. Doch an den Grenzen dieses Materials können sie sich entlanghangeln. Hier bewegen sie sich in schleifenförmigen Bahnen zügig fort. Bisher sind keine anderen Teilchen bekannt, die den Elektronen topologischer Isolatoren in dieser Weise ähnlich sind.

    Künftige Chips als Miniatur-Laboratorien

    Das außergewöhnliche Verhalten dieser Kolloide in und auf einem komplexen Material beruht auf dem strukturierten Magnetfeld, dem sie ausgesetzt sind. Infolge dieses Magnetfelds lässt sich die Fortbewegung der Kolloide auf der Oberfläche des Materials nicht nur ununterbrochen beobachten, sondern auch präzise steuern. Genau hier liegt ein vielversprechendes Potenzial für künftige Anwendungen in Forschung und Entwicklung: „Auf den Kolloiden lassen sich – beispielsweise im Rahmen biomedizinischer Untersuchungen – einzelne Moleküle platzieren, die im Huckepack-Verfahren exakt von einer Position an eine andere gewünschte Position transportiert werden. Die Kolloide eignen sich daher für die Herstellung von Mikrochips, auf denen diese Prozesse exakt gesteuert und beobachtet werden können. Diese Chips wären dann Miniatur-Laboratorien für verschiedenste Experimente, die auf eine derartige präzise Steuerung angewiesen sind“, erklärt Dr. Daniel de las Heras, der die Forschungsarbeiten in Bayreuth gemeinsam mit Dr. Johannes Löhr vorangetrieben hat.

    Forschungskooperationen:

    Die jetzt in Communications Physics veröffentlichten Erkenntnisse sind hervorgegangen aus einer engen Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen an der Universität Kassel und der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań.

    Veröffentlichung:

    Loehr, J., de las Heras, D., Jarosz, A., Urbaniak, M., Stobiecki, F., Tomita, A., Huhnstock, R., Koch, I., Ehresmann, A., Holzinger, D. & Fischer, Th. M., Colloidal topological insulators. Communication Physics (2018), DOI: 10.1038/s42005-017-0004-1

    Kontakt:

    Prof. Dr. Thomas Fischer
    Lehrstuhl für Experimentalphysik V
    Universität Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 55-3342
    E-Mail: thomas.fischer@uni-bayreuth.de


    Bilder

    Dr. Daniel de las Heras beim Aufbau der kolloidalen topologischen Isolatoren in einem Physiklabor der Universität Bayreuth.
    Dr. Daniel de las Heras beim Aufbau der kolloidalen topologischen Isolatoren in einem Physiklabor de ...
    Foto: Christian Wißler.
    None

    An den Grenzen des Materials bewegen sich die Kunststoffteilchen in ausgedehnten schleifenförmigen Bahnen; im Inneren bewegen sie sich nur in geschlossenen Bahnen und verändern ihre Position kaum.
    An den Grenzen des Materials bewegen sich die Kunststoffteilchen in ausgedehnten schleifenförmigen B ...
    Grafik: Lehrstuhl für Experimentalphysik V, Universität Bayreuth.
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
    Chemie, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).