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25.04.2018 16:09

Eduard Rosenthal-Denkmal: Beginn einer Spurensuche

Angelika Bohn Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Mit dem Botho-Graef-Kunstpreis 2018 wollen Stadt und Universität Jena den Rechtswissenschaftler, Politiker, Demokraten und Bürger Eduard Rosenthal (1853-1926) würdigen. Sieben Künstler und Künstler-Duos haben jetzt bei einem dreitägigen Workshop in Jena, Erfurt und Weimar authentische Wirkungsorte und Standorte für ein dezentrales Denkmal erkundet.

    Ein Denkmal soll entstehen, Zeichen und Wundmal. Ein Denkmal für nicht nur einen Ort, sondern an den Wirkungsstätten Eduard Rosenthals in Jena und Weimar sowie in Erfurt, wo 2020 der 100. Jahrestag der Thüringer Landesverfassung gefeiert wird, als deren Vater er gilt. Ein Denkmal auf der Höhe zeitgenössischer Erinnerungskultur für den Gelehrten, Politiker und Jenaer Bürger Eduard Rosenthal, so das erklärte Ziel des Botho-Graef-Preises 2018. Die Künstler Horst Hoheisel & Andreas Knitz (Kassel & Berg), Antonia Low (Berlin), Michaela Melián (Eurasburg), Marcel Odenbach (Köln), Patricia Pisani (Berlin), Luise Schröder (Leipzig) und Stih & Schnock (Berlin) sind eingeladen, sich um den Zuschlag zu bewerben.

    Wo beginnen, wenn man aus Berlin, Köln, Leipzig oder Kassel kommt und in Jena einem verschwundenen Bildnis nachspüren will? Die Stadt, vertreten durch Jonas Zipf von JenaKultur, und die Friedrich-Schiller-Universität, vertreten durch Kuratorin Prof. Dr. Verena Krieger, begrüßen die Künstler in Jena und haben ein Paket mit Wissen und Vorträgen zu Eduard Rosenthal geschnürt. Zudem sollen mögliche Standorte für das dezentrale Denkmal in Augenschein genommen, Geschichte und Gegenwart der Stadt Jena beleuchtet und die Dimensionen der Aufgabe abgesteckt werden.

    Beginn in der Villa Rosenthal

    Wo besser als im Kulturzentrum Villa Rosenthal kann in Jena diese Spurensuche beginnen? Sie ist authentischer Ort der Erinnerung und ambivalenter Ort der Erinnerungskultur zugleich. Als sie 2009 sorgfältig saniert eröffnet wird, rückt der weitgehend vergessene Eduard Rosenthal in Jena wieder ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. Glanz und Ausgrenzung der Rosenthals sind in der Villa fühlbar wie an keinem anderen Ort der Stadt. 1891 haben sie sich ihr Heim unterhalb des Jenaer Westbahnhofs erbauen lassen. Zwei Jahre vor seinem Tod übertragen Eduard und Clara Rosenthal testamentarisch Villa, Garten und den Pavillon für den 1914 gefallenen einzigen Sohn der Stadt.

    Clara, für die ein lebenslanges Wohnrecht festgeschrieben ist, lebt hier, bis sie sich 78-jährig unter dem Druck antisemitischer Verfolgung das Leben nimmt. In welchem Raum sie stirbt, ist bekannt, doch so gut wie alles an Briefen, Hausrat und Habseligkeiten ist verloren. Oft muss Rosenthal-Experte Dr. Dietmar Ebert im Künstlergespräch antworten: „Wir wissen es nicht sicher“. Für ein neues Buch – es wird Mitte des Jahres erscheinen – hat Ebert Archive nach Briefen der Rosenthals an Menschen durchforstet, mit denen das Paar bekannt war.

    Der erste Schritt bei jedem Projekt sei, Wissen und Eindrücke wie ein Schwamm aufzusaugen, sagt der Künstler und Architekt Andreas Knitz. Das bekannteste Werk von Horst Hoheisel & Andreas Knitz ist sicher das „Denkmal an ein Denkmal“ in der Gedenkstätte Buchenwald, auf dem Barack Obama 2009 eine weiße Rose niederlegte. Das Künstler-Duo eröffnet am 15. Mai die den Wettbewerb flankierende Reihe von acht Künstlergesprächen, den „Artist Talks“.

