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06.03.2018 11:27

Bei Grippe: Impfen und Händewaschen statt Antibiotika

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

    Laut Umfrage einer Krankenkasse erhielt 2016 jeder vierte Versicherte, der erkältet war, von seinem Hausarzt Antibiotika (1). Dabei belegen viele Studien, dass Antibiotika bei Erkältungen und Grippe keinen Nutzen bringen. Stattdessen erhöht der großflächige Einsatz die Gefahr für Resistenzentwicklungen, so die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Was Ärzte und Patienten tun können, um Antibiotika effizient einzusetzen und Resistenzen vorzubeugen, erklären Experten auf einer Pressekonferenz, die im Vorfeld des DGP-Kongresses in Berlin stattfindet.

    Da Atemwegsinfektionen meist durch Viren ausgelöst werden, bringen Antibiotika keine Linderung. „Stattdessen wird der Patient nur unnötigen Nebenwirkungen ausgesetzt“, betont Professor Dr. med. Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene in Jena. Allerdings können klassische Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen, Kopf- und Halsschmerzen auch die Folge einer bakteriell bedingten Lungenentzündung sein, die schnellstmöglich mit Antibiotika behandelt werden sollte. Um festzustellen, ob Viren oder Bakterien für die Erkrankung verantwortlich sind, benötigt es einen Test – dieser aber dauert zwei bis drei Tage und ist zudem nicht immer eindeutig. Viele Hausärzte verschreiben das Antibiotikum deswegen sicherheitshalber, erklärt der DGP-Experte. Denn falls doch eine Lungenentzündung vorliegt, sollte diese schnellstmöglich behandelt werden. Zweitens können sich auf dem Schleim, der sich bei Grippe in den Bronchien festsetzt, zusätzlich Bakterien ansiedeln, die eine sogenannte Superinfektion verursachen.

    Mithilfe von Procalcitonin, einem Entzündungsparameter im Blut, können Ärzte nachweisen, ob es sich um eine bakterielle Infektion handelt. Studien zeigen, dass die Verordnung von Antibiotika nach Procalcitoninwert bei ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen 40 bis 60 Prozent Antibiotikaverbrauch einsparen kann, ohne die Patienten zu gefährden. Hier fehlt es aber noch an geeigneten Tests, die der Hausarzt in der Praxis durchführen kann.

    Patienten können einen großen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzen leisten, so Pletz. „Wer Antibiotika genau nach Anweisung vom Arzt einnimmt, verhindert die Entstehung multiresistenter Keime und tut gleichzeitig das Beste für die eigene Gesundheit.“ Folgendes empfiehlt der Experte:

    - Mehrmals tägliches Händewaschen mit Wasser und Seife schützt vor Infektionen.
    - Wie bei jedem Medikament, gilt auch für die Einnahme von Antibiotika: Sie sollte so kurz wie möglich und so lange wie nötig erfolgen. Antibiotika müssen nicht immer bis zum Ende der Packung eingenommen werden. Manchmal reicht eine verkürzte Anwendung. Patienten sollten die Medikamente jedoch niemals in Eigenregie absetzen, sondern dies mit ihrem Arzt besprechen.
    - Am Ende der Behandlung sollten übrig gebliebene Antibiotika entsorgt werden. Auf keinen Fall sollte man Medikamente von einer früheren Behandlung auf Gutdünken wiederverwenden.
    - Kinder, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen sollten sich außerdem nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) gegen Pneumokokken und jährlich Influenza impfen lassen. Beide Impfungen schützen nachweislich vor Atemwegserkrankungen und deren Folgen wie etwa Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen. Neue Studien zeigen auch, dass gerade die Influenza das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall drastisch erhöht – und dass die Impfung dieses Risiko reduziert.
    - Generell ist die jährliche Influenza-Impfung für jeden sinnvoll, insbesondere für Menschen mit vielen Kontakten zum Beispiel in medizinischen Berufen.

    „Um der Gefahr durch multiresistente Keime zu begegnen, benötigen wir letztendlich immer wieder neue Antibiotika“, erklärt Pletz, „denn die Entwicklung von Resistenzen gehört zur Evolution von Bakterien – und Evolution lässt sich nicht aufhalten. Bis die neuen Substanzen auf dem Markt sind, gilt es, die Verbreitung von Resistenzen zu vermeiden durch verbesserten Infektionsschutz, strengere Krankenhaushygiene und leitliniengerechte Therapiestandards“. Welche Maßnahmen außerdem notwendig sind, um die Ausbreitung multiresistenter Keime zu verhindern und Antibiotika zu sparen, diskutieren Experten auf einer Pressekonferenz, die im Vorfeld des 59. DGP-Kongresses in Berlin stattfindet.

    Quelle

    (1) https://www.tk.de/tk/pressemitteilungen/bundesweite-pressemitteilungen/951490

    *************************************************************
    Pressekonferenz im Vorfeld des 59. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)

    Termin: Mittwoch, 7. März 2018, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Ort: Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Raum 4
    Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin

    Themen und Referenten:

    Kampf gegen resistente Keime: Was Arzt und Patient gemeinsam tun können
    Professor Dr. med. Mathias Pletz

    Feinstaub, Stickoxide, Ozon: Darf man in Großstädten noch atmen?
    Dr. Joachim Heinrich

    Tuberkulose: Wie groß ist die Bedrohung für Deutschland und die Welt?
    Professor Dr. med. Torsten Bauer (DZK)

    Vorkämpfer, Mitläufer und die schweigende Masse: Lungenheilkunde im Nationalsozialismus
    Professor Dr. med. Robert Loddenkemper

    Moderation: Anne-Katrin Döbler, Pressestelle der DGP, Stuttgart

    Weitere Pressekonferenz auf dem Kongress: http://pneumologie-kongress.de/pressekonferenzen/

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    Kontakt für Journalisten:
    Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
    Kongress-Pressestelle
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart

    Tel.: 0711 89 31 459 | -168
    Fax: 0711 89 31 167
    stroehlein@medizinkommunikation.org
    balz@medizinkommunikation.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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