idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
07.02.2019 12:30

Deutscher Herzbericht: Rückgang der Sterberate aber weitere Zunahme von Herzerkrankungen

Prof. Dr. Michael Böhm Pressesprecher
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    • Erkrankungen des Herzens (Herzinsuffizienz, Herzklappenerkrankungen und Herzrhythmusstörungen) nehmen zu

    • Verbesserte Behandlungsmöglichkeiten führen zu einem Rückgang der Sterberate

    • Die nahezu unveränderte Sterberate nach Herzinfarkt zeigt Bedarf an neuen
    Therapieansätzen

    • Neue Bundesländer führen weiterhin Negativ-Statistik an

    Berlin/ Düsseldorf 07. Februar 2019 – Es gibt gute und schlechte Nachrichten aus der Herzmedizin. Die gute Nachricht: In Deutschland sterben immer weniger Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 2016 starben 2,1 % weniger Patienten an kardiovaskulären Erkrankungen als noch im Jahr 2014.
    Die schlechte Nachricht ist jedoch: Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleiben trotz aller Fortschritte auch weiterhin mit Abstand die Todesursache Nummer 1 in Deutschland mit 37,2% der Todesfälle vor den bösartigen Neubildungen mit 25.3%. Darüber hinaus lässt sich eine weitere beunruhigende Entwicklung beobachten: Deutlich mehr Menschen mussten wegen Erkrankungen des Herzens in Krankenhäusern behandelt werden als noch vor wenigen Jahren. 2017 gab es aufgrund von Herzerkrankungen mehr als 1,71 Millionen Krankenhauseinweisungen: über 37.800 mehr als noch 2015 und damit ein Anstieg um 1,5 %.

    Herzerkrankungen haben zugenommen und eine Trendwende ist in der älter werdenden deutschen Bevölkerung nicht zu erwarten

    Eine starke Zunahme ist vor allem bei den Herzklappenerkrankungen (+ 5,8 %), den Herzrhythmusstörungen (+ 3,0 %) und der Herzinsuffizienz (+ 3,7 %) erkennbar. „Dies sind auch die Erkrankungen, die mit zunehmendem Alter häufiger werden“, kommentiert Prof. Dr. Hugo A. Katus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK). „Die steigende Lebenserwartung, die zu einem ganz überwiegenden Teil auf die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei Herzpatienten zurückzuführen ist, führt also auch dazu, dass immer mehr Patienten mit chronischen Herzerkrankung behandelt werden müssen.“
    Dies spiegelt sich gerade in der höheren Zahl von Herzinsuffizienz-Patienten wider, da die Herzschwäche häufig die Folge und das Endstadium vieler anderer Herzerkrankungen ist. Die Herzinsuffizienz geht zudem häufig mit Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder komplexen ventrikulären Rhythmusstörungen einher. Dies ist also ebenso ein Grund für den Anstieg der Krankenhausbehandlungen wegen Rhythmusstörungen. In der gestiegenen Lebenserwartung sieht Katus auch einen Grund für das vermehrte Auftreten von behandlungspflichtigen Herzklappenerkrankungen: „Die Herzklappen werden ein Leben lang belastet, was zu Verkalkungen und Ablagerungen führt. Je länger ein Mensch lebt, desto stärker können sich diese Verkalkungen ausprägen und die Funktion der Klappen so sehr beeinträchtigen, dass nur noch mit einem Herzklappenersatz (chirurgisch oder im Herzkatheterlabor) behandelt werden kann“, erklärt er.

