idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.12.2018 15:21

Rheinfelden wird ultraeffizient

Jörg Walz Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

    Ein Gewerbegebiet ohne Abfall, Abwasser und Abluft: Genau das soll im südbadischen Rheinfelden Wirklichkeit werden. Unter der Leitung des Fraunhofer- Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA erarbeiten Wissenschaftler ein Konzept für das weltweit erste stadtnahe, ultraeffiziente Gewerbegebiet.

    Es ist ein ungewöhnlicher Anblick: Wer das Werkgelände der Evonik Industries AG in Rheinfelden (Baden) verlässt, sieht gegenüber, auf der anderen Straßenseite, Mehrfamilienhäuser stehen. Linkerhand überragt ein neobarocker Kirchturm die Kantine. Industrie- und Gewerbegebiete liegen in der südbadischen Stadt in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen. Einerseits ist das historisch bedingt: Als 1898 das Laufwasserkraftwerk in Betrieb ging, siedelte sich rasch Industrie an und es entstanden Arbeitersiedlungen. Andererseits liegt es an der geographischen Lage der Stadt: Im Norden begrenzen Ausläufer des Schwarzwaldes das Stadtwachstum und nur einige hundert Meter weiter im Süden der Hochrhein, der die Grenze zur Schweiz bildet.

    »Die seitens der hier ansässigen Unternehmen und der Stadt getroffenen Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Ressourcen sowie zur Vermeidung von Emissionen sind beeindruckend«, sagt Ivan Bogdanov vom Fraunhofer IPA, »sie sind ein sehr wichtiges Kriterium für ein stadtnahes, ultraeffizientes Industriegebiet. Wichtig sind auch die kurzen Wege zwischen Wohn- und Industriegebieten.« So gibt es bereits ein firmenübergreifendes Leitungsnetz, über das Salzsäure, Wasserstoff und Dampf ausgetauscht werden. Abwärme wird ins Netz eingespeist und dient dazu, Schulen und Wohnungen im Stadtgebiet zu beheizen.

    Elf Bewerbungen, drei Finalisten, ein Sieger
    Bogdanov leitet das Arbeitspaket »Stadtnahe, ultraeffiziente Industriegebiete« im Rahmen des Projekts »Ultraeffizienzfabrik – Symbiotisch-verlustfreie Produktion im urbanen Umfeld«, das das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg in der aktuellen Förderphase mit rund 1,3 Millionen Euro finanziert. Um einen geeigneten Standort für das weltweit erste stadtnahe, ultraeffiziente Industriegebiet zu finden, haben sich Bogdanov und fünf weitere Wissenschaftler von den drei Stuttgarter Fraunhofer-Instituten IPA, IAO und IGB im Frühjahr auf die Suche nach Städten, Gemeinden und Unternehmen in Baden-Württemberg gemacht, die Effizienz- und Effektivitätsmaßnahmen auf allen fünf Handlungsfeldern der Ultraeffizienzfabrik (s. Kasten) in Industriegebieten planen oder bereits umsetzen.

    Dazu riefen die Forscher einen Wettbewerb aus. Bewerbungen aus elf baden-württembergischen Kommunen gingen bis Ende Juni ein, drei schafften es in die engere Wahl: der Gewerbepark Breisgau südlich von Bad Krozingen, der Industriepark Nagold Gäu und die Stadt Rheinfelden (Baden). Um die bestmögliche Wahl zu treffen, machten sich die Wissenschaftler im Sommer vor Ort ein Bild und loteten in Gesprächsrunden mit Gemeinde- und Unternehmensvertretern aus, was dort auf den fünf Handlungsfeldern der UItraeffizienzfabrik geplant und bereits umgesetzt ist.

    Bis März soll das Konzept stehen
    Das verdichtete Stadtbild, die Stoff- und Energiekreisläufe und die Bemühungen, Emissionen zu vermeiden sowie das Leben und Arbeiten in Rheinfelden attraktiv zu gestalten – all das bewog das Umweltministerium und die Forscher letztlich dazu, der Stadt Rheinfelden (Baden) den Zuschlag zu geben. »Als eine der führenden Wirtschaftsregionen der Welt wollen wir zeigen, wie modernste Produktionsstätten mit geschlossenen Stoff- und Energiekreisläufen die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient nutzen können«, sagt Umweltminister Franz Untersteller. »Rheinfelden soll Vorbild dafür sein, dass man wirtschaftlichen Erfolg haben und zugleich die Lebensqualität der Menschen steigern sowie unsere Umwelt entlasten kann. Industrie und urbanes Leben sind so kein Widerspruch.«

    Rheinfeldens Oberbürgermeister Klaus Eberhardt freut sich über die Auszeichnung. Die Stadtverwaltung sehe sich dadurch bestärkt in dem Bestreben, »in ständiger Kooperation mit den Unternehmen weiter an städtebaulichen Entwicklungs- und nachhaltigen Energiekonzepten zu arbeiten.«

    Bis 31. März 2019 legen die Wissenschaftler um Bogdanov ein ganzheitliches Ultraeffizienzkonzept für die Industrieansiedlungen am östlichen Stadtrand und das Gewerbegebiet im Stadtteil Herten vor. Dabei arbeiten sie eng mit den ansässigen Unternehmen, der Stadtverwaltung sowie den zuständigen Fabrik- und Stadtplanern zusammen. Enthalten sind darin neben konkreten Handlungsempfehlungen auch eine detaillierte, ganzheitliche Analyse von Symbiose-Effekten zum urbanen Umfeld sowie ein Geschäftsmodell für eine Standortbetreibergesellschaft nach der Vision der Ultraeffizienzfabrik.


    Die fünf Handlungsfelder der Ultraeffizienzfabrik

    1. Material: ressourcenschonend wirtschaften, Stoffkreisläufe aufbauen und so
    viele Reststoffe wie möglich weiterverwerten
    2. Energie: regenerative Energiequellen erschließen, Abwärme speichern oder
    andernorts verwenden
    3. Emissionen: Abfall, Abwasser, Abluft und Lärm möglichst komplett vermeiden
    4. Mensch/Personal: Arbeitswege kurz halten, flexible, kooperative Arbeitszeitmodelle
    etablieren, soziale Einrichtungen in Gewerbegebiete integrieren
    5. Organisation: Dienstleistungen und Einrichtungen überbetrieblich gemeinsam
    nutzen, innovative Geschäftsmodelle an der Schnittstelle zum urbanen Umfeld


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Ivan Bogdanov
    Telefon +49 711 970-1338
    Ivan.Bogdanov@ipa.fraunhofer.de


    Bilder

    In Rheinfelden (Baden) liegen Industrie- und Gewerbegebiete oft in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlungen.
    In Rheinfelden (Baden) liegen Industrie- und Gewerbegebiete oft in unmittelbarer Nähe zu Wohnsiedlun ...
    Quelle: Evonik Technology & Infrastructure GmbH/Foto: Erich Meyer Luftaufnahmen
    None


    Anhang
    attachment icon Mediendienst Dezember

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Chemie, Energie, Informationstechnik, Maschinenbau, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).