    Rosenthals verschwundenes Bildnis

    Doch nicht nur die Verdienste Eduard Rosenthals soll das angestrebte Denkmal würdigen, auch sein verschwundenes Bildnis soll es thematisieren. Seit über 450 Jahren versammelt die Jenaer Universität in einer Ahnengalerie die Porträts ihrer Rektoren und bedeutenden Wissenschaftler. Zweimal war Eduard Rosenthal in Jena Rektor, sein Bildnis gehörte zur Sammlung.

    Bereits 1896 hatte Raffael Schuster-Woldan, damals der junge Star der Münchener Secession, Clara Rosenthal porträtiert. Er ist es dann auch, den die Universität drei Jahre nach Eduard Rosenthals Tod beauftragt, dessen Bildnis zu malen. Woldan fühlt sich geehrt. Doch das Gemälde darf nicht lange an den jüdischen Wissenschaftler und Demokraten erinnern. Ein Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten weist die Landesregierung an, das Bild zu entfernen. Es wird ins Depot gebracht, wo es sich noch befindet, als 1944 der Maler in Jena anfragt, ob er den Rahmen wiederbekommen könne. Das Ansinnen wirkt seltsam, bedenkt man, dass Schuster-Woldans allegorische Gemälde seit 1938 bei den Großen Deutschen Kunstausstellungen Höchstpreise erzielen.

    Rektor ist 1944 der fanatische NS-Rassentheoretiker Karl Astel. Er befindet, der Künstler kann den Rahmen haben, das Bild aber solle bleiben als Beleg dafür, dass „der Lehrkörper der Universität Jena sich jüdische Rektoren hat gefallen lassen“. Diese Äußerung ist der letzte Beleg für die Existenz des Bildes. Seitdem erinnert fast nichts mehr an Rosenthal, das Gedächtnis an ihn ist gleichsam gelöscht.

    Wie der Mensch Eduard Rosenthal aussah, der mit Ernst Abbe befreundet war und ihn bei der Gründung der Carl-Zeiss-Stiftung unterstützte, der den Lesehallenverein im Volkshaus und die Jenaer Baugenossenschaft gründete, der dem Kunstverein vorstand, zeigen wenige Fotos. Es gibt auch eine Porträtskizze des Malers Georg Sauter (1866-1937) und eine Skizze des Weimarer Malers Alfred Ahner (1890-1973), die Rosenthal als Redner im Thüringer Landtag zeigt. Doch keiner weiß mehr, wie das Rosenthal-Bildnis in der Professorengalerie aussah.

    Die Suche belebt die Erinnerung

    Die Suche nach dem verschollenen Bild belebt bereits Ende der 90er Jahre die Erinnerung an Eduard Rosenthal. Die Jenaer Malerin Gerlinde Böhnisch-Metzmacher malt ein neues Porträt, das nun im Universitätshauptgebäude hängt. Doch die Leerstelle bleibt, da 50 Jahre niemand nach dem verschwundenen Bildnis fragt. Der aktuelle Wettbewerb ruft dazu auf, diese Leerstelle zu füllen. Dafür sind fünf Einzel-Künstler und zwei Künstler-Duos gewonnen worden. Sie alle haben Erfahrung mit Gestaltung im öffentlichen Raum und sind bereits mehrfach ausgezeichnet worden für Werke auf dem Feld der Erinnerungskultur. Zugleich verfolgen sie in ihrer Arbeit ganz unterschiedliche künstlerische Strategien. Um im Zwiegespräch über ihre Arbeitsweise und ihr Vorgehen in Sachen Denkmal für Eduard Rosenthal öffentlich Auskunft zu geben, kommen die Künstler nacheinander bald wieder nach Jena.

    Start der öffentlichen Artist Talks:
    Horst Hoheisel & Andreas Knitz am 15. Mai 2018, 19 Uhr, Villa Rosenthal


    Weitere Informationen:

    http://www.eduard-rosenthal.de - weitere Informationen


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Kunst / Design
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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