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Wissenschaft
Bochum, 18.02.1998 Nr. 41
Mit Infrarot ins Feuer schauen ...
... und Verbrennungsprozesse optimieren RUB-Wissenschaftler heizt Müllverbrennung ein
Wie sich Brände im Feuerraum von Müllverbrennungsanlagen (MVA) ausbreiten, kann man jetzt mit Infrarotkameras verfolgen. Dr. Martin Walter hat in seiner ,Untersuchung von Verfahren zur kontinuierlichen Analyse der Müllverbrennung in Rostfeuerungen mit Hilfe der Infrarotthermographie" einen Weg zur deutlichen Optimierung von Müllverbrennungen entwickelt. Infrarotaufnahmen geben Auskunft über die Lage der Hauptbrandzonen und den zeitlichen Verlauf des Brandes. Das Bedienungspersonal der MVA kann damit die Verbrennungsvorgänge besser steuern. Ziel der weiteren Forschung von Dr. Walter war die Online-Auswertung der Infrarotaufnahmen und die Einbindung in die automatische Prozeßregelung. Die Dissertation von Dr. Walter wurde von Prof. Dr. Hans Kremer (Energieanlagentechnik, Fakultät für Maschinenbau der RUB) betreut.
Wie man besser röstet
In MVAn fällt der Abfall durch einen Schacht auf den Verbrennungsrost und wird darauf durch den Feuerraum transportiert. Die Luft, die durch den Rost geleitet wird, und die hohe Temperatur - über 1000°C - trocknen den Abfall, bis er sich auf dem Weg durch den Feuerraum entzündet und vollständig ausbrennt. Durch Infrarotkameras im Brennraum erhält der Operateur jetzt unmittelbare Auskunft über den laufenden Verbrennungsvorgang. Er kann dann die optimale Feuerungstemperatur regeln, indem er die Luftzufuhr auf dem Verbrennungsrost variiert oder die Transportgeschwindigkeit und die Abfallmenge in der Brennkammer verändert. Die Infrarotkameras zeichnen die Wärmestrahlung auf und informieren über die Temperaturverteilung des Abfalls auf dem Verbrennungsrost.
Das Feuer muß atmen
Der Bochumer Wissenschaftler hat in Versuchen in der MVA in Hamburg Stapelfeld herausgefunden, welche Faktoren die Verbrennung beeinflussen. Demanch besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Lage des Feuers im Brennraum und der einströmenden Luftmenge. Diese Erkenntnis nutzte er für eine neue Regelungsstrategie, die auf der on-line-Verarbeitung der Infrarotbilder basiert: Die Lage der Hauptausbrandzone wird berechnet und die einzelnen Brandherde auf dem Verbrennungsrost werden identifiziert. Die Ergebnisse werden einem Prozeßregelungscomputer zugeführt, der automatisch die Feuerungsbedingungen optimiert. Bisher war es nur möglich, den Einfluß dieser Faktoren indirekt zu verwerten; man war bei einem Verbrennungsvorgang auf die Meßergebnisse der Rauchgasentwicklung und Emissionen angewiesen und konnte das Feuer erst nachträglich einregeln.
Verfahren bisher zu teuer
MVA-Betreiber haben Schwierigkeiten, den Feuerungsprozeß an die - weitgehend unbekannten - Abfallmischungen anzupassen. Die Zusammensetzung der Abfälle ändert sich ständig, teils durch Mischungen aus unterschiedlichen Einzugsgebieten, teils durch saisonal bedingte Schwankungen. Damit ändern sich auch kontinuierlich die Verbrennungseigenschaften der Abfälle. Nasser Müll z.B. benötigt viel Zeit zur Trocknung; er zündet später, als trockener Abfall und brennt viel langsamer aus. Damit besteht die Gefahr, daß nasser Müll nicht vollständig ausbrennt und die dabei entstehende Schlacke nicht weiter verwertet werden kann. Dagegen kann sich sehr trockener Müll schon im Zuführschacht vor dem Feuerraum entzünden und dort einen Brand verursachen. Der Betrieb von MVAs erfordert deshalb eine intensive Beobachtung durch das Personal und führte bisher zu großzügig dimensionierten und kostspieligen Anlagen. Der Einsatz der Infrarottechnik bedeutet eine wesentliche Erleichterung des Verbrennungsbetriebs.
Verbrennen mit Fuzzy Logic
Die von Dr. Walter entwickelten Analysemethoden werden in einer weiterentwickelten Version bei einer neuen MVA in Hamburg zum Einsatz kommen. Die Infrarotaufnahmen werden on-line durch ein Feuerleistungs-Regelungskonzept verwertet, das mit Fuzzy Logic arbeitet. Diese Methodik erlaubt es, Zwischenwerte zwischen normalen ja/nein Bewertungen zu definieren. Sie werden zu mathematischen Gleichungen, mit denen Computer Aussagen wie ,ziemlich warm" oder ,ganz schön kalt" verarbeiten können. So werden menschenähnliche Denkweisen und Erfahrungswissen in die Computerprogrammierung übertragen. Diese Technik eignet sich insbesondere für die Regelung von Anlagen, die über mathematische Modelle nicht exakt beschrieben werden können, aber von menschlichen Bedienern einwandfrei beherrscht werden. Die neue MVA wird Ende des Jahres in Betrieb gehen.
Weitere Informatioen
Dr. Martin Walter, Tel.: 02261 / 85-3678, Fax: 02261 / 85-3729, E-mail: mwalter@steinmueller.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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