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Wissenschaft
Einem internationalen Wissenschaftlerteam unter Leitung von Prof. Dr. Sonja Schrepfer ist es erstmals gelungen, bestimmte Stammzellen so zu verändern, dass sie nach einer Transplantation nicht mehr vom Immunsystem des Empfängers als fremd erkannt und abgestoßen werden. Wie die Forschungsgruppe des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in der internationalen Fachzeitschrift Nature Biotechnology berichtet, wird den sogenannten iPS-Zellen eine „Immun-Tarnkappe“ verpasst, die sie fürs Immunsystem unangreifbar machen. „Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entwicklung einer universellen Stammzelltherapie“, sagt die Wissenschaftlerin.
Das neue Verfahren kann große Bedeutung erlangen, wie Prof. Dr. Dr. Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des UKE, unterstreicht. „Spenderorgane gehen weltweit zurück und die Wartelisten für eine Organtransplantation werden stetig länger. Wir haben für unsere Patientinnen und Patienten mit Organversagen großen Bedarf an anderen Therapiestrategien. Eine mögliche vielversprechende Strategie ist die Zelltherapie, bei der Organe oder Gewebe durch neue, aus Stammzellen entstandene Zellen ersetzt werden.“
Prof. Schrepfer forscht derzeit an der University of California San Francisco; sie leitete zuvor als von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Heisenberg-Professorin das Transplant and Stem Cell Immunobiology Lab (TSI Lab) im UKE und hat in dieser Zeit den Grundstein der jetzt veröffentlichten Forschungen gelegt. Ihr Team hat viele Jahre versucht zu verstehen, welche Mechanismen für die Abstoßung transplantierter Zellen verantwortlich sind und wie Zellen verändert werden können, damit sie nicht mehr abgestoßen werden. Zum Erfolg führte schließlich ein Ansatz, den es in der Natur bereits gibt, und der von den Forschenden im Labor auf die iPS-Zellen übertragen werden konnte.
Modellfall Schwangerschaft: Moleküle machen Mütter tolerant fürs Kind
Während der Schwangerschaft wird ein Fötus, obwohl er zur Hälfte väterliche Anteile enthält, nicht vom Körper der Mutter abgestoßen. Verantwortlich hierfür sind sogenannte tolerogene Moleküle, die während der Schwangerschaft gebildet werden. Bei einem dieser Moleküle handelt es sich um das Molekül CD47. Es hemmt mütterliche Immunzellen, die den Fötus als fremd erkennen und dann abstoßen würden. „CD47 ist ein zentraler Widerstandsmechanismus, den die Zellen benutzen, um der Eliminierung durch Immunzellen zu entkommen“, erklärt Prof. Schrepfer. „Dieses Prinzip übertragen wir nun auf iPS-Zellen: Sie werden vor ihrer Transplantation modifiziert, so dass sie CD47 produzieren. Wir hoffen, dass sie dadurch tolerogen wirken und bestenfalls in jeden Patienten transplantiert werden können.“ Im Modell hat das Verfahren funktioniert, nach ihrer Transplantation haben die iPS-Zellen keine Abstoßungsreaktion mehr induziert.
iPS-Zellen gelten als ethisch korrekte Stammzellen
iPS-Zellen (induzierte pluripotente Stammzellen) sind Stammzellen, die durch künstliche Rückprogrammierung aus ausgereiften Körperzellen entstanden sind. Wie embryonale Stammzellen, die beim Menschen aus einem Embryo gewonnen werden, sind sie pluripotent. Das heißt, sie können sich zu jedem Zell- oder Gewebetyp des Körpers entwickeln. Diese Pluripotenz ist eine wichtige Eigenschaft für therapeutische Anwendungen. Pluripotente Stammzellen können sich zum Beispiel zu intakten Herzmuskelzellen entwickeln und nach einem Infarkt geschädigtes Herzmuskelgewebe regenerieren. „Die Ethik um embryonale Stammzellen wird immer wieder diskutiert“, sagt Prof. Schrepfer. Die Gewinnung von iPS-Zellen, die großer Hoffnungsträger für die regenerative Medizin sind, sei dagegen unbedenklich und mit keinerlei Risiko für den Zellspender verbunden.
Problem: Schnelle Verfügbarkeit
Ein grundsätzliches Problem der iPS-Zelltherapie ist die Verfügbarkeit geeigneter Zellen zum Zeitpunkt der Akuttherapie. Theoretisch könnten die Zellen auch aus dem Gewebe desjenigen Patienten, der sie als Therapie benötigt, gewonnen werden. Das Problem der Abstoßung bestünde dann nicht. Praktikabel ist ein solches Vorgehen nach Ansicht von Prof. Dr. Sonja Schrepfer aber nicht: „Die Gewinnung von iPS-Zellen ist sehr zeit- und kostenintensiv. Qualitätskontrollen sind schwierig und die Generierung der Zellen variiert sehr stark von Patient zu Patient.“ Deshalb sei es sinnvoll iPS-Zellen universell herzustellen und für alle Patientinnen und Patienten zugänglich zu machen. Das größte Problem stellt hierbei jedoch die Abstoßung dieser Zellen dar, da der menschliche Körper sie bislang als fremd erkennt.
Literatur
Deuse T. et al. Hypo-immunogenic derivatives of induced pluripotent stem cells evade immune rejec-tion in fully immunocompetent allogeneic recipients. Nature Biotechnology (2019). DOI: 10.1038/s41587-019-0016-3
Kontakt für Rückfragen
Prof. Dr. Dr. Hermann Reichenspurner
Klinik und Poliklinik für Herz- und Gefäßchirurgie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-52440
reichenspurner@uke.de
Prof. Schrepfer forscht derzeit an der University of California San Francisco (UCSF). Sie ist erreichbar unter:
Sonja.Schrepfer@ucsf.edu
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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