    Fortschritte durch bessere Behandlungsmöglichkeiten

    Obwohl die Häufigkeit der Herzinsuffizienz anstieg, gelang es, die Sterberate von Herzinsuffizienz-Patienten um nahezu 11 % zu senken. „Das ist natürlich ein großartiger Erfolg, der nicht ohne Grund erreicht wurde“, erklärt Katus. „Zum einen haben wir deutliche Fortschritte bei den Behandlungsmöglichkeiten sowohl im medikamentösen als auch im interventionellen und technologischen Bereich erreicht. Zum anderen konnten wir in der Ärzteschaft das Bewusstsein dafür verbessern, das für die Herzinsuffizienz und die damit einhergehenden Rhythmusstörungen bessere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.“ So wurden mehr Patienten bei niedergelassenen Kardiologen und in den Kliniken vorstellig. Die Etablierung spezialisierter und durch die DGK initiierter und zertifizierter Versorgungseinheiten, den sogenannten „Heart Failure Units“, hat ganz wesentlich dazu beigetragen. Dennoch stellt die Herzschwäche weiterhin die häufigste Ursache für eine stationäre Behandlung in Deutschland dar. Dies wird voraussichtlich künftig weiter zunehmen. Der Qualitätsoffensive durch die Zertifizierungen der DGK kommt somit auf dem Weg zu einer verbesserten Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz eine enorme Wichtigkeit zu.

    Ähnlich positive Behandlungserfolge können durch die nicht-invasive

    Herzklappenimplantation (TAVI) beim älteren Menschen mit erhöhtem Risiko berichtet werden. Auch für die TAVIs hat die DGK gemeinsam mit der herzchirurgischen Fachgesellschaft DGTHG in Deutschland durch die Zertifizierung von spezialisierten TAVI-Zentren die Einhaltung von hohen qualitativen Standards initiiert und verbessert.

    Weniger Herzinfarkte

    Die DGK zeigt sich sehr erfreut, dass das Auftreten der ischämischen Herzerkrankungen, also Ereignisse, die auf Durchblutungsstörungen am Herzen zurückzuführen sind, abgenommen haben (-2,2 %). „Dies zeigt uns, dass unsere Präventionsstrategien zu greifen beginnen, und das finde ich sehr beeindruckend“, so der DGK-Präsident. „Dies ist das beste Beispiel für den hohen Stellenwert der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Krankheiten.“
    Nach den großen Erfolgen in den Jahren zuvor ist die Sterberate nach einem Herzinfarkt jedoch seit einiger Zeit nahezu unverändert geblieben. Sie sank 2017 um nur 0,6 %. „Wir scheinen hier ein Plateau erreicht zu haben. Dies zeigen uns auch Daten aus Schweden. Dort konnte die Sterblichkeit aufgrund eines Herzinfarktes zuletzt auch kaum noch gesenkt werden. Wir müssen daher neue alternative Therapieansätze entwickeln, um die Sterberate im Herzinfarkt noch weiter senken zu können“, fordert er.

    Weiterhin Unterschiede in den Bundesländern

    Im Herzbericht zeigen sich weiterhin regionale Unterschiede in Erkrankungshäufigkeit und Sterbeziffern – meist zuungunsten der neuen Bundesländer. Diese Abweichungen müssen allerdings vor dem Hintergrund der Altersstruktur in den betroffenen Regionen betrachtet werden, um richtig interpretiert werden zu können. In Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, aber auch im Saarland, leben anteilig mehr über 65jährige Menschen als durchschnittlich in Deutschland. Daher ist zu erwarten, dass sowohl die Krankheitshäufigkeit als auch die Sterbeziffer in diesen Teilen der Republik weiter steigen wird.

    Dringender denn je: Konzertierte Initiative gegen den Herztod

    Der in jeder Hinsicht inakzeptable Verlust an Menschenleben durch Herz-Kreislauferkrankungen und die besorgniserregende Zunahme von behandlungsbedürftigen Menschen mit Herzerkrankung erfordert eine nachhaltige Stärkung der Herzkreislaufforschung. Analog zu der nationalen und EU-getragenen Initiative „Dekade gegen Krebs“ mit einer geplanten Verdopplung der Forschungsförderung müssen endlich auch gezielte Anstrengungen gegen die seit Jahrzehnten häufigste Todesursache in Deutschland, nämlich die Herzkreislauferkrankungen, auf den Weg gebracht werden.

    Medienkontakt:
    Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
    Pressesprecher: Prof. Dr. Michael Böhm
    Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211 600 692 43, Melissa Wilke, Tel.: 0211 600 692 13
    presse@dgk.org

    Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org


    Weitere Informationen:

    http://www.dgk.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).