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07.10.2003 13:52

Warum will Pflegepersonal aus der Pflege aussteigen?

Michael Kroemer Pressestelle
Universität Wuppertal

    Erste Zwischenergebnisse einer groß angelegten europäischen Studie zur Entwicklung der Pflegeberufe (NEXT-Studie = nurses' early exit study) sind heute (Dienstag, 7. Oktober 2003) in Brüssel präsentiert worden.

    Schon heute besteht in fast allen europäischen Ländern ein enormer Mangel an Pflegepersonal. Wegen der alternden Gesellschaft wird sich das in den nächsten 10 Jahren weiter verschärfen. Erste Zwischenergebnisse einer groß angelegten europäischen Studie zur Entwicklung der Pflegeberufe (NEXT-Studie = nurses' early exit study) sind heute (Dienstag, 7. Oktober 2003) in Brüssel präsentiert worden. Die Studie ist die weltweit größte internationale Längsschnittuntersuchung einer Berufsgruppe.

    Erste Ergebnisse zeigen, dass in Deutschland fast jeder Fünfte ernsthaft daran denkt, den Pflegeberuf zu verlassen. Dabei handelt es sich insbesondere um Jüngere und Besserqualifizierte. Damit ist die Stimmung unter den Angehörigen der Pflegeberufe in Deutschland nach Großbritannien und gleichauf mit Italien unerwartet schlecht. In den Nachbarländern Niederlande und Belgien ist sie wesentlich besser. Dominierende Gründe für den Ausstiegswunsch sind in Deutschland häufig die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie und Unzufriedenheit mit dem Klima am Arbeitsplatz. Gleichzeitig wollen immer weniger junge Leute in der Pflege tätig werden. An einigen Krankenpflegeschulen können aus Mangel an qualifizierten Bewerber/innen nicht mehr alle Ausbildungsstellen besetzt werden. Hierzulande verlässt Pflegepersonal häufig vorzeitig den Pflegeberuf. NEXT untersucht Gründe, Umstände und Konsequenzen dieses vorzeitigen Berufsausstiegs. Von besonderem Interesse ist die Frage, welche Konsequenzen dieser Schritt für die betroffenen Personen sowie auch für die Pflegeeinrichtungen hat.

    Fast 40 000 Krankenschwestern und -pfleger aus 585 Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten in 10 europäischen Ländern haben an der Befragung für die NEXT-Studie teilgenommen (Belgien, Deutschland, Finnland, Frank-reich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Polen, Slowakei). Mit dieser Resonanz wurden die Erwartungen bei weitem übertroffen. Allein in Deutschland haben 3565 Pflegende aus 75 Einrichtungen auf die Befragung geantwortet.

    Auffällig ist der große Unterschied zwischen einzelnen Pflegeeinrichtungen. Der Anteil derer, die aus der Pflege aussteigen wollen, schwankt je nach Einrichtung zwischen fünf und 50 Prozent. Offensichtlich gibt es attraktive und unattraktive Einrichtungen. Der Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen ist deutlich: Wo sie als schlecht empfunden werden, möchten mehr aus dem Beruf aussteigen.

    Im europäischen Vergleich steht Deutschland bei den Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals eher ungünstig da. Dies zeigt sich insbesondere bei den Arbeitszeiten: 40 Prozent sind damit unzufrieden, so viel wie in keinem anderen Land. So müssen hierzulande mehr als ein Drittel aller Pflegenden mindestens sechsmal im Monat vor 5 Uhr früh aufstehen, um zur Arbeit zu gelangen. Solche Arbeitszeiten sind in Westeuropa eine Rarität, insbesondere in Holland, wo weniger als ein Prozent der Schwestern und Pfleger so früh aufstehen müssen.

    Bereits in wenigen Wochen wird die zweite Befragungswelle in Europa anlaufen, die untersucht, wie sich Veränderungen bei der Arbeit auf Pflegepersonal auswirken. Die Studie wird bis Mitte 2005 laufen. Sie soll Grundlagen liefern, um gezielt Maßnahmen zur Verringerung des frühzeitigen Ausstiegs treffen zu können. Dass dies möglich ist, sieht man am Beispiel Finnland: Dort sind noch etwa ein Drittel aller Pflegenden über 50 Jahre alt (in Deutschland nur 12 Prozent). Die NEXT-Studie kann zeigen, dass sie - trotz messbarer körperlicher Einbußen - eine hohe Arbeitszufriedenheit haben und im Beruf verbleiben möchten. Vielleicht bietet NEXT die Möglichkeit - ähnlich wie Pisa - aus internationalen Vergleichen zu lernen, wobei die bisherigen Ergebnisse nahe legen, vor allem von Holland, Norwegen und Finnland.

    Die NEXT-Studie wird mit 2 Millionen Euro von der EU finanziert. Die Koordination der europäischen Zusammenarbeit liegt bei PD Dr. med. Hans-Martin Hasselhorn und Prof. Dr. Bernd Hans Müller vom Fachgebiet Arbeitssicherheit und Ergonomie der Universität Wuppertal. Die deutsche Befragung wird von Dipl. Pflegewirt Andreas Büscher vom Institut für Pflegewissenschaft der Privaten Universität Witten/Herdecke gGmbH geleitet.

    Kontakt:
    Bergische Universität Wuppertal
    Telefon +49 (0)202 439-2123
    Fax +49 (0)202 439-3828
    next@uni-wuppertal.de


    Weitere Informationen:

    http://www.next-study.net


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Psychologie, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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