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15.10.1998 00:00

Erstmals Welttag des Stotterns

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Zum ersten Mal findet am 20. Oktober 1998 der Welttag des Stotterns (International Stuttering Awareness Day) statt. Dieser Tag wurde von den weltweiten Verbänden der Betroffenen und Fachleuten gemeinsam ausgerufen, um auf die Bedürfnisse stotternder Menschen aufmerksam zu machen.

    Bochum, 15.10.1998
    Nr. 217

    Erstmals Welttag des Stotterns
    Stotterer: Menschen im Abseits
    Deutsche Forschergruppen plädieren für frühe Behandlung

    Zum ersten Mal findet am 20. Oktober 1998 der Welttag des Stotterns (International Stuttering Awareness Day) statt. Dieser Tag wurde von den weltweiten Verbänden der Betroffenen und Fachleuten gemeinsam ausgerufen, um auf die Bedürfnisse stotternder Menschen aufmerksam zu machen. Trotz zahlreicher negativer Konsequenzen für die Betroffenen findet diese Störung kaum Beachtung in der Gesellschaft. Auch die drei Forschungsgruppen aus Deutschland, darunter die an der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Hans-Georg Bosshardt, Fakultät für Psychologie), die sich speziell mit dieser Störung beschäftigen, weisen aus diesem Grunde auf dieses Ereignis hin.

    800.00 allein in Deutschland betroffen

    Stotternde Menschen sind in ihrer sprachlichen Kommunikation ohne eigenes Verschulden meist schwer beeinträchtigt. In Deutschland stottern etwa 800.000 Menschen. Die Tatsache, daß jemand stottert, erlaubt keine Rückschlüsse auf den Charakter, die Persönlichkeit, die Intelligenz oder die familiäre Situation des Betroffenen. Das Stottern wirkt sich häufig negativ auf die Berufschancen, soziale Kontakte und die persönliche Entwicklung aus.

    Therapie für den Alltag

    Wenn die Störung bereits in früher Kindheit kompetent behandelt wird, so ist die Behandlung wesentlich wirksamer und weniger aufwendig als Behandlungen, die erst später durchgeführt werden. Sprachtherapeutische Behandlungen im Erwachsenenalter umfassen in vielen Fällen 100, in einigen Fällen auch mehr Stunden. Gute Therapien enthalten Übungsteile, in denen die in der Therapie vermittelten Fertigkeiten im Alltag oder in alltagsnahen Situationen geübt werden, und befähigen die Betroffenen auch, mit eventuellen Rückschlägen nach Abschluß der Therapie umzugehen.

    In Deutschland gibt es bislang nur drei Forschergruppen

    Seit etlichen Jahrzehnten beschäftigen sich weltweit Forscher mit dem Stottern. Trotzdem stehen befriedigende Antworten auf viele Fragen nach den Ursachen der Störung und den effektivsten Behandlungsmöglichkeiten noch aus. Während die ersten wissenschaftlichen Arbeiten zum Stottern Anfang dieses Jahrhunderts aus Deutschland stammen, betreiben hier zur Zeit nur drei Gruppen in Bochum, Düsseldorf und Ulm empirische Forschung zum Stottern. Im Verhältnis zur Verbreitung des Stotterns sind diese Forschungsbemühungen als gering anzusehen. Dies trifft insbesondere für die Stottertherapie zu, bei der hierzulande weitgehend Forschungsabstinenz herrscht. Es gibt zahlreiche Therapieansätze, die als erfolgreich angesehen werden, aber kaum eine Therapie ist in ihrer Wirkung wissenschaftlich untersucht worden.

    Defizite in der Forschung und klinischer Anbindung

    In Deutschland konzentriert sich die Stotterforschung im Wesentlichen auf die Untersuchung von Einflüssen der Sprachentwicklung und der intrafa-miliären Interaktion (Ulm), der Sprechmotorik (Düsseldorf) und der Sprechplanung und des Gedächtnisses (Bochum). Damit werden wesentliche Komponenten der Verursachung und Aufrechterhaltung des Stotterns in Deutschland grundlagenwissenschaftlich untersucht. Aber im Vergleich mit den USA und den Niederlanden sind die damit befaßten Forschungsgruppen sehr klein und die Anzahl der aus Deutschland stammenden internationalen Forschungsarbeiten ist verschwindend gering. Im Unterschied zu den genannten Ländern fehlen darüber hinaus eine Anbindung dieser Forschungen an die therapeutische Praxis und therapiebezogene Forschungen.

    Selbsthilfegruppen organisieren sich interdisziplinär

    Sowohl die Benachteiligung stotternder Menschen in unserer Gesellschaft als auch die mangelhafte Forschungssituation bezüglich des Stotterns sollten hierzulande größere Beachtung finden. Erstmals hat sich eine Organisation der Betroffenen, die Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe in Köln, dieses Problems angenommen. Es wurde eine interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppe aus klinisch arbeitenden Psychologen, Ärzten, Logopäden, Pädagogen und Forschern gebildet, die Meßinstrumente zur Bewertung von Stottertherapien entwickelt und Therapien bewerten wird. Die Arbeit dieser Gruppe soll eine nachhaltige Verbesserung der therapeutischen Versorgung und eine Verbesserung des therapeutischen Standards bewirken.

    Seit 1. Oktober On-line-Konferenz im Internet

    Anläßlich des Welttags des Stotterns läuft seit dem 1. Oktober eine On-line-Konferenz im Internet, bei der Betroffene und Fachleute mit 50 Beiträgen aus 14 Ländern vertreten sind. Dort besteht die Möglichkeit, mit den Autoren zu diskutieren (http://www.mankato.msus.edu/dept/comdis/isad/isadcon.html).

    Weitere Informationen und Ansprechpartner

    Weitere wertvolle Hinweise zum Thema Stottern finden Sie auf den Internetseiten der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe unter http://www.hsp.de/bvss/.

    Prof. Dr. H.-G. Bosshardt, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie, Postfach 102148 D-44780 Bochum, Tel.: 0234-7007338, e-mail: hgb@kli.psy.ruhr-uni-bochum.de, Forschungsprojekte zu den kognitiven Determinanten des Stotterns

    Prof. Dr. H.S. Johannsen, Universitätsklinikum , Sektion für Phoniatrie und Pädaudiologie, Schillerstr. 15, 89070 Ulm, Tel: 0731-5021701, e-mail: helge.johannsen@medizin.uni-ulm.de, Forschungsprojekt zur Entstehung und Aufrechterhaltung des Stotterns, im frühen Kindesalter

    Prof. Dr. K.Th. Kalveram, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Insitut für Allgemeine Psychologie, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf,Tel.: 0211-8112271, e-mail: kalveram@uni-duesseldorf.de, Forschungsprojekt zur Sensomotorik des Sprechens und Stotterns


    Weitere Informationen:

    http://www.hsp.de/bvss/
    http://www.mankato.msus.edu/dept/comdis/isad/isadcon.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Pädagogik / Bildung, Psychologie, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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