idw - Informationsdienst
Wissenschaft
In wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern und mit zunehmender Gleichstellung der Geschlechter unterscheiden sich Frauen und Männer stärker hinsichtlich ihrer ökonomischen Präferenzen. Das ergab eine Auswertung des Global Preferences Survey, einer repräsentativen weltweiten Erhebung. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift Science erschienen. Autoren sind der Bonner Wirtschaftsprofessor Armin Falk, Leiter des briq-Instituts für Verhalten und Ungleichheit, und Johannes Hermle von der University of California in Berkeley.
Zu den untersuchten Präferenzen zählen Geduld, Vertrauen, Risikobereitschaft, Altruismus sowie positive und negative Reziprozität, also die Bereitschaft, faires Verhalten zu belohnen bzw. unfaires Verhalten zu bestrafen. Diese Eigenschaften sind für individuelle wirtschaftliche Entscheidungen relevant und tragen zur Erklärung der Geschlechterunterschiede etwa bei Bildungsentscheidungen, Berufswahl oder finanziellen Investitionen bei. Beispielsweise sind Frauen länderübergreifend im Durchschnitt prosozialer eingestellt, jedoch weniger geduldig und risikobereit als Männer.
Kaum untersucht war bislang, inwieweit diese geschlechtsspezifischen Unterschiede mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammenhängen. Aus theoretischer Sicht wäre einerseits denkbar, dass eine zunehmende Aufweichung traditioneller Geschlechterrollen in fortschrittlichen Gesellschaften auch zu einer Angleichung der Präferenzen führt. Andererseits könnten die wachsende Verfügbarkeit und der gleichberechtigte Zugang zu materiellen und sozialen Ressourcen zusätzlichen Spielraum für eine stärkere Herausbildung geschlechtsspezifischer Präferenzen eröffnen.
Um diese konkurrierenden Hypothesen empirisch zu überprüfen, werteten die Autoren umfangreiche Daten des Global Preferences Survey aus. Dieser von Armin Falk initiierte Datensatz basiert auf der Befragung von rund 80.000 Personen in 76 repräsentativen Länderstichproben. Die untersuchten Länder decken sämtliche Kontinente, verschiedene Kulturen und Entwicklungsstufen sowie insgesamt rund 90 Prozent der Weltbevölkerung und der globalen Wirtschaftsleistung ab. Die Messgrößen für die einzelnen Präferenzen waren zuvor in Laborexperimenten validiert worden.
Die Datenanalyse ergab, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei allen untersuchten Präferenzen – einzeln und zusammen betrachtet – einen starken positiven Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung aufweisen. Zugleich wurde gezeigt, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in den Ländern höher sind, die ein höheres Maß an Gleichstellung aufweisen. Mögliche alternative Erklärungen für das Resultat, etwa kulturelle Unterschiede beim Antwortverhalten der Befragten, wurden bei der Analyse berücksichtigt.
„Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass Frauen und Männer ihre Präferenzen stärker unabhängig voneinander entwickeln können, wenn materielle oder soziale Zwänge an Bedeutung verlieren“, sagt Falk. Die Autoren betonen allerdings, dass ihre Befunde einen möglichen Einfluss gesellschaftlicher Geschlechterrollen auf die Entwicklung ökonomischer Präferenzen ebenso wenig ausschließen wie biologische oder evolutionäre Erklärungsansätze.
Pressekontakt:
Mark Fallak
mark.fallak@briq-institute.org
Tel. (0228) 3894-223
Maja Entner
maja.entner@briq-institute.org
Tel. (0228) 3894-714
Prof. Dr. Armin Falk, armin.falk@briq-institute.org
Johannes Hermle, j.hermle@berkeley.edu
Armin Falk, Johannes Hermle: Relationship of gender differences in preferences to economic development and gender equality. Science 362, eaas9899 (2018). DOI: 10.1126/science.aas9899
http://dx.doi.org/10.1126/science.aas9899
https://gps.briq-institute.org Interaktive Website des Global Preferences Survey
Geschlechterunterschiede bei Präferenzen (Weltkarte)
Grafik: A. Falk / J. Hermle
None
Geschlechterunterschiede bei Präferenzen (Index)
Grafik: A. Falk / J. Hermle
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Politik, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).