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Der Entwurf einer neuen Verbraucherkreditrichtlinie (VKR) der Europäischen Union ist ein Gesetz gegen den Verbraucher: Die VKR macht u. a. Verbraucherkredite teurer, sperrt einkommensschwache Konsumenten aus und dient somit nicht dem eigentlichen Ziel, die Verbraucher zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommen drei Wirtschaftswissenschaftler der RUB in ihrem Gutachten für den Bankenfachverband (Berlin). Aufgrund des Bochumer Gutachtens forderte der Verband die EU-Kommission heute auf, den Richtlinienentwurf zurückzuziehen.
Bochum, 18.09.2003
Nr. 292
Ein Gesetz gegen den Verbraucher
RUB-Gutachten über neue EU-Richtlinie
Schutzniveau bei Verbraucherkrediten wird gesenkt
Der Entwurf einer neuen Verbraucherkreditrichtlinie (VKR) der Europäischen Union ist ein Gesetz gegen den Verbraucher: Die geplante Richtlinie macht Verbraucherkredite teurer, sperrt einkommensschwache Konsumenten aus, führt zu einer staatlichen Bevormundung und dient somit nicht dem eigentlichen Ziel, die Verbraucher zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommen die RUB-Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Wim Kösters, Prof. Dr. Stephan Paul und Dr. Stefan Stein (Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft, ikf) in einem Gutachten über den Richtlinienentwurf für den Bankenfachverband (Berlin), der die Interessen führender deutscher Spezialbanken vertritt. Aufgrund des Bochumer Gutachtens forderte der deutsche Bankenfachverband die EU-Kommission heute auf, den Richtlinienentwurf zurückzuziehen.
Fotos im Internet
Fotos der drei Bochumer Gutachter stehen im Internet unter
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00292.htm
Europäische Regulierungswut
Die Bochumer Wirtschaftswissenschaftler haben die Richtlinie aus Sicht der Verbraucher unter die Lupe genommen. Das Ziel der VKR, einen grenzüberschreitenden Kreditmarkt in Europa zu schaffen, werde verfehlt, so das Gutachten. Stattdessen sei die Richtlinie eine "übermäßige Regulierung", die den Wettbewerbs- und Marktgedanken ("Spirit of Competition") schwäche. "Das geplante Gesetz zum Schutz des Verbrauchers erweist sich damit in letzter Konsequenz als ein Gesetz gegen den Verbraucher", schreiben Kösters, Paul und Stein in ihrem Fazit. Sie fordern hingegen "Verbraucherschutz mit Augenmaß": Europa brauche eine Regelung, die eine Balance herstellt zwischen dem Schutz des Verbrauchers, seiner Verpflichtung zu verantwortlichem Handeln und seinem Recht auf Selbstbestimmung.
"Schützenswerte Verbraucher" im schutzlosen Raum
Der Richtlinienentwurf enthält hingegen ein Übermaß staatlicher Bevormundung, wodurch besonders "schützenswerte" Verbraucher erheblich schwerer Zugang zu Kreditmitteln erhalten oder gar ganz ausgeschlossen werden - etwa bankunerfahrene, einkommensschwache Konsumenten aus wirtschaftlichen und sozialen Problemregionen. Diese müssten auf Finanzierungsformen und -institute ausweichen, die außerhalb des Regelungsbereichs liegen. Mit der Konsequenz, dass gerade diese Verbraucher, die eine hohe Konsumquote haben, als Nachfrager ausfallen. Daraus ergeben sich negative Multiplikatoreffekte, die sich bis hin zu steigender Arbeitslosigkeit fortpflanzen, so die Bochumer Wissenschaftler.
Fortschreitende Bürokratisierung
Ihr Gutachten mit zehn Kernthesen haben Kösters, Paul und Stein dem Bankenfachverband überreicht. Verbandsgeschäftsführer Peter Wacket forderte die EU-Kommission daraufhin auf, den Richtlinienentwurf zurückzuziehen: "Eine fortschreitende Bürokratisierung der Kreditvergabe kann nicht im Sinne der Verbraucher sein", sagte er heute in Berlin. Der Entwurf steht außerdem in der Kritik des zuständigen Rechtsausschusses im EU-Parlament: Dieser hatte sich jüngst geweigert, den Richtlinienentwurf weiter zu beraten.
Weitere Informationen
Dr. Stefan Stein, Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft (ikf), Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der RUB, Tel. 0234/32-25344, E-Mail: stefan.stein@rub.de
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00292.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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